38 - Tiefe Gründe

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It was love at first sight, at last sight, at ever and ever sight. - Vladimir Nabokov

Song: "Better half of me" - Tom Walker

"Rose!"

Seine bloße Stimme lässt das Blut in meinen Adern schneller strömen. Mein Herz veranstaltet einen Wettbewerb mit sich selbst, wie oft es pro Minute und Sekunde schlagen kann, ehe es explodiert.

Mühsam beherrsche ich mich, nicht wie eine Wahnsinnig herumzuwirbeln, sondern mich gesittet und ruhig umzudrehen und eine freundliche Miene – statt dämlich grinsend – aufzusetzen.

„Oh, hey." Schon fehlen mir die Worte. Ich weiß nicht wirklich, was ich in seiner Gegenwart sagen soll, ich will nicht, dass er mich für... dumm hält.

Sobald er neben mir ist, setze auch ich meinen Weg fort und wir laufen dicht nebeneinander den Gang hinunter. „Wann soll ich dann zu dir kommen?"

„Mhm. Halb drei?"

„Und ich habe keine Chance dich zu überzeugen, dass wir uns vor die Schule setzen?"

„Warum bist du so darauf versessen zu erfrieren?"

Er lacht leicht und knufft mich sachte in die Seite. Himmel, bin ich froh, dass wir vor der Mittagspause im selben Flügel Unterricht haben – genügend Zeit, um gemeinsam zur Mensa zu schlendern. „Bin ich nicht, ich habe dir nur versprochen eine Heizung mitzunehmen."

Diesmal muss ich kichern. Sebastian ist einfach zu süß... „Du kannst gerne etwas zu Essen mitbringen, dass ersetzt die Heizung bei mir prima."

„Stimmt, du kannst nicht kochen."

„Also...", protestiere ich und resigniere auch schon im nächsten Atemzug. „... ich kann dafür... Literatur."

„Das auch noch?" Sein gespieltes Staunen wirkt so leicht und... süß.

Übertrieben nicke ich und kann die aufsteigende Röte nicht länger zurückhalten. Es ist mir nicht peinlich, aber Sebastian macht mich unfassbar nervös und ich habe Angst, dass ich diese Coolness nicht mehr lange wahren kann und nur noch undeutlich herumstottere.

Ob sich das jemals ändert? Bestimmt!

„Du kannst dafür Malen. Besser als der gesamte Kurs."

„Ich..."

„Rose, sag nichts dagegen. Ich weiß, dass du das nicht annehmen willst, aber es ist so."

Es ist einer jener Momente, wenn man absolut keinen Schimmer hat, was man erwidern soll und den anderen einfach nur stumm mit großen Augen anstarren will. Aber ich kann ihn nicht anstarren, wir laufen... wie gerne würde ich das tun. Ich könnte das vermutlich stundenlang.

Ich nehme sein Einatmen wahr, spüre, dass er etwas sagen will...

„Rose, Seb!"

Und damit verpuffen die Schmetterlinge und die Glut in meinem Inneren flackert wieder auf. Madison.

Ihr kindliches Lachen von letzter Woche schallt durch mein Bewusstsein, ich sehe sie, wie sie ihre perfekten, schwarz-braunen Haare nach hinten wirft und die Wellen so geschmeidig wie eine Feder zum Erliegen kommen – perfekter Sitz.

Und ich verfluche mich dafür, dass ich diese Erinnerungen mit einem... verbitterten Filter abspiele.

Clive hatte tatsächlich recht. Ich war irgendwie... verbittert. Aber warum? Weil ich eifersüchtig auf Maddie bin, wegen ihrer Perfektion?

Hmm, vielleicht... wenn ich so perfekt und schön wäre wie sie, dann hätte Sebastian mich eher wahrgenommen, bevor ich mich auf Clives bescheuerten Vorschlag eingelassen habe.

CLIVE | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt