Die Schlacht der Schlachten:Es war die Zeit des 2. amerikanischen Golfkriegs unter George W Bush, als mir das Wort zum ersten Mal bewusst begegnet ist: Armageddon. Obwohl ich die Bibel mehr als ein Mal komplett und weitaus öfter in Teilen gelesen habe, war es für mich kein Begriff.
Doch inzwischen war ich Menschen begegnet, für die Mohammed ein falscher Prophet war, ein Anbeter des Teufels - nette, freundliche, im Alltag engagierte und kompetente Menschen, mit denen ich gerne zu tun hatte. Aus ihrer Sicht stammten die Visionen Mohammeds direkt vom Teufel - ob Mohammed das nun wusste oder nicht - und seine Religion war dementsprechend ein Kult von Teufelsanbetern.
Dieses für mich verstörende Gedankengut begegnete mir nun erneut im Umfeld dieses Krieges. Da waren Leute tatsächlich überzeugt, dass dies der Endkampf mit den Mächten des Satans ist und der Triumph der heiligen Krieger mit der Ankunft oder Wiederkehr des Messias einhergeht. Mit Entsetzen betrachtete ich diese Vorstellung von Realität und die vereinzelten Hinweise, dass George W. Bush christliche Missionierungs-Versuche durch evangelikale Gruppen förderte und dachte mir: Das geht nicht gut.
Antike, Gegenwart und Zukunft:
Ausgerechnet ein Buch über das antike Babylon bringt weitere Fakten. Zu Beginn seines Buches 'Babylon' entführt uns Paul Kriwaczek in die Zeit des zweiten amerikanischen Golfkriegs und zugleich in die Denkweise antiker Völker des Nahen Ostens.
Indem er antike und moderne Texte und Ereignisse kontrastiert, werden sowohl die Monumentalität der Emotionen und Ereignisse für die Betroffenen als auch die antiken Muster, die sich in modernen Zeiten wiederholen, akut.
Er beschreibt Saddam Hussein als einen Herrscher, der sich zutiefst mit den berühmtesten Herrschern des antiken Zweistromlands identifizierte und sich von Gott berufen glaubte, ihrem Beispiel zu folgen, und George W. Bush als jemand, der sich von Gott berufen fühlte, diesen Krieg zu führen.
Kreuzzug:
Ich kann es nicht beweisen, aber ich vermute, dass ohne die gefährliche Vorstellung von Armageddon als Grundlage für diesen Krieg in den Köpfen von einem vielleicht kleinen, aber wichtigen Teil der Beteiligten ISIS kaum denkbar war. Denn in mir - flüchtig - begegneten Dokumenten ist von 'Kreuzzug' und 'Kreuzrittern' des Westens die Rede, was nach unserem überwiegend säkularen Mainstream-Verständnis keinen Sinn macht. Der 2. Golfkrieg war nach Mainstream-Verständnis kein Krieg christlicher Kreuzritter gegen den Islam.
Aus Sicht des medialen Mainstreams liegt der letzte Kreuzzug etliche Jahrhunderte zurück. Das damit verbundene Denken ist lange überwunden. Unsere Werte sind ganz andere.
Doch aus der Sicht mancher Beteiligter und Betroffener trifft der Terminus Kreuzzug zu. Und dieses Verständnis, dass der Islam an sich das Böse, der große Feind, die Gefahr für unsere Zukunft ist, ist sogar in unseren Mainstream-Diskurs eingesickert und hat sich dort ausgebreitet, ohne dass sich jemand über die Herkunft dieser Vorstellungen Gedanken gemacht hätte. Hat hier unsere Gesellschaft, haben unsere Medien versagt?
Katzenjammer:
Inzwischen ist manchen aufgefallen, dass nicht jeder Muslim und jede Muslima eine Zeitbombe und potentielles Mitglied einer weltweiten Bande von Terroristen und Teufelsanbetern ist. Aber der Schaden ist da, die Spaltung immens, die Wut, die Trauer und Verletzung radikal. Und genau das hilft den Terror-Organisationen mobilisieren.
Da fühlen sich manche bestätigt, dass sie von Christen verachtet, verfolgt und misshandelt werden, sich im Namen ihres heiligen Glaubens verteidigen müssen.
Oder - noch schlimmer - sie glauben, dass ihr einzig wahrer Glaube über das 'teuflische' Christentum moderner Kreuzritter triumphieren müsse, damit Gottes heilige Herrschaft endlich anbricht.
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Die Fülle des Lebens
Non-FictionEigentlich wollte ich nur eine Mail schreiben. Doch die wurde zu lang und niemals abgeschickt. Ich wollte einem Bekannten, mit dem ich vor Monaten über Nachhaltigkeit und Entfremdung gesprochen hatte, berichten, welcher stetige Strom an Gedanken aus...