Glaubensbekenntnis

13 1 0
                                    

'Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will.

Dafür braucht er Menschen, die sich alles zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass auch meine Fehler und Irrtümer nicht vergebens sind

Und dass es Gott nicht schwerer fällt, mit ihnen umzugehen als mit meinen vermeintlichen Guttaten.

Ich glaube, dass Gott kein unpersönliches Schicksal ist,

Sondern auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.'

Tod und Leben:

Dieses Glaubensbekenntnis des Theologen Dietrich Bonhoeffer wurde in einer kleinen Gottesdienst-Gemeinde regelmäßig an Stelle des großen apostolischen Bekenntnisses gebetet, das ansonsten üblich ist. Diese kleine, aber tiefgreifende Änderung verdankte sich offenbar einem klugen, zurückhaltenden Menschen, dessen Anwesenheit ich sehr schätzte.

Alles an diesem Menschen erschien mir ebenmäßig, schlicht und klar. Und diese Schlichtheit, Ebenmäßigkeit und Klarheit schienen auf Gottesdienst und Gemeinde auszustrahlen, wenn er da war. Ich mochte die Gemeinschaft und auch die anderen Leiter fand ich gut. Doch seine Anwesenheit machte den Ort zum Heiligtum, den Tag zum Fest, ohne dass ich je viel mit ihm zu tun hatte oder besonders in seine Nähe strebte. Erst spät erfuhr ich, dass auch er ein Überlebender war.

Fremd:

Er wuchs als Kind in jenem Staat auf, von dem so viele Verbrechen ausgingen. Er war ein Teil der Gesellschaft, war mit ihr eins. Er glaubte, was ihm erzählt wurde, und identifizierte sich voll mit der Ideologie und den Abenteuern der Hitler-Jugend, bis er eines Tages ausgeschlossen wurde.

Sein Vater, so stellte sich heraus, war zwar christlichen Glaubens, aber jüdischer Herkunft. Das galt als Verbrechen. Die Ehe seiner Eltern war plötzlich rechtlich prekär und er plötzlich ein Aussätziger. Von da an hatte er einige Jahre, um die Gesellschaft, die ihm so nahe war, dass er sich ursprünglich nicht von ihr unterschied, von außen zu betrachten.

Am Ende des Krieges, als dem Regime die Menschen ausgingen, um all die benötigten Bunker und Waffen herzustellen, wurde er abtransportiert und kam in ein Arbeitslager, das im Grunde der Vernichtung durch Hunger und Arbeit diente. Man nahm Menschen, die man sowieso loswerden wollte, und ließ sie Dinge herstellen, die man ohnehin brauchte, unter Umständen, die ein Mensch normalerweise nicht auf die Dauer übersteht.

Das Ende der Schreckens-Herrschaft rückte derweil allmählich näher. Er war am Ende unter denen, die noch lebten, als die Befreiung kam. Er ist später Seelsorger geworden. Das war seine Berufung. Dietrich Bonhoeffer, der noch in den allerletzten Tagen vor der Befreiung in Flossenbürg umgebracht worden war, ist offenbar zu seinem Leitstern geworden und dank dieser Gottesdienste auch zu meinem.

Konstantins Erbe:

Das große apostolische Glaubensbekenntnis ist meines Wissens noch in der Römerzeit entstanden als unterschiedliche christliche Bekenntnisse um die Vorherrschaft kämpften und Kaiser Konstantin persönlich sich mit den Bischöfen und Top-Theologen der Zeit um ein gemeinsames Bekenntnis und eine einheitliche Struktur der Kirche unter Oberaufsicht des Bischofs von Rom bemühte.

Das Bekenntnis war im Grunde der mehrheitsfähige Minimalkonsens dessen, woran Christen glauben mussten, um unter römischer Herrschaft als rechtgläubige Christen anerkannt zu werden. Wer sich diesen Kriterien nicht unterwarf, wurde verfolgt. Dementsprechend haben sich im Orient jenseits des römischen Herrschaftsbereiches einige christliche Bekenntnisse erhalten, die unter römischer oder später byzantinischer Herrschaft ausgerottet wurden. Überhaupt entwickelte sich der Orient zur Sedimentschichten-Chronik der Menschheits-Geschichte, während der Okzident im Gleichschritt in eine separate Zukunft marschierte.

Die Fülle des Lebens Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt