11. Hala

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Am Abend hatten sich alle Bewohner der vier Inseln bei der Tribüne in Lili'i versammelt. Ein großes Büfett war aufgestellt worden und es fing an dunkel zu werden. Hell beleuchteten rote Lampions und Teelichter den kleinen Platz, wärend über der Tribüne ein gutes Dutzend Lampis umher schwirrten.

Die vier Freunde und Gary hatten sich nach ihrem Besuch im Æther-Paradies ebenfalls dorthin begeben, immerhin war das Fest zu Ehren Lillys veranlasst worden. Vom Inselkönig persönlich. Auch wenn er ihr das bisher verschwiegen hatte. Mit großen Augen bestaunten Lilly und Gary das Lichtermeer. Die Forscherin musste lächeln.
"Ich hatte vergessen wie schön das war."
Gary stimmte ihr zu.
"In Kanto gab es so etwas nicht."
Dann grinste er sie verschmitzt an.
"Dafür gab es andere schöne Sachen."

Gladio und Tali warfen Gary daraufhin zwar genervte Blicke zu, hielten sich jedoch zurück, als Lilly anfing zu kichern. Dann zog jemand anderes Talis Aufmerksamkeit auf sich. Jemand, den er gerade drohte aus den Augen zu verlieren. Hektisch schubste er ein paar Kinder aus dem Weg, bis er sie erreicht hatte.
"Entschuldigung, Sie da!"
Die rothaarige Frau drehte sich überrascht zu ihm um.
"Wer-? Oh, Sie sind es..."
Sie zog missbilligend eine Augenbraue in die Höhe.
"Haben Sie Ihr Gespräch über Vertrauen und Mord geführt?"
Tali kratzte sich peinlich berührt am Hinterkopf.
"Ähm, ja. Also, ich wollte mich eigentlich wegen heute Morgen entschuldigen. Ich wollte Sie nicht so stehen lassen."
Die Polizistin zeigte sich unbeeindruckt.
"Oh keine Sorge, ich konnte schließlich nur meinen Job nicht machen, weil Sie einfach so abgehauen sind. Ist ja nicht so, als hätte ich gerade etwas Wichtiges gemacht."
Tali versuchte sich erfolglos an einem charmanten Lächeln.
"Ich dachte Sie wären fertig."
Die Augen der Rothaarigen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
"Ich kam nicht mal dazu eine einzige Frage zu stellen!"
"Naja, was das angeht-"

Der frühere Inselkönig Hala schaffte sich mit schweren Schritten die Tribüne hinauf und bewahrte die Polizistin somit vor weiteren Ausreden. Seine sonst so fröhlichen Augen huschten müde über die Menge. Er war alt. Er war müde. Und sein bester Freund war über Nacht eiskalt und grausam ermordet worden. Ein freundlicher, gutgläubiger und tierlieber Mensch, dessen größter Traum es gewesen war, eine Oase für jedes Lebewesen zu schaffen. Und diesen herzensguten Menschen, hatte irgendjemand über sein gesamtes Lebenswerk verteilt. Es war ein grausamer Anblick gewesen. Er glaubte nicht, dass der Champion daran schuld war. Er glaubte auch nicht, dass Lunala daran schuld war. Er wollte einfach nur, dass der wahre Täter litt. Er sollte so leiden, wie Hala gelitten hatte, so wie Mohn gelitten hatte. Kühl blickte er in die Menge, die unsicher zu ihm hoch sah. Dann riss er sich zusammen und räusperte sich.

"Sehr verehrte Bewohner Alolas, meine lieben Freunde... gestern Nacht ist etwas Schreckliches geschehen. Ich bin sicher, viele von euch - vielleicht sogar die meisten - wissen bereits von dem tragischen Vorfall. Mein bester Freund Professor Mohn wurde uns gestern Nacht genommen. Ich bin sicher, wir werden alle noch lange an ihn denken und um ihn trauern. Ich hoffe sogar, ihr werdet mir helfen, ihm einen würdigen Abschied zu bereitet."
Ein allgemeines Schweigen hatte sich über die Menge gelegt. Leise Tränen wurden vergossen und so mancher Trainer hatte sich stumm von der Tribüne abgewandt. Doch Hala war noch nicht fertig.
"Ich verspreche euch, wir werden alle Zeit haben angemessen zu trauern."
Sein müder Blick wurde mit einem Mal kalt.
"Aber vorher werden wir den Täter fangen - und ich verspreche euch, er wird für seine Taten büßen. Officer Rocky hat bereits Verstärkung aus Kanto, Hoenn und Sinnoh angefordert, wir werden diesen Mörder fassen. Ich bin mir sicher, es war keiner von uns und ich bitte euch, nicht untereinander misstrauisch zu werden. Beantwortet die Fragen der Polizei ehrlich und wir haben bald nichts mehr zu befürchten. Des Weiteren möchte ich euch bitten, nachts nicht mehr vor die Tür zu gehen und euch auch tagsüber in Gruppen aufzuhalten. Die Inselwanderschaft wird bis auf Weiteres ebenfalls zum Schutz unserer jungen Trainer eingeschränkt werden. Bitte halten euch an die Maßnahmen, sie dienen ausschließlich eurem Schutz."

Er ließ den Blick kurz über die Menge wandern.
"Aber heute Abend wollen wir feiern. Zu Ehren von Professor Mohn und um auf die Heimkehr unserer Freundin Lilly anzustoßen."
Es folgte Applaus und einige Blicke suchten nach Lilly. Diese befand sich jedoch in einer stummen Umarmung mit Gladio. Die Nachricht des Todes des Professors hatte sie völlig unvorbereitet getroffen.

Mord im MondscheinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt