Kapitel XXXV

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Nicolas' Sicht

Es war wirklich eine Überwindung für mich, Hand in Hand mit Maxim das Schulgebäude zu betreten. Fast all meine Ängste und Befürchtungen waren eingetroffen. Wir wurden angestarrt und beleidigt. Ich war so froh, dass uns keiner handgreiflich gegenüber geworden ist.

Aber dennoch war es mir das wert. Ich hatte nämlich einen tollen Kerl an meiner Seite, von dem ich behaupten konnte, dass er auch in heiklen Situationen zu mir stand. Wer hätte vermutet, dass ich mal mit Maxim zusammenkommen würde? Aber ich war unsagbar froh darüber, dass es so gekommen ist, wie es war.

Wir hatten endlich Schule aus und warteten auf meinen Vater. Er verspätete sich etwas, was sonst nie der Fall war. Ich unterhielt mich gerade mit Jannik, als ich mitbekam, dass ein junger Mann Maxim ansprach.

"Entschuldigung.", sagte er zu ihm. Er sah recht gut aus mit seinen hellbraunen Haaren und grünen Augen. Er erinnerte mich aus irgendeinem Grund an Maxim. Sie hatten eine ähnliche Gesichtsstruktur; die hohen Wangenknochen,das Kinn.

"Bist du Maxim?", fragte er ihn. Woher kannte er denn seinen Namen?Zugegeben unserer Stadt war nicht so groß, da konnte es schon sein, dass man jemanden durch Tratsch oder so kannte. Maxim nickte etwas zögerlich. Es war ja nicht alltäglich, dass man von einem Wildfremden mit seinem Namen angesprochen wird.

"Ja, warum?" Der Fremde lächelte plötzlich breit. "Endlich.Ich bin Magnus. Dein Halbbruder." Bitte, was? Maxim und ich sahen ihn mit großen Augen an, wobei Maxims größer erschienen, als meine. Jetzt machte es auch Sinn, dass dieser Magnus Maxim ähnelte.Sie teilten die Hälfte ihrer Gene.

"Willst du mich verarschen? Ist das irgendeine Wette, die du einlösen musst?", zischte Maxim. Dieser Magnus hob verteidigend seine Hände. "Nein, nein. Natürlich nicht. Darüber würde ich nie im Leben Witze machen.", entgegnete er, "Ich erkläre dir alles. Versprochen." Maxim sah ihn skeptisch an. Ich würde jetzt nur zu gerne wissen, was gerade in seinem Kopf vorging.

"Was hältst du davon, wenn wir uns mal treffen und ich erkläre es dir?",bot Magnus ihm an. Maxim stimmte etwas zögerlich zu. "Alles klar. Hier ist meine Nummer. Ruf mich an oder schreib mir einfach, okay?" Magnus gab ihm eine Visitenkarte, wo seine Handynummer draufstand und drehte sich lächelnd zum Gehen um.

Maxim blieb erstarrt stehen und schaute mit festem Blick auf die Karte in seiner Hand. Seine Augen sahen leer aus, ohne jegliche Emotion. Es gab keinen Moment zuvor, an dem ich mir so sehr gewünscht hatte, zu wissen, was er gerade dachte.

Selbst als mein Vater vorfuhr und hupte, riss mich das aus meiner Starre,doch Maxim blieb einfach so stehen. Ich tippte ihn an der Schulter an, woraufhin er endlich aufschaute.

"Komm, wir fahren nach Hause.", meinte ich zu ihm. Er nickte nur geistesabwesend. Ich öffnete die Autotür für ihn und setzte mich neben ihn, da Jannik bereits auf dem Beifahrersitz saß.

Mein Vater schaute durch den Rückspiegel zu Maxim. Ich schüttelte den Kopf, damit er nicht nachfragte und er wortlos weiterfuhr. Während der Fahrt lief lediglich das Radio, ansonsten war es komplett still im Auto, da keiner etwas sagte.

Nach wenigen Minuten waren wir auch schon angekommen. Jannik und mein Vater stiegen aus, doch Maxim und ich blieben auf der Rückbank sitzen. Ich nahm seine Hand in meine und drückte sie fest. Nachdem was heute in der Schule passiert war, sollte er es wissen, aber ich wollte ihm noch mal zeigen, dass ich in der kommenden, schweren Zeit für ihn da war.

"Wir sollten so langsam rein gehen. Meine Mutter wundert sich bestimmt schon, wo wir bleiben.", bemerkte ich. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich war völlig ratlos. Sollte ich mit ihm darüberreden? Sollte ich ihn lieber ablenken? Oder sollte ich es doch gänzlich lassen und ignorieren?

Feinde unter einem Dach  [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt