*Annemarie*
Waren wir gestern etwa ernsthaft nach der zweiten Runde so eingeschlafen? Kurz hob ich die Bettdecke, ja eindeutig. Weder ich noch Wince hatten etwas an. Das darf Franzi nie erfahren. Aber so wie ich Wincent kenne, wird er das nach 1-2 Bier locker in der Runde ausplaudern, wie dumm wir uns angestellt haben.
„Guten Morgen Babe", hörte ich es neben mir brummen.
„Guten Morgen. Wie spät ist es? Müssen wir uns schon fertig machen für das Studio?"
„Ann, stell nicht so viele Fragen vor dem ersten Kaffee. Lass mich erstmal wach werden", kam es eine Spur zu genervt von Wincent.
„Ich habe dir nichts getan, okay?", blaffte ich ihn an. Eigentlich war das gar nicht meine Art, aber irgendwie regte er mich gerade tierisch auf.
Genervt griff ich nach meinem Handy. Angestrengt versuchte ich, auf mein Handy zu starren. Wincent machte es mir jedoch nicht besonders leicht, ernst zu bleiben. Er kuschelte sich immer dichter an mich an und sah mich mit seinen rehbraunen Augen an. „Guck nicht so."
„Wie gucke ich denn?", fragte er unschuldig.
„Das weißt du ganz genau", grinste ich. Ich konnte einfach nicht länger ernst dabei bleiben.
„Nöö, ich bin völlig unschuldig."
„Bei diesem Blick, kann man dir nicht lange böse bleiben." Ich legte mein Handy wieder zur Seite und drehte mich zu Wincent. „Guten Morgen, mein kleiner Brummbär", startete ich einen zweiten Versuch.
„Guten Morgen", hauchte mir Wincent immer noch etwas verschlafen entgegen.
„Muss ich dir wirklich erst einen Kaffee machen, bevor du mir verrätst, was heute ansteht?" „Vielleicht...oder du gibst mir mein Handy."
„Echt jetzt? Das liegt neben dir. Du bist heute ganz schön frech." Da ich aber viel zu ungeduldig war, um dieses Spiel oder was auch immer das von Wincent war länger mitzumachen, robbte ich mich schließlich über Wincent und griff nach seinem Handy. „Hier."
Genervt schmiss ich ihm das Handy auf seine Brust. „Guck doch selber rein."
„Ach witzig und wie? Ich kenne deinen Code nicht." Ich schaute Wincent genervt an. Was war denn mit ihm los heute? Also ich wusste ja schon, dass er kein Morgenmensch war, aber so habe ich ihn noch nicht erlebt. Es wirkte fast, als suchte er nach Streit. Wenn er damit auf gestern anspielte, dann konnte er das direkt vergessen.
„1993", kam es stumpf von Wincent. „Dein Ernst? Wie einfallslos ist das denn?"
„Mir fiel halt keine andere Zahl ein, die ich mir gut merken kann", verteidigte er sich direkt. „Mathe ist nicht gerade meine Stärke. Vielleicht wird es ja irgendwann mal unser Hochzeitstag", murmelte er und kuschelte sich wieder ins Kissen. War das jetzt ernst gemeint oder war er noch nicht ganz wach? Ich schob den Gedanken zur Seite und tippte einfach die vier Zahlen ein, denn ich wollte noch mehr Stress vermeiden. Warum konnte das Aufwachen nicht so schön entspannt und vor allem friedlich sein, wie im Urlaub? Ich öffnete Wincents Kalender, als eine Benachrichtigung von WhatsApp auftauchte. „Du hast eine neue Nachricht von Kevin", teilte ich Wincent mit.
„Was schreibt er?"
„Willst du nicht selber schauen?", fragte ich und hielt ihm sein Handy hin. „Ich hab nichts zu verbergen. Lies ruhig", kam es von Wincent und ich beließ es dabei.
„Wir haben heute wohl frei. Jedenfalls schreibt Kevin, dass wir heute nicht ins Studio kommen sollen. Beatrice Egli ist heute da. Wir können also zu Hause bleiben. Franzi hat uns Frühstück in die Küche gestellt."
„Gut, dann müssen wir ja nicht sofort aufstehen", war Wincents einzige Reaktion.
Wollte er jetzt wirklich weiterschlafen? Der trieb mich noch in den Wahnsinn mit seiner schlechten Laune. Wo kam die denn auf einmal her? Trotzig schnappte ich mir mein Handy und stand auf.
„Wo willst du hin?", fragte Wincent direkt.
„Ich geh duschen und dann frühstücken", erklärte ich, nahm frische Anziehsachen und verschwand im Bad. Sollte er seine schlechte Laune mit sich selbst ausmachen. Im Bad schrieb ich Franzi, ob sie heute nicht Zeit hätte. Doch leider sagte sie mir ab. Wie gerne hätte ich sie heute an meiner Seite gehabt. Gerade jetzt, wo Wincent so unbegründet schlecht gelaunt war. Kann man wohl nichts machen. Als ich mich fertig geduscht hatte, ging ich mit meinen noch nassen Haaren in die Küche. Auf Föhnen hatte ich nun wirklich gar keine Lust. Während des Frühstücks fing ich an, abwechselnd mit Linus und Tobi zu schreiben. Mir war langweilig und außerdem war ich traurig und vielleicht auch etwas wütend auf Wincent. Die Stille hier war komisch. Noch nie hat sich Wince sich so komisch mir gegenüber verhalten. Was war nur los? Tausend Gedanken schwirrten durch meinen Kopf, aber nichts war schlüssig. Vielleicht locke ich ihn ja mit Kaffeegeruch aus dem Bett. Kurz entschlossen machte ich die Maschine an und zapfte Wince seinen geliebten Kaffee. Ich stellte den Kaffee auf den Tisch und humpelte ins Wohnzimmer. Gerade im Wohnzimmer angekommen sehe ich Wince aus dem Schlafzimmer schleichen. Sein trauriger Blick lässt mich erstarren.
Was hat er nur? Und warum redet er nicht mit mir darüber? Wollten wir nicht immer über alles reden? Nachdenklich mache ich Netflix an. Ich bleibe bei ‚Kein Ort ohne dich' hängen. Gedankenverloren fange ich an den Film zu schauen. Wincent hat in der Zwischenzeit wohl fertig gefrühstückt. Jedenfalls sehe ich im Augenwinkel, dass er den Geschirrspüler mit unserem dreckigen Geschirr befüllt. Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Film.
„Darf ich?", fragte Wincent, der plötzlich vor dem Sofa stand, und sah mich bittend an.
„Klar, ist ja deins", antwortete ich. So ganz konnte ich seine aktuelle Laune nicht einschätzen. Er setzte sich, unerwartet, kommentarlos neben mich und schaute einfach den Film an, wie ich bei einem kurzen Seitenblick sah. Zwischen uns herrschte eine komische Anspannung. Ich glaubte, keiner von uns wusste, warum der Andere so komisch drauf war.
Oder hatte Wincent einen Grund, schlecht gelaunt zu sein? Habe ich etwas falsch gemacht? Gestern Abend war doch noch alles gut zwischen uns. Langsam hielt ich die Situation nicht mehr aus. Ich ließ meinen Kopf auf Wincents Schoß gleiten. Merklich entspannte sich die Situation zwischen uns. Wir beide fingen an uns zu entspannen. Mein Kopf ruhte weiter auf seinem Schoß. Meine Beine hatte ich mittlerweile angewinkelt und ebenfalls aufs Sofa gelegt. Wincent strich immer wieder an dem Saum meines Shirts entlang. Eine wohlige Gänsehaut breitete sich aus. Ich drehte mich so um, dass ich nicht mehr länger auf dem Fernseher starrte, sondern Wincents makelloses Gesicht bewundern konnte. Immer wieder lächelte er mich verträumt an. Der Film war für mich schon längst zur Nebensache geworden. Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn das nächste, was ich merkte, war ein Stich in meinem Bauch. Geschockt riss ich die Augen auf. „Das hast du nicht ernsthaft getan?", waren die ersten Worte, die Wincent von mir seit heute Morgen zu hören bekam.
„Doch, ich wusste, das war meine einzige Chance."
„Ganz dünnes Eis, mein Freund. Ganz dünnes Eis", wiederholte ich möglichst bedrohlich. „Mein Freund", wiederholte Wincent. „Schön, dass du mich noch als deinen Freund siehst."
Nun verstand ich gar nichts mehr. Was war sein Auftrag? Was wollte er von mir?
Ich holte tief Luft. „Wince, was ist los?"
„Was los ist? Das fragst du noch? Ich glaube, das weißt du doch selbst am Besten!", schrie er mir schon fast entgegen.
Ich verstand die Welt nicht mehr. „Schatz, woher soll ich es denn wissen? Gestern Abend war noch alles gut und seit heute morgen bist du mehr als komisch. Sag mir, was habe ich gemacht? Was ist passiert?" Ich klang verzweifelt.
„Warum kannst du mir nicht einfach sagen, dass du noch Gefühle für jemanden anderen hast?"
„Für jemanden anderen? Von was redest du?"
„Na, von deinem Linus. Oder wer ist sonst noch mit einem roten Herz in deinen Kontakten eingespeichert. Ich bin es nicht.", schrie er mittlerweile.
„Wince...du verstehst das völlig falsch."
„Ach ja und wie soll ich es verstehen? Was soll man daran falsch verstehen?"
„Hör mir bitte zu. Linus ist ein guter Freund, Ja wir waren mal ein Paar. Aber das ist schon ewig her. WIR SIND NUR FREUNDE. Da läuft nichts und da wird auch nie wieder was zwischen uns laufen. Du musst mir glauben. ICH LIEBE NUR DICH."
Wincent stand auf und ging ins Schlafzimmer. Ich brauche einen Moment für mich alleine."
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Wir sind mittendrin
FanfictionUnsere erste Begegnung war zwar nicht lang, aber dafür intensiv. Vergleichbar mit einem Branding auf meinem Herzen. ...