24. Der Beweis

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Wenig später hatte die kleine Gruppe sich wieder am Æther-Paradies versammelt. Gähnend streckte Gary sich.
"Warum hast du mich nochmal so früh rausgeschmissen?"
Lilly reichte ihm ein belegtes Brötchen.
"Wir wollten doch die Bewohner befragen, ob sie etwas Wichtiges beobachtet haben."
Nana und Tali betrachteten stumm das Geschehen. Die Rothaarige warf ihm einen fragenden Blick zu, doch er schüttelte nur müde lächelnd den Kopf. Azura erhob nun das Wort.
"Ich bin dafür, wir teilen uns in Zweiergruppen auf und befragen jeweils eine Insel. Auf Poni haben wir uns schon erkundigt, da hat niemand etwas mitbekommen."
Nana klopfte Tali auf die Schulter.
"Der Inselkönig und ich hören uns auf Mele-Mele um."
Gary schlang von hinten einen Arm um Lillys Schultern.
"Dann knüpfen wir uns Ula-Ula vor."
Gladio zuckte mit den Schultern.
"Na dann bleibt für uns-"
"Ihr geht nirgendwo hin."

Erschrocken drehte sich die Gruppe zu der harschen Stimme um. Sie gehörte natürlich zu Kommissar Wolf, der mit steifen Schritten auf Azura zuging.
"Hala mag bis jetzt auf deiner Seite gestanden haben, aber auch er kann einen offenensichtlichen Beweis nicht einfach ignorieren."
Unsanft zog er sie am Arm zu sich.
"Wenn du dieses Monster nicht herausgibst, und zwar auf der Stelle, wird das für dich noch weitaus schwerere Folgen haben als nur den Verlust eines Pokemons."
Wütend versuchte Azura sich aus seinem Griff zu winden, doch er hielt sie eisern fest.
"Die Spurensuche hat Reste von Professor Mohns Blut an deinem Gartenzaun gefunden. Was meinst du wohl, wie die dahin gekommen sind?"
Als sie nichts dazu sagte, griff er nach ihrer Tasche.
"Du gibst jetzt sofort-"
Azura fiel ihm ins Wort.
"Sie ist längst nicht mehr hier."
Kommissar Wolf sah sie zornig an.
"Was soll das heißen?"
Ihr Mund verzog sich zu einem wütenden Grinsen.
"Ich habe sie gestern freigelassen. Was meinen Sie, wie schnell fliegt ein Lunala?"

Wutentbrannt stieß er sie zurück.
"Damit bist du eindeutig zu weit gegangen."
Er drehte sich zu seinen Polizisten um.
"Dem Champion ist es ab sofort untersagt mit den Zeugen oder der Polizei aus eigenem Interesse zu verkehren. Wird dieses Verbot missachtet, hat jeder von euch das sofortige Recht sie festzunehmen."
Sein Blick wanderte zu der Gruppe und er runzelte kurz die Stirn als er Tali sah, der sich merkwürdig steif gegen eine Wand gelehnt hatte.
"Das Gleiche gilt für den Präsidenten, den Inselkönig, die Forscherin und diesen merkwürdig Kerl."
Damit deutete er auf Gary.
"Jeder der ihnen hilft, kann ebenfalls mit einem Verhör rechnen. Behaltet also vor allem die Professoren im Auge."
Gladio funkelte ihn gereizt an.
"Sonst noch was? Wenn sie hier nichts mehr zu erledigen haben, verlassen Sie bitte mein Grundstück."
Doch der Kommissar war fertig, warf ihm noch einen letzten drohenden Blick zu und verließ schließlich das Æther-Paradies.

Lilly rannte zu Azura und Gladio.
"Azura! Geht es dir gut?"
Dann sah sie ihren Arm.
"Du bist verletzt!"
Doch die Trainerin schüttelte den Kopf.
"Es ist nur ein blauer Fleck. Das ist morgen wieder weg."
Die Augen der Forscherin verengten sich.
"Trotzdem... das kann nicht erlaubt sein. Der war letztes Mal auch schon so grob zu dir."
Azura zuckte müde mit den Schultern.
"Aber bei wem soll ich mich schon beschweren? Der Polizei?"
Sie lachte freudlos. Dann machte sie ein fragendes Gesicht.
"Apropos, wo ist Nana hin? Ich hoffe, der Kommissar hat sie nicht gesehen."

Von Tali kam ein Keuchen.
"Nein nein, die ist hier."
Fragend drehten die anderen sich zu ihm um. Tali lehnte nicht an der Wand. Er hatte sich vor eine Nische gestellt - in der er zuvor Nana geschoben hatte - und so getan als würde er sich anlehnen, damit der Kommissar das Versteck nicht bemerkte. Allerdings hatte er es irgendwie geschafft, so in die Nische hineinzukippen, dass er nicht vor und nicht zurückkam.
"Kann mich mal jemand zurückziehen?"
Gary erbarmte sich und zog Tali zurück auf seine Füße. Dieser bedankte sich kurz, ehe er Nana aus dem Spalt half.

Etwas ratlos, standen die sechs in einem Kreis. Gary legte den Kopf schief.
"Und was jetzt?"
Nana sah ihn hoffnungslos an.
"Vielleicht kann Hala uns helfen?"
Aber Tali schüttelte den Kopf.
"Wenn Wolf dem Dorf berichtet, was er glaubt, dann werden auch sie sich langsam umstimmen lassen. Wenn mein Onkel trotz der Beweise gegen die Polizei handelt, verliert er den Respekt der Dorfbewohner."
Lilly nickte zustimmend.
"Und was wir jetzt vor allem brauchen, ist der Glaube der Bürger. Wir versuchen gar nicht mehr die Polizei von der Wahrheit zu überzeugen, wir versuchen gerade nur, dass Wohlwollen der Dorfbewohner auf unsere Seite zu ziehen."

Mord im MondscheinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt