ZEIG MIR DEINE WELT

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FORTSETZUNG....

*Annemarie*

„uns hier jemand sieht? Wir befinden uns hier direkt in der Münchener Innenstadt?" „Ach, quatsch uns sieht schon keiner. Und wenn ich Sophia umarm, wäre es komisch dich nicht zu umarmen.", flüsterte er mir ins Ohr. Automatisch zog ich ihn an mich. „Du bringst mich noch um den Verstand, weißt du das?", flüsterte ich Wincent zu.  „So Leute, ich schlage mal vor, dass ich das Essen abhole und ihr beide schon mal zum Auto geht." „Alles klar Sophia, dann gib mir mal deine Tüten, ich nehme sie schon mit.", sagte ich zu ihr. Sophia übergab mir ihre 6 echt vollen Tüten. Wie ein Packesel ging ich neben Wincent her. „Gib mir mal was ab, was sollen die Menschen denn denken? Ich lass doch meine Freundin nicht die Einkäufe tragen." Wincent blieb stehen und ich drückte ihm Sophias Tüten in die Hand. „Freundin, hmm?", ging ich auf Wincent Satz ein. „Naja, vielleicht bist du jetzt noch nicht meine Freundin, aber ich hoffe das ändert sich bald." Ich ließ das ganze unkommentiert. Jedoch gefiel mir der Gedanke unheimlich gut. Ich grinste Wincent glücklich an. Am Auto angekommen, machte Wincent seinen Kofferraum auf, sodass wir die Tüten dort platzieren konnten. Wincent machte keine Anstalten, ins Auto zu steigen, denn er lehnte sich lässig dran. „Sollten wir nicht besser einsteigen?", fragte ich ihn deswegen etwas verwirrt. „Besser wäre es vermutlich schon, aber dann könnte ich dich nicht so gut küssen." Mit diesen Worten zog er mich an sich ran. Kein Blatt passte mehr zwischen uns. Meine Gedanken waren wie von einem Nebelschleier durchzogen. Jegliche Angst gesehen zu werden, war wie erloschen. Meine Augen sahen nur noch die dunkelbraunen Augen von Wincent. Seine Augen leuchteten. Unsere Lippen fanden wie von selbst zueinander. Ich ließ meinen Gefühlen freien Lauf und versuchte, Wincent alles in diesem Kuss zu zeigen. Das wir mitten in der Münchener Innenstadt standen, war uns beiden völlig egal. „Ernsthaft?" Sophias Worte brachten uns ins Hier und Jetzt zurück. „Ich bringe euch aus der Schussbahn, weil ich bemerke, dass Annemarie sich nicht ganz wohl fühlt und was treibt ihr? Ihr habt nichts besseres zu tun, als am Marienplatz eng umschlungen rumzuknutschen. Wincent gerade, dir sollte doch bewusst sein, wie schnell so eine unüberlegte Tat am nächsten Tag in der Zeitung steht.", beendete Sophia ihre Predigt. Sophia hatte absolut recht. Wie konnte ich nur so dumm sein. Was, wenn das jemand gesehen hatte und es wirklich morgen in der Zeitung war. Wer würde das alles mitbekommen und erkannte man mich. Gefangen in meinen Gedanken stieg ich ins Auto ein. Die Fahrt zum Studio war recht ruhig. Sophia und Wincent unterhielten sich über belanglose Dinge. Doch ich war gefangen. Gefangen in meinen Gedanken. Was wäre wenn. An jeder roten Ampel spürte ich den besorgten Blick von Wincent auf mir ruhen. Ich konnte ihn einfach nicht erwidern. Meine Gedanken und sein Blick schnürten mir die Kehle zu. In meinen Gedanken sprach ich immer wieder zu mir selbst. Beruhige dich Annemarie. Es ist nichts passiert. Ihr habt euch einfach nur geküsst. Fang jetzt nicht an zu weinen. Nicht hier und nicht jetzt. Es gibt keinen Grund dazu. Ich atmete tief ein und aus und probierte meine aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Durch mein Gedankenkarussell habe ich gar nicht wahrgenommen, dass wir bereits am Studio angekommen waren. Erst als Wincent sich an Sophia wandte, schreckte ich leicht auf. „Sophia, geh doch schonmal nach oben. Fangt gerne schon mal an zu essen. Wir kommen auch gleich. Aber wir brauchen einen Moment für uns alleine." Keine Minute später saßen wir alleine im Auto. „Es tut mir leid, ich habe unüberlegt gehandelt. Ich habe dich unnötig in Gefahr gebracht. Trotzdem bereue ich es nicht. Es war schön dich genau da unter all den Menschen zu küssen. Du schaffst es immer wieder, mir ein Gefühl von Freiheit zu vermitteln. Mit dir fühle ich mich endlich, wie ein 29 jähriger, der sich gerade hardcore in die schönste und bezaubernste Frau verliebt und es am liebsten jeden auf der Welt zeigen würde. Und trotzdem weiß ich, dass ich damit einen Fehler gemacht habe. Es tut mir wirklich leid." „Es war auch alles okay. Ich habe in dem Moment selber nicht nachgedacht. Ich war einfach glücklich, als du gesagt hast, du könntest dir mehr mit mir vorstellen. Da habe ich auch alles ausgeblendet. Erst als Sophia kam, bin ich wieder im Hier und Jetzt gelandet. Und irgendwie hat mir ihre Aussage Angst gemacht." „Magst du darüber reden, was genau dir Angst gemacht hat?", fragte Wincent ruhig. „Ich habe Angst, dass wenn ein Foto von uns entstanden ist, schneller über und urteilen, als wir selber eine Meinung über uns gebildet haben. Die Öffentlichkeit gehört bei dir dazu. Ich weiß, jedoch lebst du da schon seit Jahren mit. Für mich ist das alles neu. Wincent. Ich will dich nicht verlieren, nicht wegen so einem banalen Grund.", gab ich zu. Mein Mund fühlte sich immer trockener an. Mir war nicht ganz wohl bei der Sache. Aber ich wusste, nur wenn man über etwas redete, kann man Probleme aus dem Weg räumen bzw. diese gar nicht entstehen lassen. „Ja, ich verstehe dich da total. Vermutlich war ich nicht vorsichtig genug. Ich will nicht, dass du Angst bekommst. Ich bin nicht so gut im reden. Deswegen bin ich vermutlich auch Musiker geworden. Ich habe vor ein paar Jahren mal einen Song geschrieben ich glaube, dieser passt gerade wie kein anderer in unserer Situation.", kam es leise von Wincent. „Was für ein Song?", fragte ich interessiert. „Er heißt, Was die Menschen nicht wissen." Gerade als ich Wincent fragen wollte, worum es in diesem Lied genau ging, fing er leise an zu singen.
„Was die Menschen nicht wissen
Können sie nicht ruinieren
Was die anderen so sagen
Muss dich nicht interessieren
Und was die Menschen nicht wissen
Können sie's nicht kapieren
Was hier zwischen uns abgeht
Gehört nur dir und mir"
Schon während der zweiten Zeile konnte ich meine Tränen nicht länger zurückhalten. Leise lief eine Träne nach der nächsten über meine Wangen. Er legte so viel Gefühl in seine Stimme. Zum ersten Mal nahm ich bewusst wahr, wie gut er wirklich sang. Fasziniert sah ich ihn an. Wincent umfasste schließlich mein Gesicht mit seinen weichen Händen. Wie von selbst schnallten meine Hände mich ab. Wincent strich mir immer wieder über meine nassen Wangen. Dabei zog er mich immer dichter zu sich heran. Bis sich unsere Lippen fast berührten. „Was hier zwischen uns abgeht, gehört nur dir und mir.", wiederholte Wincent leise. „Ann, lass die anderen reden. Nur wir beide wissen, was wir sind oder nicht sind. Lass Sophia reden oder Kevin oder ganz fremde Personen, denn alleine wir beide wissen, was wir aneinander haben. Höre nicht auf andere. Sollte morgen oder die Tage irgendwo ein Foto von uns auftauchen, werde ich es löschen lassen, versprochen. Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen. Ja, ich bin in gewisser Maßen ein Promi und stehe in der Öffentlichkeit. Aber ich will dich da auf keinen Fall mit reinziehen. Es ist mein Leben nicht deins. Und nur weil wir, wenn wir uns füreinander entscheiden ein Paar sind, heißt es nicht, dass ich meine Beziehung in die Öffentlichkeit tragen möchte." Wincent Worte so nah an meinen Lippen ließen mich schlucken, jedoch musste ich immer mehr grinsen. Meine Tränen waren getrocknet. „Danke, dass du so viel Rücksicht auf mich nimmst. Und ja, du hast recht. Es geht nur uns beiden etwas an. Ich bin froh, dass du es genauso siehst wie ich. Auch finde ich es schön, dass du in der wir Form sprichst. Ich kanns nur immer wieder sagen. Wincent, ich verliebe mich immer mehr in dich. Jede Sekunde, die wir zusammen verbringen. Du bist das, wonach ich nicht gesucht habe,  aber mich immer nach gesehnt habe. Du bist mein Perfect Match. So schnell lass ich dich nicht mehr aus meinem Leben. Lass uns sehen, wohin das mit uns hinführt.", überglücklich beendete ich meinen Redeschwall und küsste ihn. „Weinst du schon wieder?", fragte Wincent mich, als wir den Kuss beendet hatten. „Scheint so." „Küsse ich so schlecht?", grinste Wincent mich an. „Nein, ich bin nur so glücklich. Das waren Freudentränen." „Ich bin auch so glücklich mit dir. Komm, lass uns reingehen."

Als wir ins Studio kamen, guckten uns alle fragend an. Wincent entschärfte die Sache ziemlich schnell. „Alles gut, wir brauchten eben einen kleinen Moment für uns." Kevin sah mich weiterhin an. Vermutlich sah man noch meine roten Wangen. „Geht es dir gut, Annemarie? Du siehst aus, als hättest du bitterlich geweint.", fragte er schließlich. Sofort erinnerte ich mich an die Situation am Auto zurück. Ich konnte nur nicken und ein knappes, „Ja, alles bestens.", von mir geben. Ich wollte nicht schon wieder in Tränen ausbrechen. Schließlich hallte der Song und das Gesprochene immer noch in meinem Kopf nach.
Etwas unbeholfen stand ich in der Küche. Ich wusste nicht so recht, wo ich mich hinsetzten sollte, da sich alle gut ausgebreitet haben. Wincent schien einen siebten Sinn dafür zu haben. Als würde er genau bemerken, was gerade in mir vorging, zog er mich mit zum Tisch. Zusammen setzten wir uns zu Fabi und Sophia auf die Bank. Der Burger, den Wincent mir empfohlen hatte, schmeckte himmlisch. Jedoch war dieser so mächtig, dass ich gerade mal die Hälfte schaffte. Wincent hingegen, hatte seinen bereits aufgegessen. „Möchtest du meinen Rest? Ich bin satt.", fragte ich ihn. „Aber nur, wenn du wirklich satt bist." „Ja, bin ich. Sonst würde ich noch essen.", antwortete ich ihm.  Auch diesen verschlang Wincent. Nach dem Mittagessen verkrochen sich alle wieder in den einzelnen Räumen. Auch Kevin, Wincent und ich verließen die Küche und gingen in einen Raum. Dort stand ein relativ großes Sofa, sowie ein Schreibtisch, ein Mikrofon und ein Klavier. Sofort juckte es mir in den Fingern. Wie lange hatte ich schon nicht mehr gespielt. „Wincent?" „Ja?" „Funktioniert das Klavier?" „Na klar, warum sollte es nicht funktionieren?", fragte Wincent verwirrt. „War nur so eine Frage, darf ich nachher mal spielen? Ich weiß nicht, ob ich das noch kann.", fragte ich schüchtern. „Na klar, wenn du willst, kannst du dich auch jetzt dran setzen. Bis wir hier startklar sind, dauert es noch etwas." Jetzt gab es wohl kein zurück mehr. Kevin und Wincent verließen nochmal den Raum. Ich gab mir einen Ruck. Kurz darauf fing ich an zu spielen.

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