29 Gespräche drinnen und draußen

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Samiya lag mit offene Augen in ihrem Bett, immer noch auf der Krankenstation und starrte an die Decke. Ihr war so langweilig wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Sie fühlte sich schon deutlich besser, hatte einen Riesenappetit und so langsam aber sicher Hummeln im Po. Nur von Verwandlungsenergie keine Spur...

Nachmittags und abends war es ja durchaus ganz gut auszuhalten, diese ‚Bettruhe', irgend jemand kam sie immer besuchen und meist hatten sie eine recht lustige Zeit zusammen.

Aber die Vormittage... da waren alle anderen im Unterricht und sie musste hier alleine herumliegen. Sie hatte nicht mal mehr Lust zu lesen.

Noch während Samiya überlegte, ob sie vielleicht einfach versuchen sollte zu schlafen, flog plötzlich die Tür auf und zwei Personen, die vor Kurzem noch am anderen Ende der Welt waren, betraten das Zimmer. Ihre Eltern.

„Samiya! Meine Güte, was machst du denn für Sachen?!" Ihre Mutter stürmte auf sie zu, temperamentvoll wie eh und je und zog sie in eine feste Umarmung. Auf der anderen Bettseite sank ein schweres Gewicht in die Matratze. Ihr Vater. Als ihre Mutter sich löste fasste schon ihr Vater sie an den Schultern und schaute sie genau an.

„Ist nochmal alles heil geblieben, oder?" Er zwinkerte seiner Tochter zu und schaute sie dann nachdenklich an.

„Mann, Mann, Sammy, wir hätten dich wohl doch lieber mitgenommen, nicht wahr?"

„Tja. Das habt ihr aber spät erkannt. Ich hab meine Verwandlungen besser unter Kontrolle als ihr denkt!" Samiya schaute ihre Eltern herausfordernd an.

„Jaja schon, aber so war das doch nicht gemeint! Herrje Samiya, das hätte auch anders ausgehen können!" Ihre Mutter schaute sie kopfschüttelnd an.

„Jetzt bleibst du auf jeden Fall schön hier im Bett und rührst dich nicht! Du musst dich ausruhen und erholen! Omi hat gesagt, verwandeln kannst du dich noch nicht, also ist Ruhe jetzt das absolut Wichtigste!" Ihre Mutter bedachte sie mit einem strengen Blick. Na wunderbar.

„Aber mit geht's schon besser! Papa! Ich will nicht mehr hier rumliegen!" Samiya blickte verzweifelt zu ihrem Vater. Sehr viel länger und sie würde hier noch verrückt werden!

„Du hast deine Mutter gehört." Ihr Vater hob entschuldigend die Hände, wie um zu sagen, dass er hier leider machtlos war.

„Pffff.... Na toll. Dann erzählt mir wenigstens, was bei euch so los war. Ist das große Projekt schon abgeschlossen?" Samiya machte es sich wieder bequem und schaute ihre Eltern gespannt an. Es kam ja selten genug vor, dass sie beider Aufmerksamkeit auf sich vereint wusste und sie gedachte, jeden Moment davon zu genießen...

***

In der folgenden Nacht fiel es Samiya schwer, in den Schlaf zu finden. Nachdem ihre Eltern – nach langen Gesprächen – gegangen waren, war Samiya doch recht schnell eingeschlafen und erst am Nachmittag wieder aufgewacht. Nun war sie natürlich überhaupt nicht mehr müde. Entschlossen schlug sie die Decke zurück und ging zum offenen Fenster. Draußen war es nicht mal richtig dunkel. Der Mond schien ziemlich hell, sein Licht beleuchtete die weißen Felsen wie in einem Theater.

Ob sie einfach eine Runde nach draußen klettern sollte? Nur eine winzig kleine Weile? Frische Luft war ja schließlich auch wichtig, wenn man gesund werden musste. Außerdem war es hier drinnen wirklich nicht mehr auszuhalten! Samiya legte den Kopf schief und dachte kurz nach. Die Entscheidung war schnell getroffen. Weit und breit war niemand zu sehen, ihr kleiner Ausflug würde vermutlich nicht mal bemerkt werden...

***

Als Samiya ein paar der Felsenstufen nach oben geklettert war, bemerkte sie, dass außer ihr doch noch jemand hier draußen war. Es saß nämlich auf einmal jemand direkt vor ihr, als sie sich gerade über die nächste Felskante schob. Diese Stufen waren richtig große Felsblöcke, man musste sich also ordentlich anstrengen, um von einer auf die nächst höhere zu klettern. Zumindest als Mensch. Einen Moment waren beide so überrascht, dass sie sich wie eingefroren anstarrten. Carag hatte die Beine angezogen und lehnte mit dem Rücken an der nächsten Stufe. Samiya war auf ihren Knien angekommen und atmete erst mal tief durch. Diese Kletterei war anstrengender als sie das in Erinnerung gehabt hatte.

Call of the wildWo Geschichten leben. Entdecke jetzt