*Annemarie*
Als ich aufwachte, spürte ich meinen linken Arm nicht mehr. Die Nacht auf der Couch zu verbringen war wohl nicht die beste Idee. Ich richtete mich auf und stelle fest, dass Wincent gar nicht mehr neben mir lag. Hatte ich nur geträumt? Nein, ich hörte seine Stimme aus der Küche. Leise stand ich auf und ging in die Richtung.
"Amelie, bitte. Du musst mir helfen... Was soll ich denn machen? Sie alleine lassen? Du weißt ganz genau, dass ich das nicht kann... Amelie, das geht nicht. Wie soll ich mich denn dann konzentrieren?... Meinst du, ich bin einfach so gestern Nacht nach Berlin geflogen?... Hey, du bist meine beste Freundin und kennst mich am besten. Ich... Ja..."
Worum ging es? Wovon versuchte er Amelie zu überzeugen?
Ich sah ihm seine Verzweiflung direkt an und als er sich mit der Hand durch die Haare fuhr, wäre ich am liebsten zu ihm gegangen. Allerdings schien er meine Anwesenheit noch nicht bemerkt zu haben und ich wollte ihn nicht stören. Scheinbar war das Telefonat mit Amelie sehr wichtig für ihn.
"Hast du eine bessere Idee?... Ich weiß, dass du arbeiten musst. Geht mir ja auch nicht anders... Kann Anna nicht... Ja, verstanden... Ich glaube, ich habe Franzis Nummer noch gar nicht und ich werde ganz sicher nicht einfach an Anns Handy gehen... Das wäre super lieb, danke..."
Es herrschte eine ganze Weile Stille und ich hätte gerne gewusst, was Amelie ihm für einen Vortrag hielt. Offensichtlich nichts, was er gut fand.
"Ich kann dir nichts versprechen, das weißt du... Mir ist bewusst, dass der Auftritt nichts für die leichte Schulter ist... Wie gesagt, ich versuche es, okay? Mehr kann ich nicht tun... Ich versuche es mal bei Franzi. Danke fürs Zuhören und Quatschen... Ja, wir sehen uns nachher. Pünktlich." Er verdrehte die Augen und ich musste schmunzeln. "Bis dann."
Wincent nahm das Handy vom Ohr und legte es auf die Arbeitsplatte. Dann drehte er sich um und sah mich mit einer Mischung aus Überraschung und Freude an.
"Guten Morgen. Du bist ja wach", sagte er und lächelte mich an.
"Ja."
Er kam zu mir und küsste mich kurz. "Frühstück?"
Ich nickte und Wincent deutete auf die Arbeitsplatte, wo schon Essen bereit stand. Ich lächelte ihn an und ging zum Tisch, während er die Sachen holte.
"Wie hast du geschlafen?", fragte er und setzte sich zu mir.
"Ganz okay, aber die Couch ist nicht unbedingt so super bequem", gab ich zu.
Wincent grinste. "Naja, heute Abend wird wieder im Bett geschlafen."
Ich nickte. "Was war das mit Amelie?", stellte ich die Frage, die mich gerade beschäftigte.
Er schaute mich kurz an, aber eine Antwort bekam ich nicht.
"Hey, was hast du wieder gemacht?"
"Noch gar nichts", erwiderte er. "Und ich sag es dir, sobald ich fertig bin."
Ich beließ es erst einmal dabei, denn er würde eh nicht eher mit der Sprache rausrücken. Nach dem Essen räumte ich die Küche auf, während Wincent den Raum verließ und wieder telefonierte. Mit wem, hörte ich leider nicht, vermutete aber Franzi.
"Und?", fragte ich, als er wieder in die Küche kam.
"Du hast heute einen Mädelsvormittag mit Franzi und heute Abend gibt es eine Überraschung."
"Ähm... woher weißt du, dass ich frei habe?"
"Connections." Er grinste mich an. "Nimm es einfach an, okay? Franzi weiß Bescheid und ich will keine Diskussionen darüber führen."
"Okay." Was hatte er gemacht? Er sagte das ganz sicher nicht umsonst.
"So, jetzt ab anziehen. Dein Taxi ist gleich da."
"Und du?", fragte ich.
"Ich werde auch gleich von Amelie zu einigen Interviews abgeholt. Arbeit halt."
"Okay." Ich verschwand im Badezimmer und machte mich fertig. Ein einfaches Outfit sollte ja reichen, wenn ich nur mit Franzi unterwegs war. Also zog ich Jeans und T-Shirt an, so unauffällig wie möglich halt.
Als ich aus dem Bad kam, stand Wincent im Flur und schien auf mich zu warten.
"Du siehst toll aus", sagte er und küsste mich.
"Danke."
Er reichte mir meine Jacke und eine Tasche. "Viel Spaß und genieß den Tag."
"Ich versuch es", antwortete ich.
"Nein, du wirst es tun. Für mich, okay?"
"Okay." Ich küsste ihn, bis uns die Klingel unterbrach.
"Bis später", verabschiedete Wincent mich.
Ich drückte ihm meinen Zweitschlüssel in die Hand, bevor ich mich auf den Weg nach unten machte. So langsam nervte mich der Gipsfuß so richtig. Vielleicht müsste ich mal mehr wie Wincent sein, der auf eigenen Wunsch inzwischen nur noch eine Schiene trug. Mehr Physiotherapie hieß auch weniger Arbeit. Eigentlich eine gute Idee.
Unten angekommen, blieb ich wie angewurzelt vor der Tür stehen. Das war jetzt nicht sein Ernst. Deswegen seine ganzen Andeutungen. Wenn es nicht so unglaublich süß wäre, hätte ich ihm jetzt einige Takte erzählt.
"Guten Morgen", begrüßte mich Franzi, die grinsend aus Wincents Auto stieg. "Schau nicht so, sondern komm. Wir haben ein volles Programm."
Sie nahm meine Hand und ich konnte gar nicht anders, als ihr zu folgen. Die Tür wurde von außen geschlossen und dann setzte sich ein junger Mann hinters Steuer und fuhr los.
"Das ist Wincents neuer Fahrer", erklärte mir Franzi. "Und wir zwei werden jetzt ganz viel Spaß haben. Du wirst es lieben. Trotz Gips."
"Oh je, wenn du so anfängst, hab ich Angst", gab ich zu.
Franzi lachte. "Musst du nicht. Dein Schatz hat alles organisiert. Dir kann also gar nichts passieren. Und bitte schalte deinen Kopf aus, okay?"
"Ich versuch es. Allerdings beruhigt es mich nicht unbedingt, wenn Wincent die Oberhand hatte", lachte ich. Immerhin kannte ich meinen Chaot.
"Ach, ich hab eventuell ein bisschen nachgeholfen. Alles in Ordnung, wirklich."
"Na gut. Dann auf einen schönen gemeinsamen Tag", sagte ich und grinste Franzi an.
Ich war mir nur nicht ganz sicher, wer am Ende mehr Spaß hatte. Meine beste Freundin schien auf jeden Fall Feuer und Flamme zu sein.
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Wir sind mittendrin
FanfictionUnsere erste Begegnung war zwar nicht lang, aber dafür intensiv. Vergleichbar mit einem Branding auf meinem Herzen. ...