40. Warten und Hoffen

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„Wir haben eine Gehirnerschütterung rausfinden können, was die Folge dieser Wunde an der Stirn zu verdanken ist. Frakturen gibt es keine, Kontusionen nur leichte an den Rippen. Die Pfeile haben wir vorsichtig entfernen können. Einer von ihnen ging ein Stück durch die Lecur, was aber nicht weiter schlimm ist. Das Loch haben wir geflickt und dürfte an sich keine weiteren Probleme machen. Der zweite Pfeil ging zwischen Lecur und Stormachus und hinterließ absolut keine Schäden. Ihr hatte wirklich Glück, Frau N/N. Einige Zentimeter weiter und er hätte es nicht überlebt. Da muss ein gigantischer Schutzengel über ihn gewacht haben", erklärte mir der Arzt. Ein gigantischer Schutzengel? War es vielleicht Eren gewesen? Oder seine Freunde Isabel und Furlan? Seine Mutter?
„Dr. Brenner, nehmen Sie mir das nicht übel, ich wertschätze wirklich, dass sie prima in Ihrem Studium aufgepasst haben, aber geht das auch auf deutsch?" Dr. Brenner lächelte sanftmütig, sodass seine sympathischen Grübchen zum Vorschein kamen und entschuldigte sich bei mir.
„Ich gehe in meinem Job nur zu gerne auf. Also dann noch mal: Knochenbrüche gibt es nicht, Prellungen nur leicht an den Rippen. Der eine Pfeil ging ein Stück durch die Leber, der andere genau zwischen Leber und Magen."
„Aaah, danke", lächelte ich nun auch.
„Gerne. Wir werden ihn diese Woche auf jeden Fall hierbehalten. Ach so... da wäre noch etwas...", stutzte er.
„Er...hat seinen Index und seinen Digitus medius verloren."
Kennt ihr diesen Moment in Animes, wo in einem perplexen Moment ein Grillengeräusch ertönt? So ein Moment war das gerade. Ich verstand gar nichts mehr. Da sagte mir Dr. Brenner irgendwas von Index und Digitus medius. Da fragte ich mich doch glatt: Was hat ein Register mit Levi's Zustand zu tun? Und was hatten die Digimon damit auf sich? Wurde er zu einem Digimontamer?
„Oh, Verzeihung, habe mich wieder hinreißen lassen. Ich meine natürlich, er hat seinen Zeige- und Mittelfinger verloren." Ach, so beiläufig mal eben mit eingefügt.
„Oh", gab ich nur von mir.
„Das ist ja blöd..."
„Ja, aber kein Weltuntergang. Dafür gibt es Prothesen." Stille kehrte ein und das einzige was wir hören konnten, war der Piepton des Herzmonitors, der regelmäßig die Bestätigung gab, dass mit Levi alles in Ordnung war.
„So. Der Gute braucht ganz viel Ruhe und Liebe. So wie ich es mir denken kann, wollen Sie die nächsten Tage hier einziehen?"
„Einziehen?", fragte ich verwirrt.
„Wir haben für solche Momente extra Zimmer, wo die Angehörigen übernachten können, um ihren Liebsten so nah wie möglich zu sein. Pro Nacht wären das zehn Euro. Sie können es sich ja überlegen."
„Darf ich dann jederzeit zu ihm? Auch Nachts?"
„Aber ja."
„Dann ist das Angebot gebucht." Dr. Brenner lächelte und leitete alles weitere in die Wege.

Ich machte mich derweil auf den Weg nach Hause und rief meine Mutter an. Die beiden waren mal wieder auf Reisen, aber dennoch hielt ich es für richtig, sie darüber zu informieren. Die Geschichte, die ich auch schon den Notärzten aufgetischt hatte, war wohl die sinnvollste. Eine andere fiel mir nämlich nicht ein.
„Wie bitte? Geht es dir gut mein Kind? Ohje, da hätte sonst was passieren können! Du hättest sterben können! So Stürme sind gefährlich! Die bringen immer Unheil mit sich, damals auch bei Onkel Günther. Wir nehmen sofort den nächsten Flieger und kommen zu dir!"
„Nein, Mum! Beruhige dich", hastete ich in ihren Wortschatz, sonst hätte das nie ein Ende genommen.
„Mir geht es gut, ehrlich. Ich wurde heute entlassen und werde die nächsten Tage ein Zimmer im Krankenhaus buchen, um bei Levi zu sein."
„Waaaas? Meinem zukünftigen Schwiegersohn hat es auch getroffen?" Ob sie panisch war? Neiiin, ganz und gar nicht. Ich fand es süß, dass sie ihn so betitelte. Eigentlich waren wir ja schon verheiratet. Wenn die wüsste...
„Mum, wirklich. Ihr müsst nicht kommen. Ich bleibe bei Levi und wenn er entlassen wird, werde ich ihn zwingen bei mir zu wohnen. Dort werde ich ihn dann putzmunter pflegen. Y/BF ist doch auch noch da." Meine Mutter stöhnte entkräftet durch die Leitung.
„Na schön. Aber das mache ich nur dir zu Liebe. Und auch nur, wenn wirklich alles gut ist."
„Ist es. Versprochen." Wir legten bald auf. Seufzend betrat ich nun meine Wohnung und packte alles für eine Woche zusammen. Was brauchte man denn alles? Ein paar Schlüppis, Wechselklamotten, Duschzeug, Schlafzeug, Schminke? Nee. Wofür denn? Ich würde vermutlich eh zwischendurch mal den seelischen Wasserfall einschalten. Die Sachen waren nun gepackt und ich ging wieder Richtung Krankenhaus.

(2) Attack on Titan- Eine Reise zwischen zwei Welten (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt