Kapitel III

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Nicolas' Sicht

"Essen ist fertig!", rief meine Mum. Yes! Ich hatte schon voll Hunger.Ich sprang von meinem Bett auf in den Flur. "-mich ruhig Susi nennen.", hörte ich meine Mutter zu jemandem sagen. Aber zu wem? Auch Jannik kam gerade aus seinem Zimmer. Er rannte die Treppe runter und ich folgte ihm.

"Was gibt's zu-", begann ich, doch als ich sah, mit wem meine Mutter eben wohl geredet hatte, stoppte ich. "Was macht der hier?"Also eins konnte ich nun echt nicht gebrauchen. Nämlich, Maxim auch noch nach der Schule bei mir zu Hause sehen zu müssen.

"Erwohnt hier für eine Weile.", erklärte mein Vater. Was?! "I-ich schätze Ihr Angebot sehr, Doc, aber ich kann hier nicht wohnen.",widersprach Maxim. "Genau.", stimmte ich ihm zu und erntete böse Blicke von meinen Eltern. "Stell dich nicht so an, Nici. Er schläft in deinem Zimmer und damit fertig!" "Was?!",fragten Maxim und ich wie aus einem Mund. Das konnten sie doch nicht Ernst meinen.

"Mum? Erinnerst du dich noch, als ich dir von dem Jungen erzählt habe, der mich immer schikaniert?" Sie nickte. "Der mir im Kindergarten Sand ins Essen gemischt hat?" Sie nickte wieder."Wegen dem ich mal das Klettergerüst runtergefallen bin und dann einen gebrochenen Arm hatte?" Und ein weiteres Nicken von ihr. "Der auf der Abschlussklassenfahrt mit vier anderen nacheinander auf unserem Klo gekackt und dann nicht abgespült hat?"

"Ja,aber was hat das hiermit zu tun?" Ich zeigte auf Maxim. "Das war er." "Dann ist doch gut, Nici. Ihr könnt euch aussprechen und werdet vielleicht sogar Freunde." Maxim schnaubte. Du mich auch, du dreckiger Hurensohn. Wie konnte meine Mutter nur so naiv sein?! Als ob wir jemals Freunde werden würden.

Wütend stampfte ich zurück in mein Zimmer. Ich hatte zwar immer noch einen riesigen Hunger, aber mit dem würde ich ganz sicher nicht an einem Tisch sitzen, geschweige denn, zusammen in einem Zimmer schlafen. Der konnte sonst wo pennen.

Ich knallte meine Tür extra laut zu. Vielleicht verstanden meine Eltern dann ja, wie es mir bei der Sache ging. Ich schmiss mich auf mein Bett und machte mein Notebook an. Mein Vater klopfte an meiner Tür und kam sofort rein. Hey, wenigstens hat er geklopft, bevor er einfach so reingekommen ist. Schon mal ein Fortschritt.

Ohne etwas zu sagen, setzte sich mein Vater neben mich. "Ich verstehe, dass du aufgebracht bist, Nici-" "Ach tust du das? Davon merke ich recht wenig.", unterbrach ich ihn. "Maxim hat es gerade nicht einfach. Er braucht einen Platz zum Schlafen. Ich hab ihn zufällig vor der Praxis getroffen. Er war völlig fertig."Warum brauchte er einen Schlafplatz, wenn seine Eltern ein riesiges Haus hatten?

Noch etwas Nerviges, was es mit sich brachte, wenn der Vater ein Therapeut war: er wusste, wie er deine Gefühle beeinflussen konnte. Okay, das hatte auch seine Vorteile, aber nicht, wenn man stinksauer war und man es eigentlich der ganzen Welt spüren lassen wollte.

Mein Dad erzählte von Maxim mit einer Stimme, die Mitleid und Neugierde in mir hervorrief. Aus meiner Wut wurde eine Mischung aus Schuldgefühlen und Mitleid. Wenn ich jetzt nicht nachgab, nervte mein Vater mich weiterhin damit.

Vielleicht hatte meine Mutter ja recht und wir können uns aussprechen. Aber Freunde würden wir bestimmt nicht werden. "Okay, er kann hier schlafen. Aber nur für sehr kurze Zeit!", seufzte ich. "Ich wusste, dass du das Richtige tust. Und jetzt komm essen." Etwas schleppend folgte ich meinem Vater runter in die Küche.

"Da bist du ja wieder, Nici.", bemerkte meine Mutter. Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich diesen Namen hasste? Nein? Ich hasste es, wenn man mich Nici nannte. Früher war das okay, damals war ich ja auch noch ein Kind. Aber jetzt, mit 17 Jahren, passte das gar nicht mehr zu mir. Nur meine Familie durfte mich noch so nennen,selbst Jasmin hatte ich das verboten.

Ich ließ mich auf meinem Stuhl fallen, neben den sich leider Maxim gesetzt hatte, und füllte mir Nudelauflauf auf den Teller.Wenigstens hatte der Tag eine gute Sache: das Essen. Ich liebte alles, was mit Käse überbacken war.

"Spielen wir nachher 'ne Runde PS3, Nici?", fragte mich Jannik mit vollem Mund. "Nur wenn du beim nächsten Mal erst runter schluckst,bevor du redest." Er nickte und aß weiter. Ich war schon ein Stubenhocker, aber Jannik übertraf mich sogar noch bei Weitem.

Während ich noch was für die Schule machte, ließ er sich komplett hängen.Okay, er war auch erst in der 8. Klasse, da war das alles noch easy.Er spielte bis nachts Videospiele oder schaute Filme. Mit seinen Freunden treffen, tat er sich auch nicht. Tja, konnte man nichts gegen machen.

"Willst du zuschauen oder so, Maxim?", zögerte Jannik. Warum tat er das? Er wusste doch, dass ich ihn nicht mochte. Er sollte sich unwillkommen fühlen, damit er nicht lange blieb. Wahrscheinlich hatten meine Eltern ihn dazu gebracht oder so. Er mochte fremde Leute eigentlich nicht und Maxim war wie ein Fremder für ihn. Maxim nickte zögerlich.

Und so begann ein unangenehm stilles Abendessen, bei dem selbst meine Eltern ausnahmsweise mal nichts sagten.

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"Was war das denn?!", rief Jannik aufgebracht. "Du bist soschlecht.", lachte ich. Jannik hatte eben eins der besten Eigentore bei FIFA gemacht, die ich je gesehen hatte. "Ich hab kein Bock mehr.", sagte er und hielt Maxim seinen Controller hin. Der schaute Jannik nur an. "Spielst du für mich weiter?"Maxim nahm ihm den Controller ab und Jannik verschwand. Ich spielte mit Maxim weiter. Mal wieder herrschte eine unangenehme Stille.

"Tut mir leid.", nuschelte er, als das Spiel endete. Was tat ihm leid? Das Spiel konnte er nicht gemeint haben, denn ich hatte gewonnen. Ich sah ihn verwirrt an, doch er blickte zu Boden. "Ich weiß nicht, warum ich dir das alles angetan habe, aber im Nachhinein kommt mir das unglaublich dumm vor. Also, mir tut es leid."

Wow. Maxim entschuldigte sich bei mir. Und das, ohne gezwungen zu werden."Ist okay. Aber warum bist du jetzt eigentlich hier?" "Ich musste irgendwo schlafen.", zuckte er mit den Schultern. "Aber warum? Du wohnst in einem riesigen Haus." Langsam schüttelte er seinen Kopf. "Nicht mehr." Was sollte denn das jetzt bedeuten?

"Meine Eltern haben mich rausgeworfen." Was? Okay, das war krass.Welche Eltern würden denn ihr eigenes Kind rausschmeißen? Ihr eigenes Fleisch und Blut. "Mein Dad meinte, ich hätte zu viel Scheiße gebaut und ich würde meine Zukunft damit ruinieren. Und als ich gesagt habe, ich hätte doch sie, wozu sollte ich denn dann arbeiten gehen, ist er vollkommen ausgetickt.", erzählte er.

Maxim hatte manchmal schon eine große Fresse, aber trotzdem machte man sowas als Elternteil doch nicht. Wenn ich mir vorstellte, dass ich mit nichts auf der Straße stehen würde, ohne einem Dach über dem Kopf,Geld oder sonst was, wurde mir anders. Es musste ein schreckliches Gefühl für Maxim sein. Er hatte niemanden mehr.

"Davon darf keiner erfahren. Versprich es mir, Nicolas." Ich nickte.Ohne wirklich zu wissen, was ich machte, umarmte ich ihn. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus. Was war das?

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Hier da neue Kapitel. Hoffe es hat euch gefallen. Achja, das mit dem Haufen auf Klassenfahrt haben fünf Jungs aus meiner Klasse übrigens echt gemacht. Wie gut, dass ich das nicht gesehen haben. Solche Idioten...

Feinde unter einem Dach  [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt