Kapitel XXI

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Nicolas' Sicht

"Ich-ich denke, ich bin schwul." Mein Herz raste, als ich auf Jasmins Reaktion wartete. Würde sie es okay finden? Würde sie mich hassen?Würde sie nicht mehr mit mir befreundet sein wollen? Würde sie es der ganzen Schule erzählen? Es kam mir wie Stunden vor, bis sich etwas bei ihr regte.

Ihre Augen leuchteten plötzlich auf und sie fiel mir um den Hals. "Oh mein Gott! Ich wollte schon immer einen schwulen, besten Freund haben. Das ist so cool.", schrie sie mir ins Ohr. Also die Reaktion hatte ich nicht erwartet. "Beruhig dich, Minie. Muss ja nicht gleich jeder im Haus mitbekommen." Sie löste sich von mir.

"Du findest es also nicht schlimm?", fragte ich sie skeptisch. "Was?Nein, natürlich nicht! Ich finde das sogar eher cool." Ich war so erleichtert, dass sie es so aufgenommen hat. Ich hatte mir echt einiges ausgemalt, aber nicht das. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen.

"Ehrlich gesagt hab ich mir da schon so was gedacht, weil ich dich noch nie mit einem Mädchen gesehen habe.", bemerkte sie. Das stimmte.Ich hatte einfach keinerlei Interesse an irgendeinem Mädchen. Zu mindestens immer an denen in der Schule dachte ich immer. Jetzt wusste ich ja den wahren Grund dahinter.

"Also,bedeutet es, dass du auf Maxim stehst?" Die Frage musste ja kommen. Aber es lief auch alles darauf hinaus. So wie ich ihr das erzählt habe, war das eigentlich schon klar. Nur wegen ihm war ich ja schließlich in dieser Situation.

"Ich weiß es nicht.", antwortete ich. Ich war mir nicht sich, ob es wirklich daran lag, oder ob ich einfach nur die Vorstellung gut fand,dass ich einen Jungen geküsst hatte. "Wie? Du weißt es nicht?!Nico, so was weiß man doch!", rief Jasmin plötzlich aufgebracht und schlug mir leicht auf den Arm. Was hatte die denn aufein mal?

"Ich bin dabei, es herauszufinden. Ich hab schon mit meinem Dad darübergeredet und er hat gesagt, dass ich etwas Zeit mit Maxim verbringen soll, damit ich mir über meine Gefühle klar werde.",erläuterte ich. Jasmin sah mich mit großen Augen an.

"Du hast deinem Vater gesagt, dass du vielleicht auf Maxim stehst? Was sagt er dazu?", fragte sie neugierig. "Was? Um Gottes Willen, nein! Ich hab ihm nur von der ganzen Situation erzählt, aber keine Namen genannt." So weit kam es noch. Wer wusste, was mein Vater dann machen würde. Nachher setzte er Maxim noch vor die Tür oder so.

"Wie hat er es aufgenommen?" "Gut. Er hätte nichts dagegen,wenn ich schwul wäre. Er kommt damit klar." Das hatte mich echt geschockt, aber ich war umso froher darüber. Ich wüsste nicht, was ich gemacht hätte, wenn mein Vater dagegen gewesen wäre.

"Das ist doch voll cool. Warum bist du dann so niedergeschlagen? Dein Dad hat nichts dagegen, wenn du auf Männer stehst, du lebst mit Maxim in einem Zimmer und machst mit ihm einen Ausflug. Freu dich doch!"Sie hatte recht. Warum war ich so depressiv drauf? Okay, ich war krank, aber sonst war da eigentlich nichts.

"Ich denke, ich hab einfach Angst davor, zu realisieren, dass ich Maxim mag und er mich abweist. Er ist der größte Homophob auf unserer Schule. Es gibt keinen Schwulen bei uns, was statistisch nicht sein kann. Was ist, wenn er mich abweist und mich vor der ganzen Schule bloßstellt?" Jasmin schaute mir tief in die Augen.

"Ich kann dich verstehen. Das ist nachvollziehbar, aber ich kann dir nur den gleichen Rat geben, wie dein Vater. Versuch dir über deine Gefühle klar zu werden und verbring Zeit mit Maxim. Vielleicht bemerkst du ja, dass er auch etwas für dich empfindet. Ich drücke dir die Daumen. Und selbst wenn er es der ganzen Schule erzählen sollte, wir sind da nur noch für ein paar Monate, also scheiß drauf!" Ich seufzte und ließ mich auf mein Bett fallen.

Ich hasste es! Immer dieses Abwarten und Schauen, wie es weiter ging. Ich war es satt! Aber mir blieb nichts Anderes übrig. "Nico, ich muss arbeiten. Ruf mich an oder schreib mir, was übers Wochenende so passiert. Spätestens am Montag will ich dann alles wissen." Ich nickte. Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand. Das konnte ja noch was werden.

Es klopfte an meiner Tür und Maxim kam rein. "Ich wollte dir deine Suppe bringen.", meinte er und stellte sie mir auf den Nachttisch. Er war so nett zu mir, das war unglaublich. Wie konnte er auf der einen Seite so ein Arsch sein und auf der anderen so liebenswürdig? "Danke. Hast du meine Mutter gefragt, ob ich mitkomme?" Ich nahm die Schüssel mit der heißen Suppe und setzte mich richtig hin.

"Ja.Sie hat gemeint, dass du mitkommst, weil du nicht alleine hierbleiben kannst." Ein Glück. Ich wollte echt nicht hier bleiben,auch wenn meine Familie anstrengend sein konnte. Ich freute mich schon auf den Kinobesuch mit Maxim. Vielleicht wurde dieses Wochenende besser werden, als erwartet.

"Wir sollten unsere Sachen packen.", schlug Maxim vor. Ich nickte und verließ mein warmes Bett. Ich holte eine große Sporttasche von meinem Kleiderschrank hervor. Ich packte ein paar Klamotten rein, die ich gebrauchen könnte. Den Rest würde ich morgen einpacken. Maxim hatte einen Rucksack, den er mitgebracht hatte. Da waren alle seine Sachen drin.

"Kann es sein, dass du nicht sonderlich viel dabei hast?", fragte ich ihn. Er schüttelte den Kopf. "Mein Vater hat mich angeschrien, dass ich sofort aus dem Haus soll. Ich konnte nur ein paar Dinge schnappen, bevor ich weg bin." Er schaute traurig zu Boden. Ich konnte Maxims Eltern einfach nicht verstehen und das werde ich wahrscheinlich auch nie.

"Ich wollte demnächst mal dort vorbeischauen und ein paar weitere Sachen holen, wenn meine Eltern nicht da sind." "Wenn du willst,kann ich mitkommen.", bot ich ihm an. "Das ist nett, aber dein Vater wollte mich schon begleiten." Typisch mein Vater. Aber warum wollte er mich nicht dabei haben?

"Leg dich wieder hin. Du musst fit sein für morgen.", meinte Maxim und verließ den Raum wieder. Warum konnte er nicht hier bleiben? Ich wollte nicht, dass er ging. Bestimmt wollte er einfach nicht mehr Zeit mit mir verbringen, als nötig.

Als ob er was für mich empfinden würde. Wie kam ich nur auf diese absurde Idee? Maxim und schwul? Never. Wie konnte ich nur so dumm sein und glaube, dass da was sein könnte? Seit wann war ich so naiv?

Ich verdrängte diese Gedanken und versuchte, einzuschlafen. Allerdings fiel mir das verdammt schwer, jetzt wo ich wusste, wie es war, wenn Maxim neben mir lag.

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Tjaaa.Das Geheimnis ist mehr oder weniger raus. Wie hättet ihr reagiert, wenn eure/euer beste/r Freund/in euch so etwas anvertraut hätte? So wie Jasmin?

Wo wir schon bei Jasmin sind, das Bild am Anfang soll sie darstellen.

Feinde unter einem Dach  [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt