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Prolog

„Und Sie Miss Johnson sind für das nächste Semester in dem Bereich der Rechtsmedizin"

Nachdem mein Professor diese Information laut in meinem Jahrgang preisgab, breitete sich sofort ein Lächeln auf meinen Lippen aus. Ich hatte solche Angst vor diesem Tag. Ich hatte Angst, dass ich das nächste Semester in einer komischen Abteilung verbringen musste. Aber nein. Im Gegenteil. Ich liebe die Gerichtsmedizin. Ich finde es interessant herauszufinden woran die Leute gestorben sind. Deswegen habe ich auch die halbe Nacht nicht geschlafen. Ich hatte ein komisches Gefühl was den Tag heute betrifft und normalerweise hat mein Bauchgefühl immer Recht. Aber anscheinend habe ich mich geirrt. Was in diesem Fall mal gut ist.

„Ja da gehört sie auch hin" höre ich die anderen um mich herum murmeln.

Ich war noch nie sehr beliebt. Eigentlich nur aus dem Grund, weil ich immer Jahrgangsbeste bin. Die typische Streberin. Aber das macht mir nichts aus. Schon früher in der Schule habe ich immer davon geträumt einmal Ärztin zu werden. Und hier stehe ich nun. In einem riesigen Krankenhaus mit nur 21 als angehende Ärztin. Langsam löst sich die Menschenmenge auf. Wahrscheinlich wissen alle in welchem Bereich sie zugeordnet wurden. Lächelnd blicke ich nochmal zu meinem Professor auf, welcher mich bereits schmunzelnd mustert. Danke.

Zufrieden drehe ich mich um und laufe die langen und hellen Gänge des Krankenhauses entlang. Da ich mich in der obersten Etage befinde und wirklich keine Lust habe diesen ganzen Weg runter in den Keller zu gehen, steige ich in den Fahrstuhl und fahre runter. Mit einem „ping" öffnet sich der Fahrstuhl und ich begebe mich in die Umkleide der Gerichtsmedizin. Meinen weißen Kittel hatte ich bereits an, jedoch wollte ich meine langen, braunen Haare noch in einem Dutt verstauen um sie nicht dreckig zu machen. Da ich Locken habe, sehen meine Zöpfe immer besonders gut aus. Ich atme noch einmal tief durch, bevor ich voller Vorfreude in die Leichenhalle gehe.

„Victoria! Wie schön dich hier zu sehen"

„Mrs. Scott" . Strahlend begrüßt sie mich.

Miss Scott ist mit abstand meine Lieblingsproffesorin. Ich kenne keinen in diesem Krankenhaus der warmherziger ist als sie. Ich gehe zu ihr an den Obduktionstisch, wo sich bereits eine Leiche drauf befindet. Von außen sieht diese nicht sonderlich auffällig aus.

„Wie gut, dass du hier bist und nicht irgendwelche Dumpfbacken". Sie lächelt süß und guck mich an.

Seit meine Mutter vor 3 Jahren an Krebs gestorben ist, ist sie wie eine 2. Mutter für mich. Niemand kennt mich so gut wie sie. Nichtmal mein Vater oder meine kleine Schwester.

„Muss ich dir eigentlich noch großartig was erklären? Oder kannst du wie immer alles?"
Stolz blickt sie zu mir runter und ich beginne nur zu schmunzeln.

„Ich glaube tatsächlich, dass ich das auch ohne weitere Erklärungen schaffen würde. Aber wenn sie-"

„Entschuldigen Sie die Verspätung, aber ich habe keine Ahnung von irgendwas".

Die Tür wurde aufgerissen und herein stolperte ein Junge mit roten lockigen Haaren und Sommersprossen. Auf seiner Nase sitzt eine schwarze Brille und er lächelt schräg. Ich musste leicht schmunzeln als ich ihn sehe.

„Okay, dann kannst du unserem Neuling ja alles nebenbei erklären", Miss Scott lächelt mich an und verlässt die Leichenhalle.

Wow. Super. Jetzt muss ich hier Lehrer spielen obwohl ich das selber noch nie gemacht habe.

„Hey Sorry. Ich bin Erik". Der rothaarige Junge kommt zu mir und lächelt mich an.

„Ich bin Victoria", antworte ich ihm freundlich.

„Ich habe keine Ahnung von den ganzen Sachen hier", gibt der Junge, der also Erik heißt peinlich berührt zu.

„Ist nicht schlimm. Wir kriegen das schon zusammen hin. Zuerst einmal nehmen wir die Fingerabdrücke der Leiche. Wie das geht weißt du ja sicher"

Er nickt und wir beginnen jeweils an beiden Händen die Fingerabdrücke zu nehmen. Nachdem ich ihm dann jeden weiteren Schritt erklärt habe, machten wir eine kurze Pause. Es stellte sich heraus, dass Erik genauso ein Außenseiter ist wie ich und das eigentlich nur wegen seinem Aussehen. Wir verstehen und wirklich gut und ich mag ihn von Anfang an. Jetzt geht es ans Eingemachte. Erik meinte ich soll zuerst den Brustkorb der Leiche aufschneiden, da er sonst höchstwahrscheinlich ohnmächtig werden würde. Für mich war das kein Problem. Ich setzte den 1. Schnitt. Problemlos schneide ich den Oberkörper auf und gucke Erik auffordernd an. Er versteht was ich meine und stellt sich gegenüber von mir.

„Du schaffst das", sage ich beruhigend zu ihm, während ich ihm das Skalpell gebe. Ich gehe einen Schritt zurück und setze mich an den großen PC um schonmal die Daten abzugleichen.

Nach nichtmal 5 Minuten beginnt Erik zu schreien. Lachend drehe ich mich um, doch als ich erblickte was hier vor sich geht, vergeht mir dieses Lachen. Wie in Trance starre ich auf das Geschehen. Die Leiche, die eben noch regungslos auf dem Tisch lag, hat ihre Augen geöffnet. Und nicht nur das. Sie macht gurgelnde Geräusche während ihr Blut aus dem Mund tropft. Das Blut von Erik. Erst jetzt dringen die qualvollen schrie von ihm, wieder zu mir durch.

„Victoria hilf mir!". Erik versucht sich von der Kreatur zu lösen. Doch sie hält ihn fest und beißt ein Stück nach dem anderen aus seinem Hals. Die schrie verstummen und Erik sackt regungslos auf den Boden. Die Kreatur richtet sich weiter auf und kommt auf mich zu. Ich erwache aus meiner Starre und stehe von dem Stuhl auf. Als das Biest direkt vor mir stand wollte ich weglaufen, doch es hält mich fest, weswegen ich zu stolpern beginne und hinfalle. Sowas hat mir grade noch gefehlt. Ich liege auf dem Boden und greife nach einem Skalpell. Mehrmals steche ich in den Oberkörper von diesem Ding, doch es lies nicht von mir ab. Erst als ich in dessen Kopf steche.

Ängstlich und zitternd trete ich das Ding von mir und will zu Erik laufen. Doch dieser richtet sich bereits auch wieder auf. Er hat genau denselben leeren Blick und das gurgeln dieses Monsters. Voller Panik und mit dem Skalpell fest in meiner Hand laufe ich aus dem Keller hoch. Doch was meine Augen dort erblicken ist um einiges schlimmer. Menschen werden zerfetzt. Schreie hallen durch die Gänge. Tote werden gefressen. Das alles ist wie in einem schlechten Film. Ich hoffe aufzuwachen, doch es passiert nicht. Jetzt weiß ich, dass mein Bauchgefühl doch Recht hatte, was diesen Tag berifft.

Bereit zu sterben - Daryl Dixon Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt