A V E R Y
Tief seufze ich auf, als ich die E-Mail an meinen Boss abschicke und mich nach hinten lehne. Mein Herz klopft noch immer wie verrückt, während ich die Hände an meiner Jeans abwische. Mein Verstand rast und geht nochmals jedes Wort durch. Es war nicht einfach diese Zeilen zu schreiben, weil es ein Thema ist, das mich seit einer Woche stetig begleitet. Und mir verdammt große Angst bereitet.
Stunden habe ich gebraucht, um die richtigen Worte zu finden, die meine Gefühle perfekt widerspiegeln. Ich hoffe, dass meine Leser es mir nicht übel nehmen und mich auch weiterhin unterstützen. Es war keine Kopfsache, als ich mich dazu entschieden habe. Mein Herz wollte es und ich bin jemand, der immer darauf hört. Egal, wie schwer es werden wird.
Sobald sich mein Körper beruhigt hat, stehe ich auf und verlasse mein Zimmer. In der Küche hole ich mir was zu trinken und bemerke, wie leise es hier im Haus ist.
Nathaniel hat mir zwar gesagt, dass er schnell etwas erledigen müsste, aber es sind bereits einige Stunden vergangen. Die Sorge, die sich in meinem Inneren bemerkbar macht, versuche ich zu verdrängen. Ich darf nicht zulassen, dass ich zu einem Kontrollfreak mutiere. Mein bester Freund sollte die Dinge immer noch für sich selbst entscheiden.
Mit gekonntem Griff fische ich mein Smartphone aus der Jeanstasche heraus. Diesen stillen Moment will ich nutzen, um meine kleine Schwester anzurufen und mich vor meinen Gedanken abzulenken.
»Avery! Ich freue mich sehr, von dir zu hören«, begrüßt mich Alyssa, sobald sie den Anruf entgegennimmt.
Schmunzelnd lehne ich mich gegen den Kühlschrank. »Hallo, kleine Schwester. Wie geht es dir?«
Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie unglaublich sie mir fehlt. Vor allem unsere Gespräche, wenn sie mich Abends besuchen kommt. Mit Alyssa kann ich über alles reden und ihr meine Gedanken offenbaren, ohne Angst haben zu müssen, dass sie mich verurteilt. Auch jetzt würde ich ihr am liebsten alles erzählen wollen, nur weiß ich nicht, ob Nathaniel das gutheißen würde. Immerhin geht es um ihn und nicht um mich.
»Es ging mir schon mal besser. Mama versucht noch immer mit mir zu reden, auch wenn ich ihr gesagt habe, dass ich Zeit brauche.«
Verdammt. Kann sie Alyssa nicht in Ruhe lassen? Unsere Mutter sollte verstehen können, dass diese Enthüllung uns schockiert hat.
»Wenn du willst, kannst du das Gästezimmer von Connor und mir benutzen, damit du den Abstand bekommst, den du dir wünschst.«
Ich kann ein Rascheln am andere Ende der Leitung vernehmen. »Nicht nötig. Ich übernachte seit einigen Tagen bei Drew.«
Drew war schon immer für meine Schwester da. Ich habe die Befürchtung, dass er tiefere Gefühle für Alyssa hegt. Auch wenn beide immer beteuern, dass nichts zwischen ihnen läuft.
»Erzähl mir besser, wie es in Lewisburg ist, Avery. Geht es dir gut, jetzt, wo du Nate gefunden hast?«
Bei dieser Frage erscheint ein breites Lächeln auf meinem Gesicht. Ich bin wirklich froh, dass wir uns wiedergefunden haben, auch wenn ein dunkler Schatten dieses Glück überdeckt. Zwar habe ich nicht die Hoffnung verloren, jedoch will mich ein Gefühl nicht loslassen, dass es noch sehr schmerzhaft für uns beide wird.
»Es ist schön hier«, beginne ich zögerlich, bevor ich innehalte und mich räuspere, da sich ein Kloß in meinem Hals gebildet hat. »Aber ich denke, dass noch einiges auf uns zukommen wird.«
Meine Antwort wird einige Fragen aufwerfen, aber ich möchte meine kleine Schwester nicht belügen.
»Was ist los?«, hakt sie nach. In ihrer Stimme kann ich die Verwirrung heraushören. Bestimmt kräuselt sie die Nase. So wie sie es immer tut.
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The Last Letter
RomanceAvery Wilson ist kurz davor, mit dem Mann ihrer Träume den Bund der Ehe zu schließen, als sie einen Brief erhält, der sie zurück in die Vergangenheit katapultiert. Entschlossen will sie die Antworten finden, die sie seit Jahren nicht in Ruhe lassen...