Unsere gemeinsamen vier Wände

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*Annemarie*
Kurz überlegten wir beide, wen wir anrufen könnten. Zeitgleich fiel uns nur eine Person ein.
„Hey Mats, bist du zu Hause und hast kurz Zeit?"
„Kommt ganz drauf an. Was gibt's?"
„Wir stehen noch im Stau irgendwo bei Leipzig und mein Klavier kommt in der nächsten Stunde an."
„Das heißt?"
„Kannst du den Monteuren vielleicht aufsperren, dass die das Klavier in der Wohnung abstellen? Der Schlüssel liegt bei Ann im Zimmer. Der mit dem knall Pinken Anhänger dran."
„Na zum Glück ist Schlüsseldienst Bohle zur Stelle und kann die Türen öffnen."
„Tausend Dank Mats."
„Ihr wisst ja nicht, wie hoch die Rechnung ist. Schließlich ist es Sonntagabend und Ems ist da.
„Mats danke, du bekommst eine besondere Erwähnung irgendwann mal. Außerdem siehst du die Wohnung jetzt als erster. Kannst dich also geehrt fühlen."
„Gehaltserhöhung wäre besser. Mit Nachtzuschlag."
„Träum weiter."
Aufgelegt. „Sollte klappen."
„Denke ich auch."
Spät in der Nacht kamen wir in Berlin an. Wincent fuhr in die Tiefgarage auf seinem Parkplatz.
„Komm, lass uns noch die Kartons mit nach oben nehmen, dann können wir morgen direkt ausräumen", schlug er vor.
Ich war zwar hundemüde, aber mit dem Aufzug würde es ja schnell gehen, also willigte ich ein. Wincent stapelte mutig drei Kartons übereinander. Ich wiederum nahm nur einen und dirigierte ihn bis zum Aufzug. Zum Glück hatte ich jetzt die nächsten zwei Wochen frei. Parallel arbeiten würde ich jetzt nicht überleben. Wir zogen uns aus und ohne und großartig fertig zu machen fielen wir ins Bett. Am nächsten Tag schliefen wir lange. Gegen Mittag standen wir beide auf und fuhren direkt in den Baumarkt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es unser neuer Lieblingsort werden würde. Jedenfalls in nächster Zeit. Zusammen suchten wir eine Farbe für das Home-Gym aus. Auch ich war immer mehr sportbegeistert. Wenn man einmal dabei war machte es ja auch Spaß. Wir entschlossen uns für ein anthrazit. Wincent wollte schwarz, aber das war mit für den doch recht kleinen Raum zu dunkel. Wieder zu Hause angekommen wollte Wincent das Zimmer umstreichen, da ich noch immer nicht mit dem Gedanken ‚Kinderzimmer' zurechtkomme. Ich entschloss mich in der Zwischenzeit die ersten Sachen einzuräumen. Schließlich mussten wir ja auch noch meine Sachen von Mats abholen. Hin und wieder hörte ich Wincent fluchen. Aber solange er noch fluchte und es nicht still wurde, musste ich mir keine Sorgen machen.
Der Umzug verlief unglaublich schnell, so dass wir am Samstagnachmittag sagen konnten, dass wir fertig seien. Naja fast zumindest. Meine Überraschung für Wincent fehlte auch noch. Erledigt saßen wir auf unserem Sofa.
„Willkommen Zuhause, mein Schatz", flüsterte Wincent und ich bekam sofort eine Gänsehaut.
„Willkommen Zuhause", erwiderte ich.
„Das war eine harte Woche."
„Ja, aber sie hat verdammt viel Spaß gemacht und zum Glück würden unsere bestellten Sachen schnell geliefert. Sonst hätten wir auch noch in sämtliche Läden gemusst."
„Das hätte ich nicht überstanden."
„Aber jetzt sind wir ja pünktlich zur Einweihungsparty fertig."
„Ein Glück und wenn wir die hinter uns gebracht haben, dann haben wir es geschafft und wir haben zusammen noch eine Woche frei."
„Endlich, das wird auch Zeit", seufzte ich. Wir standen erst von der Couch auf, als es klingelte.
„Warum kommen die eigentlich immer überpünktlich?", seufzte Wincent.
„Weil sie nicht wir sind", lachte ich.
Wenig später standen Mats, Fabi, Franzi, Nico, Josi, Paul, Lisa, Amelie und Dario bei uns im Flur.
„Willkommen in unserem Zuhause, kommt rein", begrüßte ich die Bande.
Wir machten Platz und ließen sie rein.
„Ihr könnt gerne eure Schuhe anlassen. Wir haben eh noch nicht den Umzugsstaub weggeputzt."
„Nein, nein alles gut. Wir ziehen die Schuhe aus", erwiderte Franzi.
Mats überreichte uns ein kleines Geschenk, welches Wincent dankend annahm. Kurz war er abgelenkt und Dario rief mich zu sich.
„Ann, komm mal."
„Ja was ist?"
„Ich habe die Bilder dabei."
„Uii, jetzt schon? Aber wie?"
„Naja das Artwork habe ich direkt fertig gemacht, in den Druck gegeben und per Eilauftrag bestellt."
„Du bist der Wahnsinn Dario, danke dir." Fest nahm ich Dario in den Arm.
„Wenn du mir sagst, was du bekommst, dann paypale ich dir das."
„Ich will dafür nichts haben. Wir haben zusammengelegt. Du hast mich zum rechten Zeitpunkt gefragt. Wir hatten schon überlegt, was wir euch zum Einzug schenken könnten."
„Wow, danke. Ihr seid doch verrückt."
„Immer gerne, Ann."
Dario drehte sich um und hob die Bilder, die er zuvor an die Wand gelehnt hatte, wieder auf.
„Ann, komm mal", rief Wincent aus dem Wohnzimmer.
„Bin schon da, was gibt's?"
„Guck mal Ann, wir haben jetzt auch so eine Fisch-Vase."
Mein Gesicht sprach Bände. Ich mochte die Dinger noch nie, aber alle hatten eine in ihrer Wohnung. Also war es schon fast klar, dass wir nicht verschont blieben.
„Danke. Aber Schatz, ich, beziehungsweise Dario und die Bande haben noch etwas für uns mitgebracht."
Dario stellte sich neben mich und überreichte uns die Leinwände.
„Also Schatz, damit unsere Wohnung wirklich schnell unser Zuhause wird, habe ich Dario gefragt, ob er noch die Bilder von unserem allerersten Shooting hatte und mir helfen könnte diese auf Leinwand zu bringen. Und wie Dario und die gesamte verrückte Bande halt ist, wurde daraus sehr schnell Realität."
Wincent wusste gar nicht was er sagen sollte und packte stumm die Leinwände aus.
„Wow Dario, das ist ja..."
„...der absolute Wahnsinn", beendete Wincent meinen Satz.
„Und die passenden Nägel haben wir auch dabei. Wo sollen die Bilder hin?", sprudelte es aus Franzi.
Typisch. Dario hatte sich mal wieder selbst übertroffen. Ich erkannte einige Bilder wieder. Jedoch waren da auch unbekannte Bilder dabei. Es waren Schnappschüsse, die bei der Tour entstanden sind.
„Ihr seid doch verrückt. Alle zusammen. Danke euch." Wincent und ich drückten jeden einzelnen. Franzi machte sich mit Amelie und Wincent ans Werk die Bilder gleich an Ort und Stelle aufzuhängen. Ich bewirtschaftete in der Zeit unsere Gäste.
„Wince, Ann, jetzt zeigt uns doch mal eure Wohnung. Wir sind schon ganz gespannt", entfuhr es Fabi.
„Schloss trifft es eher", konterte Josi.
„Nicht kleckern, sondern klotzen, war wohl hier das Motto", kommentierte Nico.
Mir war das Ganze etwas peinlich.
„Ihr seid doch nur neidisch. Und außerdem muss man das nehmen, was der Wohnungsmarkt in Berlin so hergibt."
„Also ich finde sie geil. Die nächsten Partys finden wohl hier statt. Könnt ihr mir einen Gefallen tun? Wenn ihr hier irgendwann wieder auszieht, sagt bitte rechtzeitig Bescheid. Ich ziehe hier sofort ein", sprudelte aus meiner besten Freundin.
Empört sahen Josi und Fabi sie an.
„Eyy, ich wohne aber in München, was willst du also in Berlin mit so einer Wohnung?"
„Und außerdem wohnst du doch mit mir zusammen", sagte Josi leicht verletzt.
„Entspannt euch mal. Als würden die beiden hier in naher Zukunft wieder ausziehen. Die Wohnung ist so auf die beiden zugeschnitten, das könnte Ann selber entworfen haben. Diese Wohnung schreit förmlich nach Wincent und Ann. Erinnert euch, sie mussten nur das eine Zimmer umgestalten und der Rest war so. Und außerdem würde ich nicht aus einer Wohnung ausziehen, die eine Sauna besitzt."
„Grundsätzlich haben wir vor, hier erstmal zu bleiben. Mal sehen, was die Zukunft so bringt", beruhigte ich die Gemüter.
Den Abend verbrachten wir mit Burger, Pizza und Wein. Zwar war es mega lustig mit so gut wie allen zusammenzusitzen und nicht den Stress zu haben, noch irgendwas fertig zu bearbeiten oder irgendwelche anderen Punkte zu besprechen, doch merkte ich, wie wir immer müder wurden. Wincent nickte schon fast während eines Gespräches mit Fabi ein. So ein Umzug aus zwei Städten strengte doch ein wenig an. Franzi bemerkte unsere Müdigkeit und beschloss, dass es Zeit wäre zu gehen. Alle anderen schlossen sich an. Dankbar sah ich meine beste Freundin an.
„Endlich sind wir für uns. Jetzt will ich auch keinen mehr sehen und hören", sagte ich als die Tür ins Schloss gefallen war und wir wieder gemütlich auf der Couch saßen.
„Nach dem ganzen Umzugsstress, brauche ich, glaube ich, mindesten eine Woche Urlaub. Ich kann keine Kartons mehr sehen", ergänze Wincent.
„Und dabei mussten wir nicht ein Möbelstück aufbauen", erwiderte ich.
Ich sah, wie Wincent kurz überlegte.
„Was hältst du von einem Tapetenwechsel? Ich meine, so ein bisschen Auszeit können wir beide echt gebrauchen. Dein Sommerurlaub neigt sich dem Ende und ich muss nächste Woche wieder auf Tour", überlegte er laut.
„Und wo wollen wir hin?"
„Lass das mal meine Sorge sein. Ich habe da eine Idee."
„Jetzt habe ich Angst."
„Brauchst du nicht. Pack einfach bequeme Schuhe ein und deinen Bikini."
„Okay, wer schneller gepackt hat?" Jetzt war ich hellwach.
„Was muss der Verlierer tun?", stachelte mich Wincent weiter auf.
„Das darf sich der Gewinner aussuchen."
„Alles klar. Auf die Plätze....", zählte Wincent an.
„Fertig los", beendete ich den Satz und sprang auf.
„Eyy das war ja sowas von ein Fehlstart, das ist Betrug." Aber er sprang auch auf.
„Du kannst nur nicht verlieren", lachte ich. Ich schmiss alle Teile die ich irgendwie brauchen konnte in unseren Koffer. Scheiße wo ist mein Bikini? Im Augenwinkel sah ich das auch Wincent seine Badesachen suchte. Ich konnte mich nicht mehr erinnern in welcher Schublade vom Schrank die Badesachen gelandet waren. Ich sah wie Wincent das Bikini Oberteil aus der Schublade zog.
„Das ist meiner." Wincent riss sein Arm hoch.
„Den bekommst du aber nicht."
„Dann verrate ich dir auch nicht, wo deine Badehose ist."
„Du hast meine Badehose gesehen? Wo ist sie?"
„Vielleicht tauschen wir einfach, wenn du mir noch das Bikiniunterteil gibst."
„Okay Deal." Wincent kramte im Fach und zog den Rest des Bikinis raus.
„Hier bitte und jetzt meine Hose."
Ich schnappte mir meinen Bikini aus Wincents Hand und sprintete zum Koffer.
„Fertig", grinste ich Siegessicher.
„Du kleines hinterhältiges Monster."
„Du hast nicht gesagt, dass du die Hose sofort brauchst." Ich ging zu der Schublade, wo Wincent bis gerade vor stand und wühlte im Fach.
„Hier ist sie. Augen auf hätte zum Sieg verholfen."
„Das war echt nicht fair."
„Ich habe trotzdem gewonnen."
„Und was willst du als Belohnung?", fragte Wincent gespielt langweilig.
„Im Urlaub möchte ich jeden Tag von dir massiert werden."

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