N A T H A N I E L
Das Wimmern und das Schluchzen ist seit einigen Minuten leiser geworden, bis es komplett verstummt ist. Es tut mir in der Seele weh, dass es meiner besten Freundin nicht gut geht und dass ich schuld daran bin. Aber nachdem sie mich mit dem Brief konfrontiert hatte, konnte ich sie nicht weiter belügen oder ihr Informationen vorenthalten.
Das wäre ihr gegenüber nicht fair.
Wir beide wurden schon zu lange von unseren Familien belogen, weshalb ich reinen Tisch machen musste. Ich wollte nicht eine weitere Enttäuschung für sie sein, auch wenn ich kurz davor war, das Gleiche zu tun. Aber wieder einmal hatte das Schicksal andere Pläne dafür und hat ihr den Brief in die Hände gespielt.
Mit hängenden Schultern verlasse ich mein Zimmer und steuere die Küche an. Mein Blick fällt mal wieder auf meinen Esstisch und ich mache mir eine gedankliche Notiz, dass ich ihn in den nächsten Tagen aufräumen muss. Dieses Chaos herrscht bereits zu lange hier und ich sollte es endlich in den Griff bekommen. Vielleicht ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Sobald ich den Kühlschrank öffne, kann ich die knarrende Türe von Averys Zimmer hören. Anscheinend hat sie sich ein wenig beruhigt. Ich will sie nicht traurig sehen. Nicht meinetwegen.
»Willst du etwas aus der Küche?«, schreie ich auf und nehme eine Limo in die Hand.
»Eine Cola hört sich gut an. Und dann wäre ich froh, wenn du mir im Wohnzimmer Gesellschaft leisten würdest.«
Achselzuckend nicke ich, auch wenn sie mich nicht sehen kann. Wenn Avery Zeit mit mir verbringen möchte, ist das ein gutes Zeichen, oder? Immerhin versteckt sie sich nicht mehr vor mir, nachdem ich ihr die Wahrheit über meinen Zustand erklärt habe. Oder eher das nicht wissen davon.
Gekonnt nehme ich das gewünschte Getränk heraus und schlendere einen Augenblick später zu meiner besten Freundin. Sie sitzt bereits auf der Couch und hat ein Blatt Papier vor sich und einen Stift in der Hand.
Mit gerunzelter Stirn reiche ich ihr die Cola, die sie sofort entgegennimmt, bevor sie mir mit der Hand ein Zeichen gibt, ebenfalls Platz zu nehmen.
»Was wird das?«, will ich wissen, während sich die Furche auf meiner Stirn noch mehr vertieft.
»Wir machen eine Liste zusammen.«
Tief seufze ich auf, als ich mich nach hinten lehne und genau weiß, was für eine Liste sie im Kopf hat. Ob das eine gute Idee ist?
»Ich weiß nicht«, sage ich verzweifelt und reibe mir über das Gesicht.
»Wieso nicht? Das wird genial und es erinnert mich ein wenig an unsere Holly Liste.«
Stöhnend schließe ich die Augen, bevor ein komischer Laut meinen Mund verlässt, das sich wie ein Lachen anhört. »Ich finde diesen Namen immer noch schrecklich. Keine Ahnung, wie du darauf gekommen bist.«
»Na ja, Highschool und College in einem Wort.«
Kopfschüttelnd richte ich mich auf. »Irgendwie hört sich das nicht nach diesen zwei Worten an.«
Mehr sage ich nicht, weil ich genau weiß, dass ich diese Diskussion nicht gewinnen werde. Habe ich nie und das wird in nächster Zeit ebenfalls nicht der Fall sein. In diesem Punkt ist Avery zu stur.
°°○°°
»Wir sollten uns betrinken, Nathaniel. So richtig abstürzen. Sowas machen doch die Menschen in unserem Alter.«
Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich meine beste Freundin dabei beobachte, wie konzentriert sie dieses Blatt Papier ansieht und draufkritzelt. Dabei kräuselt sie so süß ihre Nase, während ihr Mund einen Spalt offen steht, weil sie alle zehn Sekunden ihre Strähnen wegpustet. Natürlich wäre es einfacher, wenn sie die Haare zusammenbinden würde, aber das ist ihr in diesem Moment egal.
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The Last Letter
RomanceAvery Wilson ist kurz davor, mit dem Mann ihrer Träume den Bund der Ehe zu schließen, als sie einen Brief erhält, der sie zurück in die Vergangenheit katapultiert. Entschlossen will sie die Antworten finden, die sie seit Jahren nicht in Ruhe lassen...