15.Kapitel Der Schatten, der auf unserer Seite ist (Darkos Sicht)

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Garnok zog sich aus meinem Verstand zurück. Ich schaute auf den Schatten, der an der Wand gelehnt war und mich beobachtete. "Ich schätze, jetzt habe ich deine Aufmerksamkeit."

In meinen Händen bildete sich Feuer. "Verschwinde von hier", zischte ich ihm entgegen.

Der Schatten hob seine Hände. "Ich bin in friedlichen Absichten hier."

"Was willst du?"

"Wie geht es Aurora?" Der Schatten legte seinen Kopf schief.

"Was interessiert es dich?" Meine Stimme war ein echtes Fauchen.

"Ich kam zu spät, um ein paar meiner Art aufzuhalten, die Aurora verletzten wollten. Als ich kam, habt ihr euch gerade um sie gekümmert. Wie geht es ihr?" Der Schatten blieb an der Wand stehen, bis ich mein Feuer zurückzog.

"Ihre Verletzungen gehen immer wieder auf. Wir wissen nicht warum." Ich antwortete ihm, da ich spürte, dass seine Sorgen ernst gemeint waren.

"Darf ich sie mir ansehen?"

Ich nickte und stand von dem Stuhl auf, der Schatten kam näher, bis er auch am Bett stand. Vorsichtig drehte ich Aurora auf den Rücken. Sie schien wirklich tief und fest zu schlafen, wenn sie das nicht mitbekam. Noch vorsichtiger nahm ich den Verband ab. Die Verletzungen, die wie Krallenspuren aussahen, waren rot und an den Rändern schwarz.

"Die können auch nicht heilen." Ich schaute den Schatten irritiert an.

"Ich würde sie heilen, unter einer Bedingung." Ich hob die Augenbraue. "Ich werde mich wieder mit Auroras Geist verbinden, so kann ich sie vor solchen Angriffen beschützen."

"Das soll sie, wenn sie aufwacht, selber entscheiden."

"Damit bin ich auch einverstanden", der Schatten neigte seinen Kopf und hielt seine Hand über Auroras Verletzungen.

Mit einem Mal wurde Aurora wach, sie schlug und trat um sich. "Nein!" Jetzt fing sie an zu schreien. "Halt sie fest!" Ich schlang meinen Arm um Auroras Brust und hielt ihr den Mund zu. Sie wehrte sich. "Er versucht dich zu heilen, beruhige dich." In Auroras Augen bildeten sich Tränen.

Langsam hörte sie auf zu treten, auch ihre ganze Gegenwehr erlahmte. Sie fing an zu zittern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich die erlösende Worte des Schatten. "Die Wunden sind geheilt, aber sie braucht viel Ruhe. Ihr Körper muss sich davon erholen." Der Schatten strich über Auroras Bauch.

Ich ließ Aurora los. Ihre Lippen waren fast dunkelblau und extrem blass um die Nase, außerdem zitterte sie am ganzen Körper.

Der Schatten hielt einen Pullover in der Hand, ein kleiner Wind wehte durch den Raum. Keine Sekunde später trug Aurora den Pullover. Auroras Zähne fingen an zu klappern. Ich begutachtete ihre Finger, auch diese waren blitzblau.

"Wir müssen sie aufwärmen."

"Gut so, wir haben es fast. Aurora sollte nicht mehr aufwa...". Wie aufs Stichwort öffneten sich Auroras Augen. Die Schatten blickten sie erschrocken. Todesschmerzen jagten durch den Verstand von Aurora. Die Schatten versuchten, Aurora am Boden zu halten. Mondlicht spendete auf der Lichtung Licht. Auroras Magie pulsierte mit einer Wucht, dass alle, die in ihrer Nähe waren, zurückgeschleudert wurden. Feuer züngelte um sie herum, der Boden sowie die Umgebung verbrannte. Aurora versuchte aufzustehen, aber ihr fehlte die Kraft, um aufzustehen. Sie blickte auf ihren Bauch, der tiefe Krallenspuren aufwies. "Was habt ihr mit mir gemacht, ihr Arschlöcher!" Blut strömte auf einmal aus den Verletzungen.

Die Schatten näherten sich ihr wieder langsam. Aurora versuchte, sich aufzurappeln, die Schatten drückten sie bestimmend auf den Boden zurück. "Aurora, träum etwas schönes." Der eine Schatten, der anscheinend der Anführer war, hielt mit seiner Hand ihre Augen zu. Ihr Körper zitterte und sie fing an, um sich zu schlagen. Die Schatten wurden erneut zurückgeschleudert. Aurora stand mit wackeligen Beinen auf. Mittlerweile hatte sie sehr viel Blut verloren, dass sie eigentlich schon ohnmächtig sein sollte. "Aurora, leg dich wieder hin, kämpf nicht dagegen an", der Anführer der Schatten näherte sich ihr vorsichtig und versuchte, auf sie beruhigend zu wirken.

Auroras Beine knickten unter der Last ein. Sie wurde noch rechtzeitig vom Schatten aufgefangen. Er legte sie vorsichtig hin. "Schließ die Augen, dann ist es schneller vorbei." Er strich ihr eine verirrte Strähne von der Stirn. Auroras Augen flackerten und um sie herum wurde alles schwarz.

Ich blinzelte. Eine Decke lag auf mir, lila Augen begutachten mich. "Du und Aurora teilt eine Verbindung, die ich noch nie gesehen habe." Leichte Kopfschmerzen durchzuckten mich. Ich setzte mich auf, der Schatten wich zur Seite und Auroras Augen durchdrangen mich. Sie saß in mehreren Pullovern und die Decke um sich gewickelt auf dem Bett.

"Du bist einfach umgefallen, Darko", Aurora klang leicht verschnupft.

"Darko", der Schatten blickte mich an. "Was hast du gesehen?"

Ich blickte ihn irritiert an. Woher wusste er, dass ich etwas gesehen hatte?

"Bevor du umgefallen bist, warst du, wie eine Salzsäule erstarrt", antwortete der Schatten auf meinen irritierten Blick.

"Auroras Angriff"

"Welcher Angriff?" Aurora neigte ihren Kopf und kuschelte sich bis zur Nasenspitze in die Decke.

"Dein Verstand verdrängt den Angriff", antwortete der Schatten. Seine Augen suchten meine und er nickte. "Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt. Aurora kann mich jederzeit kontaktieren, wenn sie in Gefahr ist oder sie sich unwohl fühlt." Das waren die letzten Worte des Schattens, als er verschwand.

Ich atmete tief aus, stand auf und ging zu Aurora. Auch unter der Decke und den vielen Pullovern schien sie zu frieren. "Wie geht es dir?" Ich setzte mich aufs Bett. Sie zuckte mit den Schultern. "Das ist keine Antwort", schmunzelte ich sie an.

"Mir ist wahnsinnig kalt", äußerte sie sich mit klappernden Zähnen.

"Innerlich oder äußerlich?"

"Innerlich."

"Dann mach ich dir einen Tee. Ich hätte Kräuter- oder Früchtetee. Was möchtest du?"

"Kräuter klingt gut", antwortete sie mir. Ihre Antwort verschlang fast die Decke.

Ich stand gerade auf, als es an der Tür klopfte. Esmeralda, die Wächterin von Celina (Garnoks Gefährtin), trat herein. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. "Lange nicht mehr gesehen, Esmeralda."

"Das beruht auf Gegenseitigkeit, Darko." Sie erwiderte mein Lächeln. Ihre blonden lockigen Haaren umrahmten ihr freundliches Gesicht. Sie trug ein schwarzes langärmliges T-Shirt mit einer hellblauen Jeans. Es hatte fast ein halbes Jahr gebraucht, bis sie keine Kleider mehr trug und sich angepasst hatte. In einer ihrer Händen trug sie einen Beutel.

"Ich wollte nur vorbeikommen, um rein zufällig Essen mitzubringen." Sie hob den Beutel hoch.

Ich lachte auf. "Essen inklusive Kreuzverhör."

Unschuldig zuckte sie mit den Schultern. "Du kennst mich einfach zu gut."

Das Zähneklappern von Aurora erinnerte mich wieder, dass ich ihr einen Tee machen wollte. "Nimm sie nicht zu sehr ins Kreuzverhör, sie erholt sich von ihren Verletzungen." Ich ging an ihr vorbei und biegte gerade in die kleine Küche ein.

"Ich habe nicht fast 16 Jahre jemanden groß gezogen, um nicht zu wissen, wie ich mit einer Jugendlichen umzugehen habe", ihre Stimme hallte durch den Flur. Ich verdrehte die Augen, war klar, dass sie das sagte.

Der 4. GeneralWo Geschichten leben. Entdecke jetzt