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PoV Paddy:

Merle's Nachricht am Montag hat mich jäh aus meiner Blase des Wochenendes rausgerissen.

Natürlich war sie sauer, was hatte ich auch erwartet. Dass sie Freudensprünge macht?

Nachdem ich mich über meinen voreiligen Entschluss, ihr die Karte unbemerkt unterzuschieben, geärgert habe, hat sich meine Wut und Ärger nunmehr auch gegen Merle gewandt. Warum konnte sie nicht einmal einfach Geschenke annehmen, ohne daraus ein Riesendrama zu machen? Sie tut ja gerade so, als würde ich ihr mein Geld aufzwingen. Dabei möchte ich nur, dass sie die Kosten von den Reisen zu mir nicht von ihrem Geld bezahlen muss. Was ist dabei?

Um keinen unnötigen Streit anzufangen, habe ich nicht auf die Nachricht reagiert. Vielleicht habe ich auch gehofft, dass Merle sich wieder meldet. Das hat sie natürlich nicht getan.

Währenddessen habe ich mich in die Arbeit gestürzt, um die Aufnahmen hier in London zeitnah zu beenden und zurück nach Berlin zu können.

Wie erwartet kam keine weitere Nachricht von Merle und die Tage zogen dahin. Immer wieder war ich drauf und dran, mich bei Merle zu melden, doch mein gekränkter Stolz stand mir im Weg.

"Hallo Paddy? Hast du mir zugehört?" riss mich Christians Stimme aus meinen Gedanken. Ertappt schaue ich ihn an.

"Katja hat mir geschrieben und mich gefragt, wann wir zurück nach Berlin kommen." - "Warum fragt Katja, wann wir zurück kommen?" - "Naja, sie ist heute mit Merle verabredet und wollte fragen, ob wir abends mit Essen kommen und..." - "Ja, gute Idee, ich buche den nächsten Flug."

Vielleicht ist es gar nicht verkehrt, Merle persönlich auf das Thema anzusprechen und zu klären.

Wie angekündigt, habe ich den nächsten Flug nach Berlin gebucht und Christian hat Katja mitgeteilt, wann wir landen und geklärt, wo wir uns treffen.

Wir haben noch den Song fertig eingespielt, bevor Christian und ich uns auf den Weg zum Flughafen machen. Ich habe Merle nicht darüber informiert, dass ich zu ihr komme. Ich möchte sie überraschen.

Mittlerweile sitzen wir in dem Restaurant, wo Katja uns hinbestellt hat. Wir sind etwas früh und trinken vorab noch ein Bier und warten auf unsere Frauen, die eigentlich jeden Moment eintreffen sollten.

Dann vibriert mein Handy und ungläubig starre ich das Display an. Ich kann nicht glauben, was ich da lese.

Es tut mir leid, ich kann das mit uns nicht...
Deine Karte schicke ich dir per Post zurück.
M

Was zur Hölle soll das? Was soll das heißen, sie kann das mit uns nicht?

Fragend sieht Christian an, als ich mein Handy mit zitternden Händen in die Tasche stecke und nach meiner Jacke greife.

Auf dem Weg zum Ausgang bestelle ich an der Bar noch einen Kurzen, bevor ich das Restaurant fluchtartig verlasse, dabei stoße ich mit Katja zusammen.

Ohne ein Wort zu sagen, setze ich meinen Weg fort, der mich in die Richtung von Merle's Wohnung führt. In dem Park kurz vor ihrem Haus halte ich an und frage mich, was ich hier eigentlich mache. Sie hat mich einfach abserviert mit einer beschissenen Nachricht. Ohne Grund, ohne Erklärung und nach alldem, was bereits zwischen uns war.

Ich lasse mich auf das Gras fallen und kann nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen steigen. Warum? Warum verletzt Merle mich immer und immer wieder? Merkt sie nicht, dass ich ihr nichts antun will? Sie weiß doch, dass ich sie liebe. Vertraut sie mir so wenig?

Ein Schrei verlässt meine Kehle und ich fühle mich in dem Moment so verletzt und wütend.

Der Drang, mich sinnlos zu betrinken, wird immer stärker. Doch zeitgleich kommen die Erinnerungen an das letzte Mal hoch, was mich davon abhält.

Soll ich zu Merle gehen und versuchen, mit ihr zu reden? Oder soll ich es einfach dabei belassen? Ist sie es wert, ständig um sie zu kämpfen und ihr meine Gefühle zu beweisen? Kann ich das auf Dauer, eine Beziehung ohne gegenseitiges Vertrauen? Ich weiß, dass sie es in ihrer Vergangenheit nicht einfach hatte. Dennoch ist das kein Grund, sich davon die Gegenwart und Zukunft zu zerstören und vor allem andere Menschen zu verletzen, so wie es ihr widerfahren ist.

Je länger ich darüber nachdenke, desto deutlicher wird mir, dass ich Merle liebe. Mehr als jede andere Person zuvor. Und ich will nicht mehr ohne Merle sein. Egal, wie schwer der Weg auch werden mag.

PoV Merle:

Verschwommen starre ich mein Handy an, das den Chat von mir und Paddy zeigt. Genauer gesagt, meine letzte Nachricht an ihn. Er hat sie gelesen, aber keine Reaktion. Aber was habe ich auch erwartet.

Der Gedanke an seinen Gesichtsausdruck beim Lesen der Nachricht lässt mein Herz nochmals in tausende Splitter zerspringen und löst eine neue Lawine an Tränen aus. Der Gedanke daran tut weh. Doch habe ich den Schmerz verdient.

Das Läuten meiner Türklingel lässt mich erstarren. Sofort schlägt mein Herz schneller und hofft, dass Paddy davor steht, doch mein Verstand schreit mich an, dass das nicht sein kann. Wieder klingelt es. Eigentlich kann nur Katja vor der Tür stehen. Doch sie ignoriere ich im Moment. Ich will alleine sein. Mit dem Schmerz in mir.

Mein Handy vibriert und mit geweiteten Augen starre ich darauf. Paddy's Bild leuchtet mir entgegen. Ich lasse es klingeln, bis es verstummt. Dann klingelt es wieder an meiner Tür. Dann wieder mein Handy. Sollte doch Paddy vor der Tür stehen? Nein, das ist unmöglich, er ist in London. Dann eine Nachricht. Von Paddy.

Von: Paddy
Mittwoch, 19:38 Uhr
Mach die Tür auf!

Das kann nicht wahr sein. Er kann unmöglich hier sein. Ich reagiere nicht auf die Nachricht und wieder klingelt es an der Tür, dann ein weiterer Anruf von ihm.

Von: Paddy
Mittwoch, 19:40 Uhr
Du bist mir eine Erklärung schuldig!

Ja, das bin ich und doch wirst du sie nicht bekommen, da ich zu feige bin.

Von: Paddy
Mittwoch, 19:42 Uhr
Ich weiß, dass du zu Hause bist, ich habe dich schluchzen hören.
Also BITTE öffne die Tür und lass uns reden.
Ich möchte verstehen, was in dir vorgeht und warum du so plötzlich unsere Beziehung beendest.

Scheiße! Warum ist er nicht in London? In der kurzen Zeit zwischen meiner Nachricht und seinem Auftauchen hat er es unmöglich hier her geschafft.

Unfähig mich zu bewegen, sitze ich noch immer im Bad auf dem Boden und weine stumme Tränen. Er ist hier, wegen mir. Weil ich ihm zum wiederholten Mal das Herz gebrochen habe. Sofort kommen die Bilder vom letzten Mal hoch und ich hoffe, dass es diesesmal nicht so weit kommt.

Von: Paddy
Mittwoch, 19:58 Uhr
Merle,
Ich weiß nicht, was mit dir los ist. Scheinbar willst du es mir nicht erklären. Das muss ich wohl oder übel akzeptieren.
Ich bin zutiefst enttäuscht von dir und deinem Verhalten, dennoch liebe ich dich, mehr als ich es gerade ertragen kann.
Ich dachte, wir vertrauen uns, du vertraust mir, scheinbar nicht genug.
Ich möchte dass du weißt, dass ich immer hinter dir gestanden hätte und dir geholfen hätte, egal wie schwierig es geworden wäre.
Wenn du bei deiner Entscheidung bleibst, dann ignoriere mich weiter, anderenfalls mach endlich die Tür auf und rede mir mir!
Eins noch, wenn du bei deiner Entscheidung bleibst und wir ab sofort getrennte Wege gehen, ist es endgültig. Diesesmal wird es kein Zurück mehr geben.
Ich ertrage es einfach nicht länger, von dir verletzt und weggestoßen zu werden...
P

Immer wieder lese ich seine Nachricht. Ich weiß, dass mein Verhalten absolut scheiße und kindisch ist. Paddy hat eine Erklärung verdient. Doch alleine der Gedanke, ihm weitere Details aus meinem kaputten Leben zu offenbaren, lähmt mich. Da kann mein Herz noch so laut nach Paddy schreien.

Es klingelt wieder und nochmal und nochmal. Dann höre ich ein lautes Poltern an der Tür, bevor Paddy's Schluchzen mir durch Mark und Bein geht und mich der Schmerz langsam und qualvoll auffrisst.


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