A V E R Y
In meinem Inneren wütet ein Tornado, den ich nicht aufhalten kann. Es fühlt sich an, als würde er mich erschlagen, wie auch in die Luft fliegen lassen. Der Aufprall wird bald kommen und ich wappne mich auf den Schmerz, der mich in Stücke reißen wird. Mein Atem geht stoßweise, während ich mit schnellen Schritten in das Hotel zurücklaufe. Das einzige, dass ich in diesem Moment fühle, ist Verrat und Enttäuschung.
Alles in mir wünscht sich, dass Connor bei mir ist, damit er mich in den Arm nehmen kann. Dass er mir die Ruhe schenkt, die ich so sehr brauche, während er mir leise Worte ins Ohr flüstert. Dass er mir den Rücken streichelt, mich mit seinen Berührungen beruhigt, sodass ich wieder zu Atem kommen kann.
»Verdammte Scheiße«, schreie ich in die Nacht hinein, während ich einen Gang zulege, um endlich in dieses beschissene Hotel zu kommen. Mir ist es egal, ob mich jemand hört. Mein Kopf platzt gleich, wenn ich mich bald nicht beruhige.
Mein Herzklopfen wird schlimmer, als sich Tränen aus Wut wieder in meinen Augen bilden. Die ganze Zeit spukt ein Gedanke in meinem Kopf herum, der mir versucht den Boden unter meinen Füßen wegzuziehen.
Plötzlich klingelt mein Handy, sodass ich es aus meiner hinteren Hosentasche hervorhole und erleichtert aufseufze, als ich Connors Name auf dem Display lese.
»Connor!«, nehme ich den Anruf entgegen.
»Was ist los?«, will er sofort wissen, als er meine panische Stimme hört, die schrill und laut ist.
»Mein Vater ist schuld daran, dass Nathaniel den Kontakt abgebrochen hat«, murre ich ins Telefon, das ich krampfhaft in meiner Hand halte.
Ein Glück, dass es noch nicht zerbrochen ist.
Auf der anderen Leitung wird es mucksmäuschenstill, als ich endlich dieses doofe Hotel erreiche und sofort auf mein Zimmer gehe. Was heute Morgen für mich noch zauberhaft und idyllisch war, ist in diesem Augenblick das genau Gegenteil davon. Wie schnell sich die Seite einer Medaille wendet, ist unglaublich. Aber durch mein Gefühlschaos und dieser verdammten Enthüllung kann ich in nichts etwas Positives sehen.
»Du hast Nathaniel gefunden?«, hakt er neugierig nach und ignoriert dabei meine Frage völlig. »Hast du mir nicht zugehört? Mein verdammter Vater hat mich in dieses Loch gestoßen, in dem ich mich jahrelang befunden habe. Er ist derjenige, der mir das Wichtigste auf dieser weiten Welt genommen hat und das ohne mit der Wimpern zu zucken.«
Mit einem lauten Knall schließe ich die Tür hinter mir und lasse mich auf das Bett fallen. Die weiche Matratze schmiegt sich an meinen Körper, hüllt mich wie Watte ein, während ich auf Connors Antwort warte. Wieder einmal ist es still auf der anderen Seite der Leitung. Nur seinen Atem kann ich hören.
Meine Augen sind geschlossen, damit ich mir die Szene besser vorstellen kann, die ich mir in diesem Moment sehnlichst wünsche. Diese Wärme, die er jederzeit ausstrahlt, wenn er mich in den Armen hält. Sein Herzklopfen, das zu meiner Lieblingsmelodie geworden ist und in meinen Ohren widerhallt. Und seine Stimme, die mir beruhigende Worte zu flüstert, während ich seinen Duft einatme, der mich seit dem ersten Moment berauscht, hat.
»Atme tief ein, Avery«, höre ich ihn flüstern, während ich im Hintergrund ein Rascheln vernehme. Mit geschlossenen Augen hole ich tief Luft und lausche seinen leisen Worten, nach denen ich mich gesehnt habe. »Lass dich nicht von deinen Gefühlen überwältigen. Auch wenn es sich in diesem Moment nicht danach anfühlt, Avery, hatten deine Eltern vielleicht einen Grund. Oder es ist ein riesiges Missverständnis. Erzähl mir alles, Engel. Das wird dir bestimmt helfen.«
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The Last Letter
RomanceAvery Wilson ist kurz davor, mit dem Mann ihrer Träume den Bund der Ehe zu schließen, als sie einen Brief erhält, der sie zurück in die Vergangenheit katapultiert. Entschlossen will sie die Antworten finden, die sie seit Jahren nicht in Ruhe lassen...