Kapitel Neununddreißig: Streit

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A V E R Y

Schnell renne ich durch den Flur, während mir mein Herz bis zum Hals schlägt und das Adrenalin durch meine Adern fließt. Meine Hände zittern unaufhörlich, da in meinem Inneren eine Angst herrscht, die mir den Atem raubt. Zudem habe ich das Gefühl, dass ich keinen Zentimeter vorankomme, da die gewünschte Tür nicht auftaucht. Als wären meine Beine, wie in einem Alptraum blockiert, sodass mir das Gehen erschwert wird.

Sobald ich den Anruf gekriegt habe, sind Connor und ich sofort in das Auto gestiegen und nach Lewisburg gefahren. Es war ein Höllentrip, da ich nicht genau weiß, was mit meinem besten Freund los ist. Die Krankenschwester hat von einem Zusammenbruch gesprochen, aber mir nichts Weiteres sagen können, da sie warten müssen, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind.

Das ist einfach alles zum Verrücktwerden.

»Hey!«, schreit mir jemand hinterher, nachdem ich sie aus Versehen angerempelt habe und zeigt mir den Mittelfinger.

»Tut mir leid«, rufe ich zurück, auch wenn das nicht stimmt. Nicht, nachdem sie mir ihren schönsten Finger präsentiert hat. Sie sollte vielleicht darüber nachdenken, wo sie sich gerade befindet.

Ich versuche nochmals mein Tempo zu beschleunigen, auch wenn meine Lunge kurz vor dem Kollabieren ist. Verdammt! Auch wenn ich es niemals für möglich gehalten hätte, so wünsche ich mir in diesem Moment, dass ich hartnäckiger in Sachen Sport gewesen wäre. Jedenfalls, was meine Kondition angeht.

Meine Augen huschen über jede Zimmernummer, um zu sehen, wie weit ich noch von der dreihundertsiebenundfünfzig entfernt bin. Noch vier Türen, und ich bin endlich bei meinem besten Freund. Hoffentlich werde ich jetzt mehr herausfinden, nicht dass ich zu spät bin.

Außer Atem bremse ich meine Beine und stütze mich an meinen Knien ab. Tief hole ich Luft und schließe für einen kurzen Moment meine Augen. Stumm zähle ich bis zehn, bevor ich mich wieder aufrichte und die Haarsträhne aus meinem Gesicht streiche, die sich aus meinem Zopf gelöst hat.

Der unangenehme Duft des Krankenhauses dringt mit einem Schlag in meine Nase, sodass ich sie leicht rümpfe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich ihn komplett ausgeblendet. Prompt schüttelt es mich, da ich diesen Geruch mit dem Tod in Verbindung bringe. Das kommt daher, da mein Vater monatelang in so einem Zimmer verweilen musste und ich ihn, auch wenn wir ein angespanntes Verhältnis hatten, jede Woche besucht habe.

Es war keine einfache Zeit. Für niemanden. Meine Mutter hat jeden Tag geweint und sich in ihr Zimmer eingesperrt. Alyssa wollte ihn sehen, wusste aber, dass er sie wieder wegschicken würde, weshalb sie ferngeblieben ist. Und in mir hat ein Durcheinander geherrscht, das mir ständige Kopfschmerzen bereitet hatte. Zudem wollte er permanent mit mir über die vergangene Zeit sprechen und hat einen Versuch nach dem nächsten gestartet. Unser Verhältnis hat sich zwar ein wenig gebessert, da wir beide wussten, dass er nicht mehr lange leben wird, jedoch war es nie mehr so wie früher.

Er war nicht der Vater, den er für mich hätte sein sollen. Leider hat er nur seine Ziele für mich verfolgt, während er meine komplett ignoriert hat, bis ich nachgegeben habe. Und das ist etwas, dass ich bis heute bereue. Nur können wir die Zeit nicht zurückdrehen, denn heute wüsste ich, wie ich mich dagegen gewehrt hätte. Mich durchgesetzt hätte.

»Geht es Ihnen gut?«, höre ich plötzlich eine Stimme, ehe mich jemand an der Schulter berührt, sodass ich zusammenzucke.

Unmittelbar wandert meine Hand zu meiner Brust, als würde sie verhindern wollen, dass mir mein Herz herausspringt. »Ähm …«

»Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken. Es ist nur so, dass sie ziemlich traurig auf diese Tür schauen, da konnte ich nicht einfach so an Ihnen vorbeilaufen.«

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 25 ⏰

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