Kapitel Acht: Beschützer

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N A T H A N I E L

Mit pochenden Kopfschmerzen versuche ich mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, während sich bereits Tränen in meinen Augen sammeln. Der Bildschirm, das grelle Licht und das Dröhnen, welches nicht aufhören will und sich wie ein Presslufthammer anfühlt, helfen mir nicht unbedingt dabei, weshalb sich meine Laune komplett verabschiedet hat. Eine weitere Tablette darf ich noch nicht einnehmen, als ich kurz den Blick auf die Uhrzeit werfe.

Verdammt, das wird ein richtig langer Tag.

Ein dumpfes Geräusch lässt mich den Kopf heben, sodass ich in die Augen von meinem Arbeitskollegen blicke. Dieser steht vor meinem Schreibtisch und hat die Hände auf meine Arbeitsfläche gelegt, was mir dieses Klopfen erklären würde. Außerdem sieht er mich mit einem komischen Ausdruck an, den ich nicht definieren kann. Aber das ist mir in diesem Moment egal.

»Ist irgendetwas?«, will ich scharf und mit einer gehobener Augenbraue wissen.

Ich mag es nicht, wenn mich jemand bei der Arbeit unterbricht und das wissen meine Arbeitskollegen sehr genau. Meine Konzentration ist sowieso im Eimer und da hilft es mir nicht, dass mich jemand versucht abzulenken. Zudem verschwindet dieser Blick nicht aus seinem Gesicht, was mich nervös werden lässt.

»Der Boss will dich sehen«, erwidert Maik, als er sich aufrichtet und seine Hände entschuldigend in die Höhe hebt.

Tief atme ich ein und schließe für einen Moment meine Augen. »Tut mir leid, Mann. Ich hätte dich nicht gleich so anfahren dürfen«, entschuldige ich mich. Meine Stimmungsschwankungen bringen mich noch um. Ein Glück, dass ich heute noch keine Reise in die Vergangenheit gemacht habe. In dieser Kombination wäre das fatal.

»Kein Ding«, winkt Maik ab und schlendert wieder zurück zu seinem Schreibtisch.

Mit klopfendem Herzen erhebe ich mich, um mich bei meinem Vorgesetzten zu melden. Ich kann mir denken, was er genau von mir möchte, weshalb ich noch die nötigen Unterlagen in die Hand nehme, die er von mir verlangt hat. Tief atme ich ein, bevor ich den Kopf durch seine offene Tür schiebe und ihn stehend am Fenster erblicke.

»Du wolltest mich sehen?«, melde ich mich und trete langsam in das Büro ein.

»Wie geht es dir, Nate?«, fragt er fürsorglich nach, als er mich mit zusammengezogenen Augenbrauen mustert. Dabei hat sich eine tiefe Furche in der Mitte gebildet, die ihn älter aussehen lässt.

»Ich habe nur Kopfschmerzen, aber sonst geht es mir gut«, antworte ich ehrlich, während ich einen Schritt auf ihn zugehe und ihm die gewünschten Dokumente überreiche. »Danke, Nate. Ich lese es mir später durch. Wie lange denkst du, dass du noch so weitermachen kannst?«

Grübelnd beiße ich mir auf die Lippe. Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht so genau und ich will auch gar nicht darüber nachdenken. Es geht mir gut und ich fühle mich, abgesehen von den Kopfschmerzen, ausgezeichnet. »Keine Ahnung, Boss. Wenn ich es weiß, dann melde ich mich bei dir. Aber im Moment ist alles gut.«

Mit einem Nicken nimmt er meine Antwort zur Kenntnis. Louis weiß, dass ich ihm keine Lügen erzähle. Wir haben vor einigen Wochen einen Deal ausgehandelt und an den halte ich mich auch. »Falls du einen freien Tag benötigst, dann sag Bescheid. Und sollten die Kopfschmerzen nicht aufhören, will ich, dass du nach Hause gehst. Hast du mich verstanden?«

»Ja, ich habe verstanden, Boss. Sonst noch was? Ich würde gerne weiterarbeiten.«

Mit seiner Hand winkt er ab. Ein Zeichen für mich, dass ich verschwinden kann, sodass ich augenblicklich den Raum verlasse. Laut seufze ich auf, als ich wieder an meinem Schreibtisch Platz nehme. Eine solche Unterhaltung ist mir jedes Mal unangenehm. Ich bin nicht gerne auf andere angewiesen, aber leider hat sich das Blatt gewendet und ich musste meinen Boss die Wahrheit erzählen. Es war nur fair von meiner Seite aus und sein Angebot war es ebenfalls. Darüber kann ich mich nicht beklagen.

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