63 - Singles unter sich

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If music be the food of love, play on. - Shakespeare

Song: "Little Love" - Tom Speight

"Rosemary, steh endlich auf. Wir wollen in einer halben Stunde fahren und du hast noch nicht einmal gepackt!"

Todmüde reibe ich mir über die Augen, streiche mir die Haare aus dem Gesicht und versuche halbwegs die Helligkeit durch langsames Blinzeln erträglich zu gestalten.

Mein Zopf ist aufgegangen. Der Zopf, den ich gestern Abend noch mühevoll geflochten habe..., während ich möglicherweise mit Clive telefoniert habe.

Zu meiner Verteidigung, es ging hauptsächlich darum, was er seiner Mutter Last-Minute schenken könnte.

Ich weiß nicht, warum ich mit ihm darüber eine volle halbe Stunde diskutiert habe. Und noch weniger verstehe ich es, weil sein zweiter Vorschlag eine DVD-Box mit sämtlichen Staffeln „Brooklyn Nine Nine" war.

Seine Begründung: Sie fand die zwei Folgen, die sie mit ihm gesehen hat „voll lustig".

Letztlich lief es darauf hinaus, dass er heute noch in die Stadt fährt und ihr ihr Lieblingsparfüm kauft. Immerhin das wusste er: Boss – the scent.

„Rosemary!"

Ich richte mich auf, dann schwingt die Tür auf und meine Mom steht in marineblauen Jeans und ihrer weißen Bluse vor mir.

„Es ist jedes Jahr dasselbe mit dir."

„Mom..." Ich stöhne und kann mich gerade noch so zusammenreißen nicht wieder zurückzufallen. „Nicht meine Schuld...", murmle ich. Am liebsten hätte ich mir im nächsten Augenblick dafür eine Geohrfeigt.

Meine Mutter verzieht ihre Augenbrauen und trippelt erhaben auf mich zu, als wüsste sie die Antwort längst – und will sie nur noch von mir hören. „So?"

„Ähm... ich..." Damit springe – nein, man könnte schon sagen ich falle – aus dem Bett und schiebe sie nach draußen. „... die Serie war so gut."

„Die Serie... aha."

Wahrscheinlich würde Clive sich jetzt auch über meine Mom beschweren. Wenn mein „Okay" tatsächlich tausend Bedeutungen hat, dann hat das „Aha" von ihr mindestens drei Millionen.

„Ja." Hitze steigt mir unweigerlich in die Wangen. Selbst bei einer so winzigen Lüge kocht das Blut unter meiner Haut.

Im Grunde verbaut mir diese Körperreaktion ein ganzes Berufsfeld – nicht das ich jemals etwas in diese Richtung geplant hätte: Polizei, FBI, CIA. Jegliche Jobs, in denen man Bluffen muss, in denen man auch mal mit Hilfe einer Lüge an die Wahrheit kommen muss.

Die Türe klickt ins Schloss und ich atme erleichtert aus.

Knapp...

***

Ich liebe Weihnachten. Ich liebe es wirklich.

Und noch mehr liebe ich unsere traditionelle Familienfeier. Wir feiern, seit ich denken kann bei Grandma Joy. Alle kommen: Onkel Beck – unser ewiger Single; Tante Giselle mit Walter, Jake und Isabelle; Onkel Damien mit Tante Beth, Don und Mary und wir natürlich. Oh, und natürlich Grandma Maggie.

Über die Jahre hat sich bei uns ein gewisser Ablauf eingeschlichen. Onkel Beck und mein Vater kümmern sich um den Ofen, Holz und Bier; Mom, Grandma und meine Tanten schnattern in der Küche und kochen, während Onkel Walter mit Onkel Damien in den TV starrt – egal was, Hauptsache Sport, auch wenn es eine Wiederholung ist.

Tja und ich? Jake und ich ziehen meist noch durch die Straßen mit Isabelle und halten nach Last-Minute-Weihnachtsgeschenken Ausschau.

Don und Mary könnten gerne mit, aber Don war schon immer sehr eigen, hat lieber mit seinem Lego gespielt und seine Ruhe genossen. Mary hingegen scheint ihren – unergründlichen – Hass mir gegenüber nicht beiseitelegen zu können und bleibt lieber zuhause.

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