17. Eingeständnis

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„Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn. Tütütü. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn...hmmmh, gut. Eeeeins, zwei, drei-"
„Hanji, was machst du da?!", fragte ich sie, obwohl man offensichlich sehen konnte, was sie da tat.
„Ich zähle die Gruppen. Nicht, dass wir jemanden vergessen. Das wäre doch unschön. Aber ich denke, wir sind alle vollzählig. Bei über hundert Mann ist es schwierig, den Überblick zu behalten. Zählen wir nun die Waffen. Aaaalso. Eins, zwei, drei, vier..."
„Sie weiß nicht wohin, mit ihrer überschüssigen Energie", sagte Levi und zog gerade bei Shadow den Sattelgurt nach.
„Dann kann sie mir ja etwas davon abgeben. Ich bin nämlich nervös." Auch ich zog den Sattelgurt von Pegasus nach, nachdem sich dann eine Hand auf meine legte. Mein Kopf wich nach rechts und ich schaute Levi an.
„Du bist nicht gezwungen mitzukommen. Du kannst auch einfach-"
„Levi? Ich habe meine Entscheidung bereits gefällt und ich werde keinen Rückzieher machen. Comprende?"
„Oooh, eine Frau, die weiß, was sie will. Sowas mag ich", hörten wir dann eine Stimme sagen. Eine ziemlich männliche. Und eine, die Levi am liebsten zum Stillstand bringen würde. Denn hinter uns stand ein Typ. Aber es war nicht Craig, den ich zuerst vermutet hatte, sondern ein großer, dunkelhaariger, Muskelprotz.
„Tch", machte Levi nur und das Feuer war entfacht. Scheiße.
Schmunzelnd schaute Corey erst zu mir, dann zu Levi.
„Hauptgefreiter Levi, Corey mein Name", sagte er.
„Ach, wirklich?! Wäre ich im Leben nicht drauf gekommen."
„Levi!", zischte ich leise, doch Corey lachte nur kurz auf.
„Tut mir leid, natürlich wissen Sie, wer ich bin. Ich wollte mich nur noch mal persönlich vorstellen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Sie sind quasi eine Legende. Auch bei uns."
Levi ignorierte Corey und ging wieder zu Shadow, um seine Trense zu prüfen. Ich spürte diese seltsame Anspannung, die von Levi ausging. Er passte ihm nicht.
„Und deswegen freue ich mich umso mehr, gemeinsam mit Ihnen in den Kampf zu ziehen. Wir hoffen sehr, Ihnen eine Hilfe sein zu können."
„Ist gut. Danke", sagte Levi nur darauf und hatte wirklich keine Lust noch weiter mit ihm zu reden. Dann drehte Corey sich zu mir um.
„Also dann: Auf eine gute Zusammenarbeit." Er hielt mir seine Hand hin, die ich zögerlich entgegennahm und meine verschlang, weil sie so groß war.
„Hauptgefreiter", drehte er sich zu Levi um und hielt auch ihm die Hand hin, die Levi ebenfalls zögerlich entgegennahm. Dann entfernte sich Corey von uns.
„Tch. Ich kann ihn nicht ausstehen."
„Kannst du überhaupt jemanden ausstehen? Ich frage für eine Freundin", sagte ich ernst, und doch mit viel Belustigung, in der Hoffnung, Levi würde darüber vielleicht auch schmunzeln. Aber er blieb ernst.
„Für gewöhnlich bin ich kooperationsfähig. Aber nicht bei Typen, die sich an meine Frau ranmachen wollen."
Ranmachen ?" Skeptisch zogen sich meine Augenbraue in die Höhe. Wo hatte Corey sich denn bitte an mich rangemacht? Das war mir eindeutig entfallen.
„Wie kann es sein, dass du sowas echt nicht merkst?"
„Ich habe nur Augen für dich, Heichou", konterte ich. Er nahm vorsichtig meinen Kopf zwischen seine Hände und küsste mich auf die Stirn.



In Reihen aufgestellt warteten wir nun, bis sich das Tor öffnete, welches in die Mauertitanen eingelassen wurde. Dann erfolgte wieder eines der epischsten Sätze von Erwin und wir ritten los. Weit hinaus in die Welt, nur um Stahl-Titanen zu suchen, zu finden und sie letztendlich zu vernichten.
An sich verlief die Expedition wie immer. Man ritt in die Richtung, in der Titanen vermutet oder gesichtet wurden und wartete ab, bis man einem begegnete. Unser Trupp lief relativ weit vorne. Vor uns Ritt Erwin's Abteilung, danach folgten wir. Links und rechts von uns waren weitere Trupps. Sie sahen teilweise wirklich verrückt aus, mit den riesigen Donnerspeeren auf den Rücken und den Masken im Gesicht, die uns daran hindern sollten, das Gift abzubekommen. Es war wie immer. Und doch ganz anders. Ich schaute nach links, wo sich Eren und die anderen befanden, die stark konzentriert nach vorne schauten. Dann schaute ich nach rechts und erblickte Corey mit seinem Team, welches zusätzlich aus fünf Leuten bestand. Einzeln musterte ich jeden von ihnen, konnte aber natürlich kaum was erkennen, zwecks den Masken, die sie trugen. Und natürlich musste Corey jetzt genau in der Sekunde zu mir schauen. Schnell richtete ich meinen Blick wieder nach vorne und erschrak, als vor uns eine Rauchgranate hochging.
„Titanen gesichtet! Macht euch bereit!"
Uiuiui. Das ging schnell. Mit einem Mal waren wir in einem Haufen voll mit Stahl-Titanen. Wo die alle herkamen? Keine Ahnung. Ob ich überfordert war? Dezent.
Das war gelogen. Ich war mehr als nur überfordert.
„LETS GET READY TO RUMBLEEEEEE!", schrie Hanji und alle begaben sich in die Lüfte und wussten anscheinend auch, was ihre Aufgabe war. Die Trupps verteilten sich und die Stahl-Titanen trennten sich voneinander.
„Y/N! Bleib in meiner Nähe und tu nichts Unüberlegtes, sonst gehst du noch drauf", gab der Hauptgefreite mir den netten Tipp, da erhob er sich ebenfalls in die Lüfte, was ich ihm gleichtat, denn vor uns bäumte sich eine riesige Maschine auf. Dieses riesige Blechgestell besaß rotleuchtende Augen und sah aus, als wäre es ein Verbündeter der Decepticons aus Transformers. Ja. So fühlte ich mich. Wie in einem Transformers- Film.
Das Ding hob seine Arme, an denen Kanonen befestigt waren und entfachte mit einem Geräusch, als würde ein Flugzeug seine Turbinen starten, ein gelbes Leuchten, woraufhin in wenigen Sekunden ein Geschoss auf uns zukam. Wir wichen aus, auch wenn es mir sehr schwer fiel. Diese Geschosse waren schnell. Sehr schnell. Und heiß, als sie an mir vorbeischossen. Levi brauchte nicht lange und schoss einen Donnerspeer in seine Richtung. Glücklicherweise flog es direkt in das Maul, das sich genau dann öffnete. Die Reißleine wurde gezogen und der Donnerspeer explodierte, woraufhin die Maschine mit grässlichen, klirrenden Sounds zu Boden fiel.
Total versteinert stand ich nun da und schaute mir dieses Ding an. Dann schaute ich mich um. Die Geräuschkulisse war anders. Die Kampfsituation war anders. Alles hatte sich verändert.
„Y/N."
Die Gefahr war viel größer. Jeder von meinen Kameraden konnte jetzt durch Gift und Geschosse getötet werden.
„Hey, Y/N..."
Was waren das nur für grausame Maschinen? Wer stellte denn sowas her und warum?
„Schatz!"
„Was?" Ich fuhr zusammen, als ich diese furchtbare Liebelei hörte.
„Levi! Wie oft soll ich es dir denn noch sagen? Ich hasse solche furchtbaren Kosenamen! Lass das sein!"
„Anscheinend hat dieser furchtbare Kosename aber getan, was er sollte. Nämlich dich wieder ins Diesseits zu befördern."
„...was?"
„Ist alles in Ordnung?"
Ich schaute zwischen Levi und der kaputten Maschine auf dem Boden hin und her, ehe sich Tränen bei mir anbahnten, die ich versuchte wegzublinzeln.
„Äh, ja. Ich...ich muss das alles erst mal verarbeiten..."
„Heeeeeey, ist alles gut bei euch?" Hanji tauchte neben uns auf und musterte uns fraglich.
„Ja. Bring Y/N hier weg, Hanji."
„Was?!", entfuhr es uns beiden. Mir eher fassungslos, Hanji eher verdutzt.
„Es ist hier viel zu gefährlich für sie."
„Aber..."
„Ne, Levi", protestierte ich direkt.
„Ich werde jetzt bestimmt nicht einfach abhauen, wie so ein Hosenschisser."
„Es geht hier nicht darum, ob du ein Hosenschisser bist, sondern es geht um deine Sicherheit! Du hast doch überhaupt keine Ahnung wie man gegen so eine Art Titan kämpft! Du konntest dich gerade kaum rühren, bist nur durch Glück ausgewichen und warst danach wie gelähmt! Hör auf ständig so stur zu sein und deinen Kopf durchsetzen zu wollen! Verdammt, Y/N! Was tust du nur?!" Meinen Kopf durchsetzen wollen? Ich fühlte mich eher vor dem Kopf gestoßen, als Levi mich zurechtwies. Seine ernste, dominante Art zeigte mir auch hier wieder, dass er sich zwar sorgte und es nur gut meinte, aber das passte mir nicht. Absolut nicht.
„Ich darf machen was ich will", antwortete ich nur und schluckte den Kloß herunter, der sich bei mir gebildet hatte.
„Und ich will helfen!"
„Du hilfst uns aber nicht, wenn du nur rumstehst und darauf wartest, gerettet zu werden."
Bämm! Das traf mich wie ein Stein...
„Autsch...", hörte ich auch Hanji flüstern.
„Okay ihr beiden...hört bitte auf zu streiten. Dafür ist nun wirklich keine Zeit. Und Levi, ich widersetze mich dir nicht gerne, aber keiner von uns kann sie jetzt zurückbringen. Wer weiß, wie viele Maschinen noch kommen."
Ich schaute mich erneut um. Einige kämpften noch, doch die Stahl-Titanen schienen immer weniger zu werden.
Plötzlich rief jemand Levi's Namen, woraufhin er verschwand und mich sauer zurücklies.
„Tzäh. Typisch Levi. Wenn's ernst wird, zieht er seinen Schwanz ein."
„Mordsfreundin, er macht sich nur Sorgen um dich. Du musst ihn verstehen. Du bist jetzt seine Frau. Levi hat mit dir an seiner Seite einen Menschen an sich gelassen, der die tiefsten Gefühle in ihm kennt. Ich glaube, er hat noch keinen Menschen so sehr geliebt, wie dich. Und du bist schon einmal von uns gegangen. Er dachte, er hätte dich komplett verloren, nachdem du dein Gedächtnis verloren hattest. Nun ist es wieder vollständig da und du machst bei einem Kampf mit, der einst dafür gesorgt hat, dass es überhaupt erst soweit gekommen ist. Er kann dich nicht aufhalten, weil du einfach du bist, aber er kann dich auch nicht an Ketten in den Kerker sperren. Du musst ihn verstehen."
Es war nicht so, dass ich ihn nicht verstand. Mein Herz wusste das, aber mein Kopf wollte ein Teil dieser Truppe sein und helfen. Warum war das so? Ich wusste es selbst nicht so genau. Ich wusste nur, dass es mich manchmal in Situationen brachte, die zwischen uns eine negative Stimmung verursachte.

„Allemann zuhören! Die Titanen hier scheinen alle vernichtet worden. Hanji? Was sagt der Radar?", rief Erwin in die Runde. Hanji zückte daraufhin ein kleines, rundes Gerät hervor, was mich ziemlich stutzig werden ließ.
„Moment, Erwilein."
„Was zum Kuckuck ist das denn jetzt schon wieder?!", fragte ich.
„Hanji hat einen Radar gebaut", erklärte mir Armin.
„Dieser kann die Positionen der Stahl-Titanen ausmachen."
„Hä?! Ernsthaft? Also funktioniert das praktisch wie ein Dragonball-Radar?!"
„Ein was ?" Oh! Ich vergaß, dass ich mich ja hier in einem völlig anderem Zeitalter aufhielt und sie alle keine Ahnung von Animes in meiner Welt hatten, worunter sich Dragonball befand, wo man mit einem Radar die Kugeln aufsuchen konnte.
„Ähhh, vergiss es, Armin. Ist nicht so wichtig."
„Aaaalso...in der Umgebung scheinen keine weiteren Titanen mehr zu sein", antwortete Hanji Erwin.
„In Ordnung. Stellt wichtiges Material sicher und dann reiten wir zurück."

Den ganzen Rückweg über ignorierte ich meinen Mann, dem ich eigentlich nicht böse sein sollte, aber mein Ego es für richtig empfand. Auch stellte ich Pegasus ohne Weiteres in seinen Stall und ging dann auf mein Zimmer. Auf mein Zimmer. Ganz recht. Ich wollte für mich sein, was aber nicht lange anhielt, denn circa eine Stunde später klopfte es draußen.
„Bin nicht da", antwortete ich nur und vergrub mein Gesicht wieder in mein Kissen.
Nicht da klingt aber anders", entgegnete mir die weise Stimme am anderen Ende der Tür.
„Lass mich bitte rein. Ich will mit dir reden."
„Tür ist auf", nuschelte ich nur und hörte dann das leise Quietschen, dann das Klackern, als die Tür ins Schloss fiel. Wenig später setzte sich etwas auf mein Bett. Nun, natürlich war es nicht etwas, sondern Levi. Rühren tat ich mich aber dennoch nicht.
„Kannst du jetzt aufhören die beleidigte Leberwurst zu spielen? Ich will mich wirklich nicht mit dir streiten." Widerwillig setzte ich mich nun auf und schaute Levi ins Gesicht. Er sah wirklich nicht danach aus, als wolle er weiterstreiten.
„Ich wollte dir mit meinen Worten nicht wehtun, aber-"
„Ist schon okay", unterbrach ich ihn, wie ich es auch früher immer getan hatte.
„Hanji hat mir schon ins Gewissen geredet und ja, verdammt, ihr habt ja beide recht."
„Was?!", entfuhr es Levi leicht irritiert.
„Du gibst keine Widerworte? Wer bist du und was hast du mit meiner Frau gemacht?" Er schmunzelte, als ich ihn leicht gegen seine Schulter boxte.
„Wirklich, Nervensäge. Ich liebe dich und will dich nicht noch einmal verlieren. Wenn du uns helfen möchtest, dann kümmere dich doch einfach anders um uns."
„Ach, und wie? Soll ich für euch backen? Euch gute Tipps geben? Oder putzen?"
„Um Gottes Willen, alles, aber bitte nicht putzen. Sei mir nicht böse." Arschloch!
„Hrrrm!"
„Obwohl, wenn ich es mir so recht überlege, nichts deiner Vorschläge wäre auch nur anmaßend gut. Sei einfach da."
„Du bist wirklich ein Arschloch, weißt du das? Ich kann auch gehen!"
„Nein." Levi zog mich nun vom Bett, sodass ich vor ihm stand. Er legte eine Hand in meinen Nacken, die andere fuhr durch mein Haar.
„Bitte, bleib." Seine Lippen trafen die meine. Erst sanft, dann mit ein wenig mehr Druck. Ein Druck, der in mir und auch in ihm nach mehr schrie, was kurze Zeit später dafür sorgte, dass sich unsere Kleidung subtrahierte.



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Wer ahnt, was jetzt kommt? 🤓

(2) Attack on Titan- Eine Reise zwischen zwei Welten (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt