28. Surferboy

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Nein. Nein, nein, nein. Das konnte unmöglich sein. Un-mög-lich!
Wenn dieses Unwetter das war, was ich vermutete, dann...
„Hey, darf ich mich zu dir setzen?" Eine Stimme ertönte neben meinem Ohr, was mich zusammenfahren ließ. Als ich erschrocken meinen Kopf hob, sah ich allerdings nicht in das Gesicht meiner Freundin, die schon seit einer Ewigkeit auf dem Klo verschwunden war, sondern in das Gesicht des Typen, der mir den Drink spendiert hatte.
„Äh, also...eigentlich...also ich meine...ja, klar." Gott, Y/N. Jetzt reiß dich mal zusammen! Es ist nur ein gewöhnlicher Typ, der sich mit dir unterhalten will. Und der sich gerade auf den Platz deiner Freundin setzt und mir die starke Hand höflich hinhält.
„Joey mein Name. Freut mich." Ah. Der blonde Engel hatte nun also auch einen Namen.
„Y/N", sagte ich zaghaft und hielt ihm ebenso meine Hand hin, die er sanft entgegennahm.
„Schöner Name, Y/N. Und eine schöne Stimme hast du auch." Na toll, ein Kompliment. Damit wusste ich super umzugehen. Nicht.
„D-Danke?" Er ließ ein kleines Lachen von sich, was strahlend weiße Zähne entblößte und ihn zusammen mit seinem Surferhaarschnitt wie aus einer Boygroup entsprungen ähnlich sah.
„Nicht so schüchtern. Du hast es echt drauf. Ein paar Freunde und ich suchen noch eine Backgroundsängerin. Vielleicht hast du ja mal Lust mich auf einer unseren Proben zu begleiten?" Gefangen. Ich war gefangen. In einer Situation, die ich selten erlebte. Oder gar nicht. Was sollte ich darauf antworten? Ja? Nein? Vielleicht?
„Äh, also...ich meine, es ist ziemlich nett von dir, dass du mir einen Drink spendiert hast, aber-"
„Oh, hast du etwa einen Freund? Du bist verheiratet, sehe ich das richtig?"
„Verheira...was?!" Ich blickte auf meine Hand, die den deutlichen Beweis ablieferte. Sofort kamen all die Erinnerungen wieder hoch. Was sollte ich denn jetzt sagen? War ich verheiratet? In meiner Welt nicht. Aber woanders schon. Aber das konnte ich doch keinem sagen. Also war ich Single? Ja. Levi hatte endgültig den Schlussstrich gezogen.
„N-Nein...ich...das ist ein...Freundschaftsring...", log ich.
„Heeeey. Da ist man mal fünf Minuten für kleine Mädchen und schon reißt sich meine Freundin einen heißen Surferboy auf", flötete meine beste Freundin und ich könnte roter nicht werden.
„Hi", sagte sie freundlich und hielt ihm die Hand hin.
„Ich bin Y/BF und die beste Freundin von der hübschen Lady hier."
„Sehr erfreut", antwortete Mister Surferboy und machte ihr auch gleich wieder Platz.
„Also, Y/N", fing er an und überreichte mir einen Zettel.
„Falls du Interesse hast, hier steht mein Instagram-Name drauf. Wäre cool, wenn du dich meldest. Schönen Abend noch euch beiden." Mit einem Zwinkern verschwand er in der Menge und wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich ebenso im Erdboden versunken.
„Y/N, wahnsinn! Der Typ sieht echt heiß aus. Ich glaube er trainiert ab und zu. Er hat zwar nicht die Statur von so einem Reiner, aber dafür vielleicht von Jean und-"
„Könntest du bitte aufhören, ihre Namen zu erwähnen?! Ich dachte wir sind hier, um zu vergessen."
„DU bist hier, um zu vergessen. Ich habe es schon längst. Oh Gott, ich glaube das da vorne sind seine Kumpels. Der eine da sieht voll aus wie Stefan Salvatore aus Vampire Diaries!"
„Moment mal..." Ich kniff die Augen misstrauisch zusammen und versuchte die olle Pute wieder von ihrer Schmachterei zu lösen, was mir schwer gelang.
„Du hast Jean schon längst vergessen? Ich dachte du hast ihn geliebt? Von Herzen und so?"
„Ach jaaa, weißt du, habe ich ja auch, aber er ist einfach nicht real. Also ich meine, ist er ja irgendwie schon, aber wir können nicht ewig hin und her reisen. Das ist nicht normal. Und außerdem laufen hier eh jede menge toller Jungs rum. Du solltest es auch so sehen. Vergiss Levi endlich. Er ist in seiner Welt und du in deiner. Das war von Anfang an keine gute Sache gewesen und du hättest dich nur unnötig in Gefahr gebracht. Außerdem hätte es vermutlich eh nicht funktioniert. Ich meine, wie willst du es deinen Eltern erklären? Was passiert, wenn du mal schwanger bist und all so'n Mist? Glaub mir, ist besser so."
„Du gönnst es mir nicht", warf ich fassungslos ein, was sie an ihrem Long Island Eistee verschlucken ließ.
„Was?", fragte sie nach.
„Du gönnst es mir nicht. Du hast es mir die ganze Zeit schon nicht gegönnt."
„Y/N, wovon sprichst du da?"
„Du warst schon immer neidisch, dass ich so eine Gabe besaß und dann ausgerechnet mit dem Typen zusammen bin, von dem hier die meisten Mädels schwärmen. Du hast es mir einfach nicht gegönnt. Ich fasse es nicht."
„Nein, so ist es nicht! Natürlich habe ich es dir gegönnt, aber du solltest jetzt nicht daran festhalten, weil...Y/N? Gehts dir gut? " Plötzlich spürte ich etwas. Einen Druck, der auf meinen Körper niederprasselte. Ich wusste nicht, ob es von dem ganzen Alkohol und der lauten Musik kam, oder von der Enttäuschung, die ich verspürte, weil mir meine beste Freundin offenbar kein Glück gönnte.
„Ich wollte dich nicht verletzten, wirklich nicht. Ich meine es nur gut", versuchte sie sich zu entschuldigen.
„Spürst du das auch?", fragte ich sie dann mit erschrockenem Ausdruck.
„Hö? Was meinst du?"
„Spürst du auch diesen Druck..."
„Druck? Du meinst bestimmt den Bass, der hier volles Rohr dröhnt."
„Nein...nicht der Bass..."
„Oh, verdammt. Komm, wir gehen etwas tanzen, ich glaube du hast zu viel getrunken und brauchst etwas Bewegung."

Mich zu wehren viel mir schwer, jedoch war es sicher das, was ich brauchte. Bewegung. Ich hatte zu viel Alkohol getrunken und zu wenig Wasser zum neutralisieren hinterhergeschüttet. Bewegung tat mir sicher gut. Gerade lief Taki Taki von DJ Snake und unsere Körper bewegten sich im Takt der Musik. Ich versuchte alles um mich herum auszuschalten, schloss die Augen und genoss einfach nur den Moment, als sich jemand von hinten an meinen Rücken schmiegte. Ehe ich mich versah lagen zwei starke Hände an meiner Hüfte und folgten ebenfalls dem Takt der Musik. Dann drehte ich mich rasch um und sah in die Augen von Joey.
„Finger weg", mahnte ich ihn und nahm seine Hände von mir weg. Er ließ sich allerdings nicht entmutigen und kam mir wieder näher. Einer seiner Kollegen, und zwar der, der aussah wie der Typ aus Vampire Diaries, schnappte sich meine beste Freundin und tanzte mit ihr.
„Warum bist du denn so schüchtern? Ich dachte, dass da ist ein Freundschaftsring", deutete er auf meine Hand, die ich sofort versteckte. Ich war ehrlich: Egal wie betrunken ich gerade war (und das war ich sehr), umso nüchterner wurde ich gerade, weil mich der Kerl echt strapazierte.
„Und wenn es der Eintritt in ein anderes Leben wäre- scheiß drauf! Wenn ich nicht mir dir tanzen will, will ich das nicht."
„Oh", sagte er und hob die Hände vor seine Brust.
„Fahr nicht gleich deine Krallen aus. Ich wollte doch nur nett sein und habe dir sogar einen Drink spendiert."
„Habe ich dich nicht drum gebeten. Und jetzt zieh' Leine." Alkohol plus nervige, aufdringliche Jungs, gleich Bitchmodus. Nun gut, der war mal des Öfteren bei mir aktiviert, aber auch egal.
„Ey, bitte", sagte er wieder und legte gerade seine Hand an meine Schulter, als...

(2) Attack on Titan- Eine Reise zwischen zwei Welten (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt