36. Mayla

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Ungläubig sah Mayla die beiden an.
"Das kann nicht wahr sein."
Sie vergrub entsetzt das Gesicht in den Händen. Nana sah sie eindringlich an.
"Sie müssen eine Dorfversammlung einberufen und alle vor den beiden warnen."
In diesem Moment summte Talis Rotom-Pokédex. Erleichtert nahm dieser den Anruf entgegen.
"Onkel! Bin ich froh, dass du wohlauf bist."
Kurz lauschte er dem Gerät, dann nickte er verunsichert.
"Ja, danke. Mayla wollte gerade die Bewohner nach Lili'i schicken, am besten machst du das Gleiche. Ich gebe den anderen auch Bescheid."
Dann legte er auf. Sein Gesicht machte einen zwiegespaltenen Eindruck.
"Kommissar Wolf hat scheinbar alles gestanden und arbeitet nicht mehr mit dem Professor zusammen. Die schlechte Nachricht ist, dass Professor Kirsch irgendwelche Pokémonversuche durchgeführt hat, von denen nicht mal Wolf weiß, wie sie ausgegangen sind. Aber wenn es stimmt, was er sagt, dann verfügt Kirsch über eine Armee aus Pokémon."
Mayla schüttelte sprachlos den Kopf.
"In was für Zeiten wir doch leben..."
Abermals meldete sich Talis Rotom-Pokédex. Dieses Mal war es Lilly. Ihre aufgebrachte Stimme hallte durch das Gerät.

>>Tali! Es ist furchtbar! Kirsch hat Yasu ermordet und ist davongelaufen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis er erneut zuschlägt. Bitte sag mir das Mayla und Hala in Sicherheit sind.<<
Tali schrie entsetzt auf.
"Yasu ist tot?!"
Es herrschte eine betroffene Stille am anderen Ende der Leitung.
>>Ich habe Hapu'u zu den Kapus geschickt, ich hoffe, sie können uns helfen.<<
Nana mischte sich in das Gespräch ein.
"Wenn sie uns helfen könnten, hätten sie das schon längst getan. Schickt die Bewohner vom Seevolk nach Lili'i und hol Hapu'u zurück. Wir kümmern uns um Linus und Ula-Ula."
Lilly stimmte zittrig zu und beendete das Telefonat. Mayla legte Tali und Nana jeweils eine Hand auf die Schulter.
"Ich kümmere mich um Akala. Geht ihr zu Linus."

Eine halbe Stunde später hatten sich auf dem Festplatz von Lili'i alle Dorfbewohner verwirrt und verängstigt zusammengefunden. Auf der Tribüne standen Tali, Hala, Mayla und Linus. Beunruhigte Fragen wurden durcheinander gerufen. Eltern riefen nach ihren Kindern. Einige weinten. Hala erhob donnernd seine Stimme.
"RUHE!"
Zahllose Augenpaare richteten sich auf ihn.
"Ich weiß, dass ihr Angst habt. Die haben wir alle. Aber in Panik zu geraten, hilft uns jetzt auch nicht weiter."
Seine ruhige Stimme schien auch die Dorfbewohner zu beruhigen.
"Wir wurden aus unserer Mitte heraus gespalten. Viele von euch kannten ihn als Kind und so vertrauten wir ihm viel zu schnell. Aber Professor Kirsch ist nicht mehr, wer er einmal war. Vielleicht ist er es nie gewesen. Ich wünschte es wäre nicht so, aber die Wahrheit ist, dass er uns verraten hat. Sein Größenwahn und seine Machtgier haben uns Professor Mohn und Yasu geraubt."
Die Nachricht traf die Gemeinschaft wie ein Blitz. Yasu war nie der beliebteste Inselkönig gewesen, doch sein Tod war ein schwerer Schlag. Ein Inselkönig war das Herz seiner Insel und ein Angriff auf ihn, glich einem Angriff auf ganz Alola.

Mayla ergriff nun ebenfalls das Wort.
"Unsere Schutzpatrone können uns nicht helfen. Unser Champion, der Präsident und das Lichttrio wurden vertrieben, weil Professor Kirsch uns Lügen erzählt hat, die uns einander misstrauisch werden ließ. Ein Inselkönig ist tot und es ist nur eine Frage der Zeit ehe Kirsch sich den Rest von uns holt."
Sie atmete tief durch. Die Luft war zum Zerreißen gespannt.
"Schickt die Kinder mit allen entbehrlichen Flugpokémon zum Ætherparadies. Rüstet euch mit euren stärksten Pokémon aus und betet, dass es reicht. Denn wenn Kirsch hier eintrifft, wird es einen Krieg geben und wir können nur hoffen, dass Alola diesen übersteht." 

Ein Bewohner aus Poni übertönte die anderen.
"Was ist mit Hapu'u? Wieso ist nicht bei euch?"
Die Inselkönigin von Akala sah in unzählige fragende Gesichter.
"Hapu'u wollte die Kapus um Hilfe bitten, aber wenn sie sie gefunden hätte, dann wären sie jetzt hier. Lilly ist unterwegs um sie zurückzuholen. Sie werden hoffentlich wieder da sein um uns beizustehen, wenn das Unvermeidliche kommt. Wenn sie es rechtzeitig schaffen, bringen sie uns einen starken Verbündeten."
Ihre schwammige Antwort schien vielen nicht zu gefallen. Doch was blieb ihnen anderes übrig? Sie hatten zugelassen, dass die Polizei den Champion wie einen Verbrecher behandelt hatten. Nun war sie fort. Sie konnte den Kampf nicht wieder alleine austragen wie damals gegen Necrozma. Das Vertrauen auf der Insel hatte gewaltigen Schaden genommen und das würde sie, wenn kein Wunder geschah, die ganze Insel kosten.

Mord im MondscheinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt