11 on the tree...

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Mit ein paar letzten gemächlichen Schritten war Carag am Fuße der alten Kiefer angekommen. Seine Witterung verriet ihm, dass Samiya gerade noch hier unten am Stamm gewesen war, wenn er auch nach wie vor keine Ahnung hatte, welches Tier in ihr steckte. Auf jeden Fall konnte sie gut klettern, so viel stand schon mal fest.

Carag warf einen kurzen Blick nach oben und sprang dann mit einem Satz auf den untersten, noch ziemlich dicken Ast. Kinderspiel. Er liebte dieses geschmeidige Gefühl, das er als Puma in jeder Bewegung hatte. Wieder blickte er nach oben. Samiya saß, mit dem Rücken an den Stamm angelehnt, noch ein paar Etagen über ihm und - war es zu fassen – tat so, als bemerke sie ihn gar nicht. Sie hatte die Augen geschlossen und rührte sich nicht. Na gut, Zeit sich bemerkbar zu machen.

Und dieses Mal würde er nicht übers Wetter reden, so viel war klar. Gut, dass er in seiner zweiten Gestalt hier war, irgendwie fühlte er sich als Puma immer viel sicherer. Kein Wunder, die längste Zeit seines Lebens hatte er schließlich so verbracht. Und er konnte einfach seine Gedanken mit ihr teilen, das was ja soo viel leichter als richtig reden zu müssen...

***

Hey Samiya...' Carag streckte sich und ließ sich dann bäuchlings auf dem breiten Ast nieder. Ja, so konnte er es eine Weile aushalten. Von Samiya kam hingegen keine Reaktion.

Hast du was dagegen, wenn wir uns diesen Baum ein bisschen teilen?' Carag musste innerlich schmunzeln, genau so hätten Raubkatzen unter sich auch die Lage geklärt. Er fand es immer wieder erstaunlich, wie sehr er in Pumagestalt auch als Puma fühlte, obwohl er doch der Gleiche war. Das war wohl einfach der wilde Teil in ihm. Ob das immer so bleiben würde, auch wenn er älter wurde und viel mehr Zeit in Menschengestalt verbracht hatte?

Ja habe ich.' Na endlich eine Reaktion. Wenn auch nicht die von ihm erhoffte. Warum konnte sie hier stundenlang mit Holly sitzen und bei ihm hatte sie ein Problem?

Du denkst ganz schön viel, weißt du das? Und das mitten in der Nacht.' Ach herrje. Carag zuckte kurz zusammen. Hatte sie die ganze Zeit seine Gedanken lesen können? Was hatte er nochmal gedacht, vorhin? Hoffentlich war es nicht all zu peinlich... Ab sofort würde er seine Gedanken besser abschirmen. Komisch, schon lange war ihm nichts mehr einfach so ‚rausgerutscht'.

Es war nicht peinlich, keine Sorge.' Samiya warf einen kurzen Blick nach unten, sie konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Zum Glück war Carag gerade zu sehr mit seinen Pfoten beschäftigt, um es zu bemerken.

Du machst dich über mich lustig, oder?' Carag schaute nach oben, aber Samiya verzog keine Miene. Immerhin hatte sie die Augen jetzt offen und schaute irgendwo in die Ferne.

Du musst ja nicht hier bleiben' Samiya musterte den Puma unter sich einen kurzen Moment, dann wand sie schnell den Blick ab und schaute auf die Berge, im Dunkeln gerade so zu erkennen. Und viel sicherer anzuschauen. Sie wusste genau, dass sie sich höllisch in Acht nehmen musste. Die ganze Zeit schon hatte sie so ein seltsames Gefühl in ihrer Bauchgegend, nicht direkt die ersten Anzeichen der Verwandlung, aber auf jeden Fall beunruhigend. Wenn Carag doch endlich verschwinden würde. Aber da hoffte sie wohl vergebens.

Nee, aber ich könnte hoch kommen,' Carag streckte sich noch einmal ausgiebig, schlug dann seine Krallen in den Stamm und spielte ein bisschen mit der Rinde. In weniger als zwei Sekunden könnte er auf Samiyas Höhe sein. Wenn er es gemütlich angehen ließ.

Was? Nein, nein, das kannst du nicht! Hier ist überhaupt nicht genug Platz!' Samiya schüttelte schnell den Kopf und schaute Carag eindringlich an. Nicht gut. Er spielte immer noch mit seinen Krallen am Stamm herum und DAS brachte Samiya völlig aus dem Konzept. Schien ein angenehmes Gefühl zu sein, sie konnte es beinahe selbst spüren. Oh nein... Sie musste nicht auf ihre Hände schauen um zu wissen, was dort gleich geschehen würde. Schnell kniff sie die Augen zu und konzentrierte sich in ihrem Kopf auf ihr Lieblingslied.

When the days are cold
And the cards all fold
And the saints we see are all made of gold
When your dreams all fail
And the ones we hail
Are the worst of all, and the blood's run stale

Samiya atmete tief ein und ließ dann langsam die Luft aus ihren Lungen entweichen. Erleichtert stellte sie fest, dass es noch immer funktionierte und sie wieder viel ruhiger war. Sie öffnete die Augen und wagte einen Blick nach unten. Der Ast war leer. Wo war Carag hin? War er gegangen? Fast hätte es ihr leid getan, dass er schon weg war, als sie eine Präsenz sehr viel näher als vorhin spürte. Nein, er war noch hier...

***

Carag lag mittlerweile auf dem Ast auf der anderen Seite des Stammes, genau hinter Samiya. Sehen konnte sie ihn so nicht, zumindest nicht solange sie angelehnt an den Stamm saß. Warum wollte sie nicht, dass er nach oben kam? Hier war mehr als genug Platz und irgendwas zog ihn magisch an. Er musste herausfinden was das war..

Während seiner Krallenspielerei am Stamm hatte er immer wieder nach oben geschaut, eigentlich eher zufällig, aber dann hatte er Samiya genau beobachtet, wie sie auf einmal die Augen fest zugepresst hatte und aussah, als denke sie krampfhaft an etwas ganz anderes. Sogar ihre Lippen hatten sich ganz leicht bewegt, als würde sie beten oder so. Carag hatte Anna mal beten sehen, das hatte auch so ausgesehen... Warum machte sie das? Er war sich sicher sie hatte keine Angst vor ihm, das hätte er gespürt.

Auf jeden Fall war es da spontan über ihn gekommen. Mit einem lautlosen Satz war er zwei Äste höher und hatte sich dann ganz langsam bis zu dem Ast geschlichen auf dem er jetzt saß. Zwei starke Äste waren zwischen ihnen – eine komfortable Brücke für ihn...

***


Auszug Songtext: Demons von Imagine Dragons


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Sooo ihr Lieben, hier enden nun meine vorgeschriebenen Kapitel - sorry für den Cliffhanger -

schön, dass ihr bis hierher mitgelesen habt! Soll ich denn weiterschreiben?

Was sagt ihr zu Carag und Samiya?

Freue mich auf eure Kommentare :)

Viele Grüße und Gute Nacht :)


Call of the wildWo Geschichten leben. Entdecke jetzt