39. Überleben

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„Scheiße, Leute. Wie konnte das alles nur passieren?", fluchte Jean unverständlich.
„Dauernd ging es gut und heute trifft es unsere besten Kameraden! Was ist das für eine beschissene Welt?"
„Reg dich nicht auf, Jean. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren", sagte Mikasa ruhig und legte ihm eine Hand auf die Schulter, woraufhin er sich direkt beruhigte.
„Ich weiß. Es ärgert mich nur."
„Wir müssen Levi von diesem Baum kriegen! Er darf nicht...er soll nicht...sonst wird er..." Ich bekam die Worte kaum noch aus meinem Mund. Meine Kehle fühlte sich trocken an, wie Staub. Die Worte, die ich zu sagen versuchte, hörten sich eher an, als hätte ich jahrelang geraucht. Kratzig, unerotisch, ungesund. Gerade wollten Erwin und die anderen den Anschein machen, ihn vom Baumstamm zu ziehen, als ein Ton aus seiner Kehle trat. Kratzig, schwache und krächzende Laute. Leise Laute.
„I....I....Ich..."
„Levi, hör auf zu sprechen, das kostet enorme Energie und ich bin so froh, dass du überhaupt noch lebst, weil-"
„...i-ich...l-liebe....d-dich....", krächzte er, ohne auch nur irgendeinen Ausdruck in seinem Gesicht zu verändern. Und obwohl er die Worte gerade eben schon mal gesagt hatte, so ganz unvermittelt, sagte er sie noch mal. Diesmal aber, klangen sie eher nach...
„Oh nein. Nein nein nein nein nein! Du wirst hier jetzt nicht den Löffel abgeben, kapiert?", sagte ich gefasst. Befahl ich schon fast.
„Das klingt sowas von nach einem Abschied! Es gibt keinen Abschied, hörst du? Außer den für Corey und seine Kollegen! Aber nicht für dich! Obwohl nicht mal für die Wichser, die haben alles Schlechte verdient. Also. Das wird jetzt hier keine Beerdigung, also reiß dich gefälligst zusammen, Hauptgefreiter Heichou aka. stärkster Soldat der Menschheit! So nämlich!" Vermutlich hätte er jetzt geschmunzelt und mir einen Spruch gedrückt, doch das konnte er nicht. Sein Ausdruck blieb gleich. Und somit machten sich Erwin und die anderen an die Arbeit, holten Levi dort runter und legten ihn ebenfalls behutsam auf die Seite. Dabei fielen seine Augen komplett zu und eine Regung gab es nicht mehr. Ich versuchte stark zu bleiben, hielt seine Hand und ging ihm sanft durch sein Haar, welches ich ihm aus der Stirn strich.
„In Ordnung. Unser Job ist getan", fing Erwin an.
„Wir müssen nun alle wieder zurück und ihn dort und die anderen Verletzten auf die Krankenstation bringen."
„Ist es nicht besser, ihr verlegt sie hier? Wir haben doch viel bessere Heilungsmöglichkeiten."
„Wie soll das gehen, Y/N?", sagte Erwin sanft und redete mir ins Gewissen.
„Es sind so viele. Und was willst du den Ärzten sagen? Hanji hat uns extra das Mittel mitgegeben. Damit können wir alle zurück. Wir lebenden...und auch die Toten." Bei seinem letzten Satz zog sich mein Herz stechend zusammen.
Hanji...

Eine ganze Zeit verging. Erwin und die anderen Überlebenden gaben sowohl den Verletzten, als auch den Toten das Mittel, welches sie zurück in die Titanenwelt schicken würden. Von Corey war keine Spur mehr zu sehen. Er war durch die Explosion vermutlich verbrannt worden. Reiner, Annie, Berthold und auch Porco ging es soweit gut. Sie hatten gut gekämpft, hatten sich in ihrer Titanenform gut bewiesen, kamen aber nur schlecht gegen die Maschinen an. Jedoch halfen sie jetzt mit, allen das Mittel zu verabreichen. Levi ließ ich aber nicht gehen. Eine Person ins Krankenhaus zu befördern, hielt ich für akzeptabel. Ich wollte ihn bei mir haben . Das war meine Bedingung an Erwin, die er verstand und akzeptierte. Die letzte Person von der ich mich aber in Ruhe verabschiedete, war meine Freundin Hanji. Unter Tränen kniete ich mich ein letztes Mal neben ihren leblosen Körper. Streichelte ihr sachte über die Wange, die schon eiskalt war und flüsterte ihr ein paar letzte Worte zu.
„Danke, Hanji. Für alles, was du für mich getan hast. Für dein Reisemittel, was mir die Chance ermöglicht hat, zu euch zu kommen. Für deine Hilfe bei allen Festen und Ratschlägen, wenn ich Kummer hatte. Du warst einer meiner besten Freundinnen und sicher werden Erni und Bert ihre Mama auch sehr vermissen. Sie hatten es wirklich gut bei dir..." Okay, es ging nicht mehr. Ich heulte los. Die Tränen strömten nur so meine Wangen herunter.
„M-Mach's gut, Hanji. Levi würde jetzt sagen: Leb wohl, Brillenschlange...ach Mann, du wirst mir so sehr fehlen. Aber wir werden uns bald wiedersehen..." Mit diesen Worten drückte ich noch einmal ihre Hand, ehe ich dann aufstand und überlegte, wie ich Levi jetzt ins Krankenhaus bekam.

(2) Attack on Titan- Eine Reise zwischen zwei Welten (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt