24. Aufgedeckt

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Wir drehen die Zeit zurück


„Nun sag schon! Was weiß ich nicht? Spann' mich doch nicht so auf die Folter!", bettelte Hanji nervös. Dann umfasste Moblit ihr Gesicht und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Hanji ließ einen überraschten Laut von sich, der von Moblit's Lippen abgedämpft wurde. Dann entfernte er sich ein Stück und schaute in das knallrote und verdutzte Gesicht von der Titanenforscherin.
„Mein Gedächtnis ist wieder voll da. Und ich liebe dich, falls ich dir das noch nicht gesagt haben sollte."
„...d-du....d-du...", stammelte Hanji, konnte die Worte aus Moblit's Mund gar nicht fassen. Es dauerte ein Weilchen, bis sie alles realisiert hatte und flippte dann total aus.
„Du hast dein Gedächtnis wieder??? Wie lange schon??? Das ist GROSSARTIG!!! Und ja, du hast es mir sicher schon mal gesagt, ich weiß es nicht, vielleicht hast du es mir auch noch nie gesagt, aber egal, du hast es jetzt gesagt und ACH DU SCHEISSE ICH BIN SO GLÜCKLICH!!!" Sie fiel Moblit erfreut um den Hals, der vor lauter Überforderung gar nicht auf sein Leben klarkam.
„Ich bin ja so glücklich! Seit wann weißt du wieder alles?"
„Eine Weile. Ich wollte aber noch warten, bis ich es dir erzähle und fand den Moment einfach passend. Ich hörte von der Sache mit Eren. Was genau aber geht da vor sich?" Hanji brachte Moblit auf den neusten Stand.
„Alles klar. Dann begeben wir uns mal auf die Suche nach ihm."
„Mach deine Klingen in Ruhe fertig. Es sind schon sehr viele Leute auf der Suche nach ihm. Ich werde mal kurz bei Erni und Bert vorbeischneien", sagte Hanji und umarmte Moblit noch mal, bevor sie ging und ihm die Worte ich bin so froh, dass du dich wieder an alles erinnern kannst ins Ohr flüsterte.

Beim Verlassen des Zimmers atmete sie dann erleichtert und erfreut aus. Es war eine Mischung aus beidem. Dann schlenderte sie geradewegs in die Richtung ihrer Titanenbabys und bog um die Ecke.
„Erniii, Beeeert! Ihr werdet nie erraten, was pa-HUCH!" Mit einem Mal wurde Hanji von hinten gepackt. Eine fremde Hand hielt ihr den Mund zu und etwas Spitzes tauchte neben ihrem Auge auf. Ein Messer.
„Still sein, sonst sind deine Titanen tot, kapiert?!"
„I-Immer mit der Ruhe, hehe, wir wollen doch keinen verärgern..."
„Richtig. Und damit das auch so bleibt..." Plötzlich ging bei Hanji das Licht aus. Ein kurzer, stumpfer Schlag auf ihrem Hinterkopf, ließ sie ohnmächtig werden.
Der Fremdling packte sich Hanji auf die Schulter und brachte sie in eines der Verliese, die sich unterhalb des Hauptquartiers befanden. Dort kettete er sie an die Wand, wie Jesus an sein Kreuz. Um sie wieder wach zu kriegen, schlug er ihr ins Gesicht. Und noch mal. Und noch mal, bis sie mit einem blutüberströmten Gesicht wach wurde.
Blinzelnd kam sie immer mehr zu Bewusstsein.
„Na? Werden wir langsam wach?", ertönte die Stimme. Hanji versuchte ihren Kopf anzuheben, doch irgendwie mochte ihr das nicht so gelingen. Dieses Gefühl...
„W-WAS?! Wo...wieso...", stammelte sie, als sie erkannte, dass ihre Arme in Ketten gelegt waren und sie an der Wand hing. Ihr Körper schmerzte und sie spürte eine klebrige Flüssigkeit ihre Stirn hinunterlaufen.
„Corey...was...verdammt...Levi hatte recht..."
„Recht? Womit?"
„Dass man euch nicht trauen kann..."
„So würde ich das jetzt aber nicht sagen." Corey schnappte sich ein Stuhl, platzierte diesen vor Hanji und setzte sich breitbeinig, armeverschränkend hin, nur um sie dann gelangweilt zu mustern.
„Immerhin haben wir euch im Kampf gegen die Maschinen unterstützt, nicht wahr?!"
„Erwin hätte diesen Pakt von Anfang an nicht eingehen sollen!"
„Tzäh, ach ja", lachte Corey kurz auf.
„Der Pakt. Wenn du mich fragst, ist doch alles gut verlaufen. Wir haben euch geholfen und dafür bekommen wir Informationen von euch."
„Was wollt ihr mit den Informationen? Die Titanen sind doch schon lange tot!"
„Stimmt. Aber die Frage ist doch eher: Woher kommen diese ganzen Maschinen? Schau, Hanji, es ist doch so, dass die Menschen durch ein Mittel in Titanen verwandelt wurden. Was glaubst du denn, was diese Maschinen waren?"
„...nein...warte...es waren gar keine richtige Maschinen? Nein...Kirian war auch ein Mensch..."
„Kirian war ein Experiment. Eines der ersten seiner Art."
„Das verstehe ich alles nicht...wer stellt so ein Mittel her und was habt ihr davon? Gehört ihr etwa zu den...Marley? Oh Gott! Ja! So muss das sein! Ihr gehört zu den Marley-Kriegern, genau wie Reiner, Berthold, Annie und weiß Gott wer noch alles! Und natürlich wollt ihr uns im Kampf unterstützen, denn ihr wollt euch einen bestimmten Nutzen daraus ziehen und der lautet: Eren in eure Gewalt zu bringen!"
„Meeeensch, Hanji", stöhnte Corey empört auf.
„Das macht ja überhaupt keinen Spaß! Du bist viel zu schlau und nimmst hier völlig die Spannung raus."
„Du Scheißkerl! Wo habt ihr Eren versteckt?"
„Ey, wenn ich du wäre, würde ich nicht so ein loses Mundwerk haben. Immerhin hängst du angekettet wie ein Schwein an der Wand und kannst dich nicht rühren. Ich habe hier das Ruder in der Hand, kapiert?! Aber da ich vor dir nichts mehr geheim halten kann, werde ich es dir gerne erzählen.
Ja, wir gehören den Marley-Kriegern an. Und ja, auch mit deinen anderen Fakten liegst du eindeutig richtig. Wir kommen nicht von einem Städtchen namens Yamata. So ein Bullshit. Wir kommen natürlich vom Festland. Die Titanen wurden erschaffen, damit wir bei den Kriegen die Oberhand gewinnen. Dafür gehen wir über Leichen. Menschen, die sich in Stahl-Titanen verwandeln, sind keine Shifter. Sie haben das Mittel injiziert bekommen, dass sie zu Maschinen werden lässt. Aber du kannst mir doch nicht verklickern, dass so ein schlauer Kopf wie du das nicht schon geahnt hat? Ebenso Levi. Er ist beeindruckend. Und sein Misstrauen war von Anfang an zu spüren. Was mich aber wundert, dass Erwin so einen Pakt eingegangen ist. So dämlich habe ich ihn gar nicht eingeschätzt."

Hanji's Kopf rödelte. Dass solch eine Katastrophe bevorstehen würde, war alles, aber nicht das, was sie sich erhofft hatte. Nach dem letzten Krieg schien der Frieden in Sicht. Doch das war noch lange nicht der Fall. Die Menschheit war besessen von Geld und Macht. Sie bekamen nie genug. Sie würden erst damit aufhören, wenn sie selber sterben würden. Und dann kam der nächste, der den Hals nicht voll genug bekam. Um es kurz zu sagen: Es würde nie ein Ende geben, bis die Welt ihre Existenz verlor.
„Erwin meinte es nur gut...jeder Mensch trifft mal falsche Entscheidungen...", versuchte Hanji es zu entschuldigen, doch das machte rein gar nichts wett.
„Nur leider hat diese Entscheidung jetzt dazu beigetragen, dass euch kein Leid mehr erspart bleibt."
„Hör auf, Erwin in den Dreck zu ziehen! Wenn ihr gewollt hättet, hättet ihr uns doch früher oder später sowieso angegriffen! Immerhin wollt ihr Eren! Darum gehts doch, oder? Darum ging es die ganze Zeit!"
„Du hast natürlich recht", sagte Corey, während er sich lässig streckte, aufstand und nun langsam das Verlies auf und ab lief.
„Wir arbeiten im Auftrag und unser Ziel ist es, den Urtitanen zu erlangen. Vermutlich hätten wir euch früher oder später angegriffen, aber Erwin...tja, hat sich zu viel gesorgt, wollte schnelles Wissen, wollte das alles selbst in die Hand nehmen. Eigentlich ist er ein ganz feiner Dude, oder? Aber scheiß drauf. Hier geht es nicht um euren egoistischen Kommandanten, der euch schon zahlreiche Tode gekostet hat, hier geht es um was ganz anderes. Denn wie mir zu Ohren gekommen ist, und das ist mitunter ein Grund, warum ich dich in unserer Gewalt bewahren muss, ist die Tatsache, dass du eine intelligente Forscherin bist, die in der Lage ist ein Mittel herzustellen, welches uns in verschiedene Dimensionen schicken kann. Ist es nicht so?!"

Hanji's Augen leuchteten auf, als sie Corey's letzten Satz hörte. Ihr war nun klar, die Geschichte würde sich wiederholen. Erneut waren sie nicht nur hinter Eren her, sondern auch hinter Y/N. Nein, nicht hinter Y/N, hinter dem Reisemittel, um in Y/N's Welt zu gelangen.
„Ich habe kein Mittel erschaffen, was dazu in der Lage ist. Wer erzählt denn so einen Schwachsinn?", versuchte Hanji, obwohl sie wusste, dass es nichts brachte, selbstbewusst zu widersprechen. Corey verlor langsam die Geduld. Er blieb stehen, legte Zeigefinger und Daumen an seinen Nasenrücken und seufzte genervt aus.
„Denkst du wirklich, du hast es hier mit einem Amateur zu tun?! Ich habe euch dabei beobachtet, als du Y/N zurück in ihre Welt geschickt hast. Diese Brille ist schon ziemlich cool und für eure jämmerlichen Verhältnisse hier, technisch total weit fortgeschritten. Respekt an dich. Aber das Mittel nehmt ihr doch selbst ein. Hör auf mich zu verarschen, es ist sowieso zu spät."
Verdammt!, dachte sich Hanji. Sie hatte gewusst, dass er es ihr nicht abkaufen würde. Das einzige was sie damit tat, war Zeit zu schinden.
„Was habt ihr damit vor?! Was wollt ihr von Y/N?! Und wer ist euer Auftraggeber? Zeke ist tot, er kann es nicht sein."
Corey schwieg, während ein teuflisches Grinsen sein Gesicht zierte. In Hanji's Augen sammelten sich Tränen der Hoffnungslosigkeit. Sie waren verloren.
„Nun, von Y/N wollen wir nichts. Ein gewöhnliches Mädchen, wenn man bedenkt, dass du diejenige bist, die Wunder erschaffen kann. Wir brauchen dich, damit du uns sagst, wo das Mittel ist und uns die Rezeptur gibst." Die Rezeptur? Na sind wir denn hier bei Spongebob Schwammkopf? In dem Falle wäre Plankton wohl einer der Marley.
„Und was wir da wollen? Ich verrate dir jetzt noch ein Geheimnis. Ich war schon dort gewesen."
„...was?!"
„Ich war in ihrer Welt und GOTT, was für eine Welt IST das? Unmengen an perfektes Material, um den Krieg fortzusetzen. Um an die Macht zu kommen. Um die Sieger der Welt zu werden. Und mit Eren's Urtitanen noch dazu, werden wir un-be-sieg-bar sein!"
Ein teuflisches Lachen erhellte das Verlies, welches Hanji einen Schauer nach dem nächsten durch ihren Körper fahren ließ. Ab jetzt wusste sie keinen Ausweg mehr. Sie war verloren. Sie waren alle verloren.

(2) Attack on Titan- Eine Reise zwischen zwei Welten (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt