„Santos!“ ich riss meine Augen auf, als ich die Stimme von weiter weg hörte, sah aber nichts, weil das Feuer nicht mehr brannte. „Santos!“ sofort richtete ich mich auf und rüttelte an Santos' Schulter. „Was ist los?“ murmelte er verschlafen. „Ich schätze, du wurdest gefunden.“ sagte ich in dem Moment, als zwei Lichter auf uns schienen.
Santos brauchte einen Moment, bis er verstand, was los war, stand dann aber gleich auf und zog mich an den Händen auf die Füsse. „Bist du eigentlich völlig bescheuert?“ schnellen Schrittes kam Ben auf uns zu und zog seinen Bruder gleich in die Arme. „Wir haben uns verdammte Sorgen um dich gemacht.“ es war kaum zu übersehen, wie froh Ben war seinen Bruder heil gefunden zu haben.
Stumm sah ich dabei zu, wie Santos auch von Brody in eine Umarmung gezogen wurde. Irgendwie fühlte ich mich auf einen Schlag unwohl, was nicht einmal daran lag, dass wir uns immer noch in der Dunkelheit im Wald befanden, sondern weil diese Familie scheinbar so herzlich miteinander umging. Sie waren das genaue Gegenteil von meiner Familie.
„Wir haben uns verlaufen.“ wie als ob Ben und Brody mich jetzt erst bemerken würden, schossen ihre Blicke zu mir. „Ach, du bist mit der Verrückten unterwegs.“ „Ich bin verrückt?“ ungläubig sah ich Ben an. „Ja, wer sonst setzt sich vor einen gefesselten Mann und fragt ihn in aller Ruhe, was er ausgefressen hat.“ „Und das kommt ausgerechnet von dir?“ fuhr ich ihn nun wütend an. „Du bist es doch, der die Menschen foltert und umbringt.“ wenn er mich schon verrückt nannte, dann sollte er sich vielleicht erst einmal auch an seine Nase fassen.
„Leute, ist gut jetzt.“ ging Brody dazwischen, während Santos zu mir kam und seinen Arm um mich legte, den ich aber gleich abschüttelte. „Bringt mich einfach nach Hause.“ noch während ich es sagte, ging ich an ihnen vorbei und betrat den Wald. Ich wollte jetzt einfach nur noch nach Hause gehen, duschen und in meinem Bett in Ruhe schlafen, ohne diese komischen Geräusche zu hören.
Es interessierte mich nicht einmal, wie Brody und Ben wussten, wohin wir gehen mussten. Ich war einfach nur froh, als wir endlich bei dem kleinen Kiesplatz ankamen, auf dem nicht nur Santos' Wagen stand, sondern jetzt auch noch ein zweiter. „An dieser Stelle sagt man danke.“ „Du kannst dich bei deinem Bruder bedanken, weil er uns in diese Lage gebracht hat.“ fuhr ich Ben an und stieg in den Wagen. „Ich kann sie nicht ausstehen.“ hörte ich Ben noch, als ich auch schon die Tür schloss.
Einige Minuten redete Santos noch mit ihnen, ehe er in den Wagen stieg und auch gleich losfuhr. „Ben kann dich nicht leiden.“ „Ist mir so ziemlich egal.“ was interessierte es mich, wenn mich jemand nicht mochte? „Du hättest dich wenigstens bei ihnen bedanken können.“ fassungslos stiess ich die Luft aus und sah Santos an. „Ich soll mich bedanken, nachdem du dich im Wald verlaufen hast? Es war deine Schuld, dass sie dich überhaupt suchen mussten.“ auch wenn ich froh war, dass sie uns dort raus geholt hatten, sah ich es nicht ein vor ihnen in die Knie zu gehen.
„Wenigstens haben sie sich auf die Suche gemacht. Für dich hat sich ja niemand interessiert.“ auch er wurde nun genau so wütend wie ich, wobei meine Wut innerhalb einer Sekunde verflog und der Enttäuschung platz machte. So etwas zu sagen, obwohl er genau wusste, dass ich weder Freunde hatte oder eine Familie, die sich für mich interessierte, verletzte mich, auch wenn ich es nicht zugeben wollte.
„Fahr mich einfach nur nach Hause.“ ich wandte mich etwas zur Seite, konnte aber doch sehen, wie er etwas sagen wollte, es schliesslich aber nicht tat. Was hätte er auch sagen sollen? Das es ihm leid tat, es gesagt zu haben? Wir wussten beide, dass es nicht so war, denn sonst hätte er es nicht getan.
Zehn unangenehme und schweigsame Minuten ging es, bis Santos endlich den Wagen zum Stehen brachte. „Morgan.“ fing er an, aber ich wollte gar nichts davon hören und stieg, ohne ein Wort zu sagen, aus dem Wagen aus. Beim Eingang zum Wohnblock angekommen, hörte ich, wie er den Motor startete und wegfuhr. Besser für ihn, sonst wäre es nicht gut ausgegangen.
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Morgan - Rache und Liebe
RomantiekTeil 6 der Everett-Reihe Morgan hatte eine einfache Aufgabe: Sie sollte sich an Santos ran machen und Informationen über die G.A. sammeln. Nachdem die G.A. ihre Familie vor fünf Jahren zerstört hat, sinnt sie nach Rache. Fest entschlossen diese auc...