22. Kapitel Ein kleines Geschenk

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Auch nach einer Woche waren diese kurzen Blackouts nicht verschwunden. Mutter wusste davon und ließ mich gefühlt alle zwei Tage von Darko untersuchen. Bei jedem Besuch fragte er mich, woher ich diese Verletzungen hatte, aber ich antwortete nie.

Auch essen tat ich kaum, ich bekam kaum einen Bissen herunter.

Ich saß am Schreibtisch und schaute hinaus. Die Sonne würde in nicht einmal zehn Minuten untergehen. Ich freute mich schon darauf, denn Ecsos hatte mir eine kleine Überraschung zum Geburtstag versprochen. Mutter hatte mir auch etwas geschenkt. Zeichenmaterialien. Die einzige Sache, mit der man mich glücklich machen konnte, zurzeit. Jessica hatte mir wie erwartet nichts geschenkt, nicht einmal eine leise Entschuldigung.

"Alles Gute zum Geburtstag, Aurora." Ecsos umarmte mich von hinten.

"Danke" Meinen Kopf lehnte ich an seine Schulter.

"Wie geht es dir?" Er drehte meinen Stuhl um und schaute mir ins Gesicht. "Ich habe immer noch diese Blackouts, Mom lässt mich deswegen nicht raus."

"Dann wirst du dich über einen kleinen Ausflug nach draußen sicher freuen." Ich fiel ihm um den Hals. "Du bist der Beste." Er lachte leise. "Zieh dich warm an, da wo wir hingehen, ist es wirklich kalt, -15°C."

Wollte er mich verarschen, wie dick sollte ich mich denn bitte anziehen?

Eingepackt wie ein Michelinmensch stand ich in meinem Zimmer und mir war mittlerweile so warm, dass ich anfing mit schwitzen. "Nimm meine Hand und lass sie erst wieder los, wenn ich es dir sage." Ich nahm seine Hand und hielt sie fest. Der Raum drehte sich, bevor die Übelkeit überhand nahm, landete ich mit meinen Füßen in fast 30cm Schnee. Ein kalter Wind erfasste mich. "Wo hast du mich hingebracht?"

"An einen der nördlichsten Orte von Jorvik." Er ließ meine Hand los, die ich immer noch wie eine Verrückte festhielt. "Dinotal?" Ich war irritiert. Er hätte sich so viele Orte aussuchen können, warum einer der kältesten Regionen hier auf Jorvik?

"Es ist kein weiter Weg, maximal 100 Meter", antwortete er auf mein fragendes Gesicht.

Zusammen gingen wir diese 100 Meter und mit einem mal verschwand der Schnee und der kalte Wind. Vor uns war ein kleines warmes Paradies in mitten der Kälte. Wir liefen den Berg herunter. Dieses Paradies war in einer kleinen Senke. Okay, das war ein wundervoller Ausflug. "Danke", sagte ich.

"Das ist noch nicht alles Aurora." Was wollte er mir denn noch schenken? Ich war doch auch schon so glücklich.

Langsam zog ich die ersten Schichten meiner Klamotten aus.

"Setzen wir uns hin", er lächelte mich an und setzte sich in die Mitte des kleinen Paradieses. Als ich mich auch hinsetzte, wurde sein lächeln noch größer. "Es hat mich einiges an Nerven und an Gesprächen gekostet, aber ich kann dir jetzt etwas, was dein Leben wieder verändern wird, geben." Ich schaute ihn irritiert an. Ecsos nahm aus seiner Jacke eine kleine Ampulle. Fasziniert schaute ich diese an. Ecsos schwenkte sie hin und her und lachte auf. "Möchtest du nicht wissen, was da drinnen ist?"

"Warum sagst du es mir nicht?" Ich verfolgte die Ampulle mit meinen Augen- immer noch fasziniert. Sie war hellblau und funkelte im Licht, darin befand sich eine Flüssigkeit, die hin herschwappte.

"Deine Magie, die dir genommen wurde."

Diese Aussage war mir irgendwie zu viel und mir wurde schwarz vor Augen.

Finger berührten meine Stirn und strichen drüber. Langsam öffnete ich die Augen und blickte in Ecsos lilane Augen. "War zu viel, oder?" Er wartete, bis ich wieder voll da war. "Gehts wieder?" Ich nickte auf seine Frage. Sachte setzte ich mich auf. Ecsos stützte mich und wartete, bis ich saß.

Er nahm wieder die Ampulle und zeigte sie mir erneut. "Diese Blackouts stammen von deiner nicht vorhandenen Magie, dein Körper sucht nach ihr."

"Wirklich?"

"Ja, dein Körper gewöhnt sich langsam an ein Leben ohne Magie. Möchtest du sie zurück haben?"

"Was würde sie mir nützen, ich weiß nicht einmal, wie ich sie nutze. Außerdem möchte ich nicht, so tun, als wäre nichts passiert. Garnok soll davon nichts erfahren." Meine Stimme war zu einem Schluchzen geworden.

"Hey, es ist alles gut", Ecsos legte seine freie Hand an meine Wange und strich die Träne weg, die sich gebildet hatte. "Ich würde es dir beibringen und das mit Garnok, erledigte ich."

"Wirklich?"

"Na klar, du bist mir mittlerweile so ans Herz gewachsen. Außerdem helfe ich dir gerne."

Tränen liefen über mein Gesicht. "Danke"

Ecsos war einfach für mich da und wartete, bis ich mich beruhigt hatte.

Erst als ich mich gänzlich beruhigt hatte, legte Ecsos mir die Ampulle in die Hand. Meine Hand wurde richtig heiß unter der Ampulle. Sie glühte auf und verschmolze mit meiner Hand. Meine Hand kribbelte, es war nicht unangenehm, Glücksgefühle überollten mich. Ich bekam um mich nichts mehr mit. Tränen liefen mir übers Gesicht. Sterne tanzten vor meinen Augen.

Erst Ecsos Hand, die meine drückte, brachte mich zurück.

"Wir müssen zurück", mitleidig schaute er mich an.

"Bitte nicht, es ist hier so schön", antwortete ich traurig. Die ganzen Glücksgefühle hatten sich mit dieser Aussage in Luft aufgelöst. "Ich weiß, ich verspreche dir, dass wir morgen wieder hierherkommen, wenn du das möchtest." Er lächelte mich an. Ecsos stand auf und zog mich mit hoch. Schmollend sah ich ihn an. Auf meinen Blick hin fing er an zu lachen und das brachte mich auch zum Lachen.

Ecsos brachte mich zurück und ich schlief seit langem mit einem guten Gefühl ein.

Der 4. GeneralWo Geschichten leben. Entdecke jetzt