BIN ANGEKOMMEN BEI DIR UND MIR

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*Wincent*
»Kannst du wirklich nicht vorbeikommen? Ohne dich ist es nur halb so schön.«, schrieb ich meiner Freundin bereits zum dritten Mal. Auf die Antwort musste ich nicht lange warten.
»Sorry mein Schatz. Ich würde so gerne. Aber ich muss morgen arbeiten. Ich liebe dich.«
»Ich weiß. Dein Chef wird mir immer unsympathischer. Ich liebe dich auch. Trotzdem hätte ich dich gerne heute hier.«
»Ach Wince. Genieß den Abend. Wir sehen uns ja morgen und das ganze Wochenende. Ich lege jetzt mein Handy weg, bin baden. Nicht, dass ich es ausversehen in der Badewanne versenke.«
Gerade als ich mein Handy weglegen wollte schickte mir Ann ein Selfie von sich aus der Badewanne. Ich grinste in mein Handy hinein. Was hatte ich nur für eine hübsche Freundin?
"Alter, was grinst du denn so?", fragte Mats neben mir.
Hektisch schaltete ich mein Handy aus. Das Bild war nicht für Mats Augen bestimmt. "Nichts. Habe gerade nur mit Annemarie geschrieben."
"Und deswegen wirst du so hektisch? Gib es zu, ihr habt euch schmutzige Gedanken hin und her geschickt?", fragte er.
"Nein, dass ist es nicht. Aber du musst auch nicht alles sehen", gab ich zu.
"Ach dann waren es Bilder", lachte Mats.
Ich wurde rot. Erwischt. Nur nichts anmerken lassen. Doch Mats hat sich mittlerweile schon wieder umgedreht. Glück gehabt.
Kurz sah ich auf die Uhr. Es war halb 11, wenn Annemarie morgen arbeiten wollte, warum war sie dann noch nicht im Bett. Vielleicht war sie genauso nervös wie ich. Ich holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und gesellte mich zu Kevin, Fabi und Franzi, die extra aus München hergekommen sind. Von Ann hörte ich nichts mehr. Vermutlich war sie doch schon eingeschlafen. Ich trank das ein oder andere Bier und quatschte gefühlt mit jedem. Um kurz vor 12 tippte mir mein Lieblingszwerg aka Franzi auf die Schulter.
"Es wird Zeit für deinen Livestream", säuselte sie mir ins Ohr.
Sie hatte recht. Meine Fans waren es gewohnt. Ich schnappte mir Amelie und Mats und ging ins Büro. Schnell baute ich weniger professionell mein Handy auf. Naja wird schon halten. Ich fühlte mich schon ganz schön betrunken. Ich hoffte man merkte es gleich im Live nicht, dachte ich mir. Ich atmete noch einmal tief durch und startete dann den Livestream.
"Moin Leute", begrüßte ich die ersten. Ich redete wieder einfach drauf los. Amelie schien schon wieder verzweifelt mit mir zu sein. Doch es war mir egal. Heute war ein guter Tag. Naja bis auf die Tatsache, dass meine Freundin nicht hier war. Immer wieder kamen neue Leute dazu. War das gerade Anns Account, der neu beigetreten war? Kurz brachte mich das aus dem Konzept. Als ich auch noch gegen den Tisch stieß und mein Handy umfiel, war ich ganz raus. Zum Glück wussten meine Fans, dass ich es mit Technik nicht so wirklich hatte. Die letzten Minuten vor dem Albumrelease standen an. Ich wurde immer hibbeliger. Moment? War das nicht gerade Annemaries Stimme? Jetzt bekam ich auch schon Halluzinationen - weniger Alkohol, Herr Weiss, erinnerte ich mich selbst. Mitternacht. Endlich war das Album draußen. So lange haben wir auf diesen Tag hinaus gearbeitet und nun ist er endlich da. Ich bin überglücklich. Im Hintergrund hört man immer wieder Klänge meiner Musik und Stimmen von den anderen. Ich quatschte noch ein bisschen mit meinen Fans und beschloss dann wieder, rüber zu gehen.
Das Mats sein Handy raus nahm, realisierte ich gar nicht. In der Tür blieb ich wie angewurzelt stehen. Das kann doch nicht sein. Ich habe mich doch nicht verhört. Da stand Annemarie, zwischen all meinen Freunden.
"Ann", flüsterte ich. "Du bist ja hier."
Alles um uns herum war still. Ich war noch völlig unfähig mich zu bewegen. Annemarie kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Kurzentschlossen drückte ich Amelie meine leere Bierflasche in die Hand und nahm Annemarie fest in die Arme.
"Überraschung", flüsterte sie mir ins Ohr. Augenblicklich bekam ich eine Gänsehaut.
"Happy Releaseday mein Schatz. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich so ein wichtiges Ereignis in deinem Leben verpassen möchte."
Ich zog sie noch dichter in meine Arme. "Du bist einfach unglaublich. Danke. Du bist doch verrückt. Du musst doch in ein paar Stunden arbeiten." Ich konnte es immer noch nicht fassen.
"Nein, muss ich nicht. Ich habe frei. Lass uns nun zusammen feiern." Annemarie drehte sich um. Jedoch hielt ich sie immer noch fest. Heute würde ich sie nicht mehr loslassen. Sie machte mich einfach zum glücklichsten Menschen auf der ganzen Welt.
"Danke Leute, dass ihr mir geholfen habt. Ohne euch hätte es bestimmt nicht so gut funktioniert." Wie? Jetzt verstand ich gar nichts mehr. 
"Ihr...", doch weiter kam ich nicht. Da mir komplett meine Worte fehlten.
"Ihr wusstet das?", setzte ich nochmals an.
Alle nickten. "Ja, wir waren uns nicht sicher, ob es dir aufgefallen war, dass Paul und Lisa kurz mal weg waren, deswegen habe ich dich schnell mit dem Livestream abgelenkt", lachte Franzi.
"Du...kleiner...Giftzwerg", probierte ich Franzi zu drohen. Doch alles lachte um mich herum.
Ann drehte sich wieder zu mir um. "Ich bin froh, dass die Überraschung geklappt hat. Und danke nochmal an euch, für das Fahren. Komm lasst uns anstoßen."
"Oh ja. Endlich bin ich euch für eine längere Zeit los. Keine Spritzen, kein ‚Ich kann nicht arbeiten, wenn Ann nicht da ist'-Gejammer. Das sollte gefeiert werden", sprach Kevin in die Runde und hielt sein Bier hoch.
"Auf eine wincentfreie Zeit", setzte er noch hinterher.
Alle stießen miteinander an. Nur Ann und ich hatten gerade nichts zu trinken in der Hand, doch das störte uns nicht. Wir hatten uns. Ich lehnte mich an dem Türrahmen und zog Ann zu mir ran.
"Ann, danke für deine Geduld mit mir. Ich weiß, du hast es nicht immer leicht mit mir. Und trotzdem bist du da. Ich liebe dich. Da nun die Fahrten nach München erstmal wegfallen, habe ich auch mehr Zeit für dich. Danke, dass du immer für mich da bist. Bei dir bin ich angekommen und deshalb widme ich dir das Album. Es ist für dich. Ich liebe dich über alles."
"Wince...ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Es... Es ist doch dein Album. Dein Baby. Danke... Ich liebe dich auch. Du bist mein Anker. Überall wo du bist, fühle ich mich zu Hause."
Unsere Lippen trafen sich automatisch. Der Kuss war stürmisch, aber auch zärtlich zugleich.
Ann war die Person, die ich irgendwann heiraten würde. Da war ich mir ganz sicher.
"Ann, Wince kommt ihr auch? Oder wollt ihr euch gleich ein Zimmer nehmen? Lasst uns feiern. Die Klamotten vom Lieb reißen, könnt ihr auch zu Hause", grölte Mats.
Ann und ich grinsten uns kurz an. Kurz gab ich ihr noch einen letzten Kuss auf die Stirn. Zusammen gingen wir zu den anderen.
Mittlerweile war die Crew auf Kurze umgestiegen. Auch wir stießen immer wieder mit den unterschiedlichsten Leuten an. Die Stunden vergingen wie im Flug. Gegen 4 Uhr morgens machten Ann und ich uns auf dem Weg zu ihr nach Hause.
Ann versuchte immer wieder die Haustür aufzuschließen, doch versagte. Ich stand dicht hinter Ann. "Kann man dir helfen, schöööhne Frau?", lallte ich.
"Duhu kannst nicht mal selber stehen. Ich bekomm das schon hin." Prompt ließ sie den Schlüssel fallen.
Ich lachte kurz auf. "Sicher?" Ann hob den Schlüssel wieder auf. Gerade als Ann wieder den Schlüssel Richtung Schloss bringen wollte, zog ich sie eng an mich. Ich drehte sie um und drückte Ann gegen die Tür.
"Wince...was soll das? Was ist, wenn uns hier draußen jemand sieht?"
Doch meine Vernunft war wie ausgeschaltet. Ich wollte Ann. Und das am liebsten hier und jetzt.  "Wer soll uns schon sehen. Es ist mitten in der Nacht."
"Trotzdem. Lass uns das nach drinnen verlegen."
"Treppenhaus?", fragte ich sie freudig. Meine Gedanken spielten völlig verrückt. Doch Ann verpasste mir direkt einen Dämpfer.
"Nein, drinnen in meine Wohnung. Die ersten gehen gleich los zur Arbeit. Ich will von keinem aus dem Haus erwischt werden", lachte sie.
"Na gut. Dann gib mir jetzt den Schlüssel. Zielen kann ich", gab ich siegessicher von mir.
Widerwillig gab sie mir den Schlüssel. Und wer hätte es gedacht. Ich traf das Schloss auf Anhieb. Stolz schaute ich sie an, bevor ich den Schlüssel umdrehte. Im Vorderhaus hörten wir bereits Schritte.
Ann hatte Recht. Die ersten gingen wohl bereits zur Arbeit. Naja, wir kamen von der Arbeit.
Oben bei ihr angekommen, ließen wir die Tür ins Schloss krachen. "Ups, das war vielleicht etwas laut." Entschuldigend sah ich sie an.
"Passiert. Die Hälfte des Hauses ist bestimmt eh bereits wach."
Ann zog ihre Schuhe aus und ich tat es ihr gleich. Kurz verlor ich mein Gleichgewicht und hielt mich an Ann fest. Wir beide prusteten los.
"Meinst du wirklich, wenn du fällst, dass ich dich auffangen könnte?"
"Das vielleicht nicht, aber wenn ich dich mitgerissen habe, dann falle ich vielleicht sanfter."
"Du bist so ein Spinner."
"Das sagst du mir öfter und so langsam glaube ich dir das", witzelte ich.
"Schön. Wenigstens etwas."
"Aber weißt du, was noch schöner ist?"
"Was denn?"
"Dass ich dein Spinner bin." Ich grinste und gab Ann einen Kuss, den sie direkt erwiderte.
Die Küsse wurden immer leidenschaftlicher und so leitete ich Ann in Richtung Schlafzimmer.

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