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Gelangweilt wartete sie, bis der griesgrämige Professor ihr die Tür öffnete und dann zurücktrat, um sie einzulassen. Sie war erst ein einziges Mal zum Nachsitzen hier gewesen und das war bereits ein paar Jahre her. Damals hatte sie dermaßen verschlafen, dass sie fast eine Stunde zu spät in seinen Unterricht geplatzt war, da sie keiner ihrer Mitbewohner geweckt hatte, was sie heute noch immer verwunderlich fand. 

Sie ging zu dem Stuhl vor seinem Schreibtisch, setzte sich und holte Feder und Pergament hervor, in der Erwartung, einen Aufsatz schreiben zu müssen. Snape beobachtete das alles unkommentiert mit hochgezogener Augenbraue. Dann ging er ebenfalls zu seinem Schreibtisch und ließ sich ihr gegenüber nieder.

Er griff unter die Tischplatte und legte ihr ein unordentlich beschriebenes Blatt Pergament hin, das sich bei genauerer Betrachtung als der Prototyp ihres Rezeptes herausstellte. Unsicher sah sie ihn an. Unverwandt blickte er zurück. Vorsichtig streckte sie ihre Hand aus und als er sie nicht stoppte, nahm sie das Blatt Pergament und zog es zu sich heran. Liz ließ ihre Augen über die unordentlichen Wörter huschen und ließ das Rezept schließlich wieder auf den Tisch segeln. 

Unsicher darüber was sie tun sollte faltete sie die Hände auf dem Tisch und betrachtete die Maserung des Tisches. Die Stille hielt einige Minuten an, bis Snape seufzte und ebenfalls die Hände ineinander verschränkte. Zwei Sekunden später richtete er sich wieder auf und nahm das Rezept zurück auf seine Seite des Tisches. Auch er warf einen kurzen Blick darauf, bevor er es sinken ließ und sie wieder ansah. "Es ist bemerkenswert." Ungläubig sah sie auf, konnte sich nicht vorstellen, dass diese Worte aus seinem Mund gekommen waren. Sie erwartete Spott in seinen Augen jedoch sah er sie ernst an.

"Miss Colan, sehen sie mich nicht an, als würde ich sie auf den Arm nehmen. Über so etwas pflege ich nicht zu scherzen. Es ist mein Ernst. Das Rezept ist nicht perfekt, aber es ist trotzdem erstaunlich. Es sind Fehler vorhanden, aber die kann man beheben." Aufmerksam schaute Liz ihn an. Sie hatte erwartet, dass er ihr wenigstens Punkte abzog. 

Unverwandt schaute er in ihre Augen. Nach einigen Sekunden brach er das Schweigen erneut. "Sie können sich sicher sein, dass ich das nicht oft sage, aber sie haben Talent. Ich wäre ein schlechter Lehrer, wenn ich dies nicht unterstützen würde." Sprachlos sah sie ihn an. Wo war der fiese Zaubertranklehrer abgeblieben? Kein spöttischer Kommentar, keine Sticheleien, nichts. 

"Ihre Aufgabe wird es sein, es neu abzuschreiben und Fehler zu beheben." Er nickte zu ihrer Feder und erhob sich dann, um in einem Nebenraum zu verschwinden. Liz schraubte ihr Tintenfass auf und tauchte die Feder hinein. Dann setzte sie diese auf das raue Pergament und ein paar Sekunden war das Kratzen der Feder zu hören, als sie in geschwungenen Buchstaben "Antiveritaserum" auf das Pergament schrieb. Diese Überschrift hatte auf ihrem ersten Schmierzettel gefehlt. Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie ihre Worte noch einmal las. Es war vielleicht kein sehr kreativer Name, doch wusste man auf Anhieb, was gemeint war.

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ein schweres, in schwarzem Stoff eingebundenes Buch mit einem dumpfen Laut neben ihr auf dem Tisch landete. "Das können sie sicher gebrauchen, um Wechselwirkungen nachzuschlagen." Sie erschrak leicht, da sie nicht gedacht hatte, dass er so schnell zurückkommen würde. 

Er ging um seinen Schreibtisch herum und ließ sich mit einer eleganten Bewegung ihr gegenüber am Schreibtisch nieder. Mit einem Schwung seines Zauberstabes erschien ein Stapel Arbeiten, die er zu korrigieren begann. Sie schlug das dicke Buch auf und hielt die Luft an, als sie die Initialen im Buch las. Vorsichtig schielte sie zu Snape, der in aller Seelenruhe Aufsätze korrigierte. Hatte er ihr tatsächlich eines seiner privaten Bücher gegeben?

Sie erinnerte sich daran, als sie in seinem Wohnzimmer gewesen war, an dem Tag, an dem sie ihn nach dem Wolfsbanntrank gefragt hatte. Er hatte es ihr strengstens untersagt eines der Bücher auch nur anzufassen. Mit größter Vorsichtig blätterte sie die Seiten um, bis sie fand wonach sie gesucht hatte. Das Buch war umfangreicher als die meisten, die sie besaß und sie war dankbar, dass sie es benutzen durfte, da es viel detaillierter war als ihres. Eine Weile war nur das Kratzen von Federn auf Pergament zu hören und es war fast schon angenehm. Kurzzeitig vergaß sie sogar, dass sie eigentlich nachsitzen musste und nicht zum Spaß hier war, aber besser konnte sie selbst in ihrem Schlafsaal nicht an ihrem Projekt arbeiten.

Shades of Darkness - Severus SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt