Ich höre Paddy hinter mir rufen, doch ich bleibe nicht stehen. Im Gegenteil, mittlerweile renne ich den Weg nach Hause. Völlig außer Atem komme ich endlich dort an.
Die Wohnungstür fliegt mit Schwung ins Schloss und ich sinke heulend an dieser runter.
Paddy's Reaktion hat mich zutiefst verletzt. Warum habe ich ihm auch meine Geschichte erzählt. Ausgerechnet ihm. Niemand aus meiner Familie, nicht mal meine Freunde wissen diesen Teil und dann kommt Superstar Michael Patrick Kelly um die Ecke und ich rede drauf los ohne nachzudenken. Was habe ich auch erwartet? Verständnis? Mitgefühl?
"Merle bitte, mach endlich die Tür auf!" Paddy's Aufforderung verbunden mit Klopfen und Hämmern gegen meine Tür ignoriere ich seit einer Weile. Ich will ihn nicht sehen. Nie wieder.
Langsam stehe ich vom Fußboden auf und gehe Richtung Badezimmer. Dort steige ich unter die Dusche und lasse das warme Wasser über mich laufen. Genauso wie das Wasser laufen auch meine Tränen weiterhin in Bächen über mein Gesicht.
Nach einer Ewigkeit steige ich aus der Dusche und wieder höre ich Paddy rufen und gegen die Tür klopfen. Zu meinem Leidwesen fängt jetzt auch noch mein Handy an zu klingeln. Ein Blick auf das Display verrät mir, dass Katja mich anruft. Wie auch schon Paddy, ignoriere ich Katja. Ich will heute niemanden mehr sehen und hören.
Völlig erschöpft schleppe ich mich in mein Bett, doch schlafen kann ich nicht. Ich wälze mich in meinem Bett hin und her und finde einfach keine Ruhe. Auch hier höre ich Paddy immer wieder meinen Namen rufen.
Scheinbar bin ich irgendwann doch eingeschlafen, denn durch die Sonnenstrahlen werde ich wach. Sofort kommen mir die Erinnerungen von gestern Abend wieder in den Sinn. Heute schmerzt es fast noch mehr als gestern. Noch nie hat mich ein Mensch so sehr verletzt wie Paddy gestern. Obwohl mein Exfreund auch nicht ohne war, war das gestern Abend noch 1000 Mal schlimmer als alles andere zuvor.
Mit einem Kaffee in der Hand sitze ich auf meinem Balkon und genieße diesen ruhigen Sonntagmorgen. Doch die Ruhe hält leider nicht lange an, denn schon wieder oder immer noch wartet Paddy vor meiner Tür und ruft immer wieder nach mir oder dass ich die Tür öffnen soll. So langsam geht mir das auf die Nerven.
"Verschwinde endlich und lass mich in Ruhe!" "Merle bitte, es tut mir so leid. Ich habe mich wie das größte Arschloch verhalten und ich" weiter kam Paddy nicht, denn ich habe ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen mit den Worten, dass er endlich gehen soll.
Katja hat mich noch unzählige Male angerufen und noch viel mehr Nachrichten geschrieben, doch auch das habe ich alles ignoriert.
Als ich am nächsten Morgen nach einer weiteren schlaflosen Nacht meine Wohnung verlassen will, wäre ich fast über einen riesigen Blumenstrauß gestolpert. Auch ohne die Karte zu lesen, wusste ich, dass der nur von einer Person sein kann. Kurz habe ich überlegt, den Blumenstrauß einfach zu entsorgen aber dafür ist er eigentlich zu schade. Also stelle ich ihn in eine Vase auf dem Wohnzimmertisch.
Wie erwartet, wartet Katja auf mich vor dem Bürogebäude und kaum, dass ich in ihrer Hörweite bin, redet sie drauf los und fragt mich, was Samstagabend zwischen Paddy und mir vorgefallen sei. So erfahre ich auch, dass Paddy die ganze Nacht vor meiner Tür saß und Katja um Hilfe gebeten hat. Katja ist so in ihren Monolog vertieft, dass ich überhaupt nicht die Chance bekomme, auch nur einen Ton zu sagen, was mir allerdings ganz recht sein soll. Gerade als sie geendet hat, sind wir auch schon in ihrem Büro angekommen. Jetzt habe ich hoffentlich bis zur Mittagspause erstmal Ruhe.
Die Zeit bis zur Mittagspause ist wie im Flug vergangen. Katja schrieb mir nur eine kurze Mail, in der sie fragte, ob wir in der Pause raus gehen wollen, was ich bejahte.
Schneller als mir lieb war, saß ich mit Katja in der kleinen Bäckerei gegenüber vom Bürogebäude. "Und was ist nun passiert am Samstag? Paddy klang echt verzweifelt" begann Katja das Verhör, kaum dass wir am Tisch saßen. "Eigentlich ist nicht so viel passiert. Ich habe erkannt, dass er einfach nur ein egoistisches Arschloch ist und das habe ich ihm gesagt. Hat er wohl nicht so vertragen." Ich hoff, damit genug geantwortet zu haben, doch da habe ich mich getäuscht. "Ist klar, erst fliegen bei euch die verliebten Blicke hin und her, dann verschwindet ihr aus der Bar und du willst mich mit dieser schlechten Ausrede abspeisen. Nichts da, was ist passiert?" "Apropos verliebte Blicke, was läuft zwischen dir und Christian?" versuche ich das Thema zu wechseln. " Keine Chance Merle. Erst will ich wissen, was bei euch passiert ist." "Also gut, nachdem wir die Bar verlassen haben, sind wie spazieren gegangen. Nach ein paar Minuten hat Paddy mich gefragt, warum ich mich dagegen wehre, uns besser kennenzulernen. Dann hat er mich gefragt, was das Tattoo für eine Bedeutung hat. Und warum auch immer habe ich ihm das erzählt, die ganze Geschichte dahinter. Er weiß jetzt auch, dass ich ein Fan von den Kelly's bin als auch von ihm. Bis dahin war auch noch alles gut aber dann war wohl sein Ego gekränkt als er gehört hat, dass ich einen Song von Angelo gehört habe, als ich mich umbringen wollte. Er fing einfach an zu lachen und meinte, dass es crazy ist, ausgerechnet einen Song von Angelo, wo er doch mein Idol sei..." Erst nachdem ich meine Erzählung beendet habe, habe ich gemerkt, dass mir wieder Tränen mein Gesicht runterlaufen. Hastig versuche ich diese wegzuwischen, bevor Katja diese sieht. "Und wie ging es weiter? Paddy hat mitten in der Nacht Christian angerufen und wollte mich sprechen. Er hat mich nach einem Wohnungsschlüssel von dir gefragt und mich angefleht, dass ich dich anrufen soll". "Ich war so verletzt von seiner Reaktion, dass ich ihm an den Kopf geworfen habe, dass er halt ein Arschloch ist und dann bin ich gegangen. Er ist mir wohl gefolgt aber ich habe auf sein Rufen und klopfen nicht reagiert. Und gestern morgen habe ich ihm gesagt, dass er endlich verschwinden soll und mich in Ruhe lassen soll". "Er hat echt beschissen reagiert in der Situation aber sich doch dafür entschuldigt und er möchte nochmal mit dir reden. Warum blockst du das ab? War bestimmt auch nicht so einfach für ihn zu hören, was du durchmachen musstest und dass seine Musik dir geholfen hat und dass du ein Fan bist." Ist das Katja's Ernst? Nimmt sie ihn in Schutz? "Dein Ernst? Ich dachte, wir sind Freundinnen. Ich erzähle dir, dass er mir wehgetan hat und du nimmst ihn in Schutz? Danke echt!"
Wütend habe ich die Bäckerei verlassen, ohne mein Brötchen auch nur einmal anzufassen. Der Hunger ist mir eh vergangen.
Zurück in meinem Büro sehe ich Unterlagen auf meinem Schreibtisch liegen, die dort vor der Pause noch nicht lagen. Das heißt also, dir Angelegenheit ist eilig. Ich beginne, mir die Unterlagen anzusehen. Zuerst die Notizen von meinem Chef. 'Randalismus, Beamtenbeleidigung, Körperverletzung. Blutalkohol 1,8 Promille. Gewahrsam. Verhör heute nachmittag' lauten die Notizen. Als ich die nächste Seite lese, traue ich meinen Augen nicht. Beschuldigte Person Michael Patrick Kelly. Tatzeit Sonntag abend gegen 19 Uhr. Das glaube ich nicht. Was hat Paddy getan?
"Herr Wagner, ich habe gerade die Unterlagen auf meinem Schreibtisch gesehen. Ihre Notizen und die Vorladung gehören zusammen? Und wir reden hier von unserem Mandanten Michael Patrick Kelly?" Immernoch fassungslos stehe ich mit den Unterlagen im Büro meines Chef's. "Ja Frau Sommer, so ist es. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Das Verhör soll heute Nachmittag stattfinden. Bitte der Polizei gegenüber anzeigen, dass ich die Verteidigung übernehme und einen Termin für die Befragung mit der Polizei abstimmen. Ich fahre dann dahin".
Zurück in meinem Büro lege ich die Akte an und stimme einen Termin für die Befragung ab, dann geht die schriftliche Anzeige der Verteidungsübernahme per Mail an den Polizeibeamten. Ich kann nicht glauben, dass Paddy das getan haben soll. Das wird ja immer schlimmer. Erst Scheidung jetzt noch ein Strafverfahren. Was ist los bei Paddy? Ob das was mit mir zu tun hat? Ich versuche, den Gedanken zur Seite zu schieben und mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Doch es gelingt mir nicht. Ich muss nochmal mit Katja reden, vielleicht weiß sie mehr. Gesagt, getan.
"Du Katja, hast du nochmal eine Minute für mich?" "Natürlich, komm rein". "Hat Paddy dich oder Christian gestern nochmal angerufen oder habt ihr euch getroffen?" "Nein, warum fragst du?" "Naja Paddy hat ziemlichen Mist gebaut, nachdem ich ihn gestern morgen so angefahren habe. Er steckt in Schwierigkeiten und ich glaube, dass ich Schuld daran bin". Fragend sieht Katja mich an, doch anstatt ihr zu antworten, öffne ich am Rechner die elektronische Akte zu diesem Vorgang. "Oh Gott scheiße." bringt Katja nur raus, nachdem sie die Unterlagen gelesen hat. "Und jetzt?" "Keine Ahnung, Herr Wagner hat da gleich den Termin für die Befragung. Morgen weiß ich mehr".
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Here to stay
FanficMerle hat eine schwierige Zeit hinter sich und fängt in Berlin ein neues Leben an, fernab von ihrer Heimat, Familie und Freunden. Bereits in den ersten Tagen stellt eine Begegnung mit einem Mann ihr neues Leben auf den Kopf. Begleitet Merle in ihrem...