Seit zehn Jahren hatte ich keine Angst mehr vor meinem Bruder, aber dafür war der Respekt ihm gegenüber nur grösser geworden. Ich wusste, dass ein falsches Wort ihn dazu brachte die Kontrolle über sich zu verlieren und hatte das in den letzten Jahren mehr als einmal am eigenen Leib erfahren, aber trotzdem hielt es mich nicht davon ab mich gegen ihn zu wehren.
Für Mason war ich noch nie eine Schwester, sondern nur ein Mittel zum Zweck um das zu bekommen, was er wollte. Er scheute sich auch nicht davor mich zu schlagen, wenn ich ihm nicht die Informationen gab, die er haben wollte. Wieso sollte ich ihm gegenüber dann aufpassen was ich sagte? Ich konnte tun und lassen was ich wollte, es passte ihm sowieso nicht.
Doch auch wenn mein Puls nur schon in die Höhe schoss, wenn er mich grob anpackte, hatte ich keine Angst vor ihm. Ganz im Gegensatz zu jetzt. In diesem Moment, wo ich vor ihm stand und er mich zur Wand gedrängt hatte und so bedrohlich aussah wie noch nie, hatte ich seit langem Angst um mein Leben und wäre am liebsten weggerannt. Ich durfte mir meine Angst und Schwäche aber nicht ansehen lassen, denn dann hätte er genau die Macht über mich, die er wollte.
„Du willst mir wirklich sagen, dass du immer noch nichts weisst?!“ schrie er mich an. Seine Augen waren dabei so dunkel, dass sie schon fast schwarz schienen. „Ich habe dich eine Woche in Ruhe gelassen, damit du Zeit für ihn hast.“ das stimmte, aber ich hatte nicht nur ihn eine Woche nicht gesehen, sondern auch Santos.
Ich kam einfach nicht damit klar, dass ich diesen Mann, den ich eigentlich aus tiefstem Herzen hassen sollte, irgendwie mochte. Es war nicht nur das Gefühl der Geborgenheit, die er in mir auslöste, wenn ich ihn nur schon sah, sondern noch etwas anderes, was ich mir nicht erklären konnte.
Wenn er bei mir war, waren all meine Probleme wie ausgelöscht und wenn ich ihm dann noch in die Augen sah, verschwamm alles um mich herum. Sein Lächeln war so wunderschön, dass ich es mir den ganzen Tag hätte ansehen können. Nur schon an Santos zu denken liess meinen Herzschlag in die Höhe schiessen und sorgte dafür, dass ich ihn nicht mehr gehen lassen wollte. Diese Gefühle waren völlig neu für mich und gehörten nicht zu meinem Plan, geschweige denn nicht zu dem Mann, der meine Familie zerstört hatte, aber sie waren nun mal da und ich wusste, dass ich nichts dagegen unternehmen konnte.
„Du wagst es mich zu ignorieren!“ riss mich Masons wütende Stimme aus meinen Gedanken. In der nächsten Sekunde landete seine Faust in meinem Bauch, die mir fast die Luft aus den Lungen riss. „Ich hatte lange genug Geduld mit dir!“ schwer atmend lehnte ich mich nach vorne und an Mason, der aber gleich einen Schritt nach hinten trat und dieses Mal sein Knie in meinen Bauch rammte.
Es war so, als bekäme ich überhaupt keine Luft mehr, aber das schien meinen Bruder nicht zu interessieren, denn er packte mich an meinen Schultern und stiess mich grob an die Wand hinter mir. „Du hast zwei Tage. Wenn du mir bis dahin nicht meine Informationen lieferst, dann werde ich dich an meine Männer übergeben und du weisst genau, was sie mit dir machen werden. Dieses Mal wird dir dein Daddy aber nicht dabei helfen.“ wie Abfall stiess er mich zur Seite, so dass ich auf dem Boden landete, drehte sich um und liess mich alleine in der Eingangshalle.
Die Hand auf meinen Bauch haltend, rappelte ich mich vom Boden auf und lief zur Haustür. Ich liess mir die Schmerzen nicht ansehen, denn ich wusste ganz genau, dass mich Mason irgendwie beobachten würde und auch wenn ich gerade panische Angst hatte, liess ich mir meine Schwäche nicht ansehen und ging raus zu meinem Wagen, in den ich mich setzte und auch gleich losfuhr.
Ich wusste genau, dass er seine Drohung in die Tat umsetzen würde. Wenn ich ihm nichts lieferte, dann würde er mich wieder wie eine billige Hure an seine Männer verkaufen und dieses Mal würde mich niemand dort rausholen können. Doch auch wenn die Angst gross war, konnte ich Santos nicht verraten. Ich konnte Mason einfach nicht sagen, wo die G.A. ihr Versteck hatten.
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Morgan - Rache und Liebe
RomanceTeil 6 der Everett-Reihe Morgan hatte eine einfache Aufgabe: Sie sollte sich an Santos ran machen und Informationen über die G.A. sammeln. Nachdem die G.A. ihre Familie vor fünf Jahren zerstört hat, sinnt sie nach Rache. Fest entschlossen diese auc...