Kapitel 18

269 12 62
                                    

Die meiste Zeit über versuchte Suna, wieder das in sich geschlossene Leben zu führen, dass er vor der Zeit mit Osamu geführt hatte. Jedoch funktionierte das auf Dauer nicht.
Die Sache beim Frühlingsturnier gab ihm nun endlich einen guten Grund, warum er sich wieder mehr im Hintergrund halten und verstummen konnte. Einen Grund, mit dem ganzen Zeug abzuschließen und zu versuchen, sein altes Leben an dem Punkt weiterzuführen, an dem es eindeutig von der Bahn geraten war.
Er musste sich eingestehen, dass es leichter war, so etwas zu sagen, als es tatsächlich auszuführen. Und es änderte auch nichts daran, wenn er Osamu wieder aus dem Weg ging, weil er es nicht schaffte, ihm in die Augen zu sehen oder auch nur ein Wort mit ihm zu sprechen.

Die Frühlingsferien waren wie eine wohlgekommene Auszeit von Allem.
Eine Auszeit, in der er sich tatsächlich in seinem Zimmer verstecken konnte und mit niemandem reden musste.

Aber meistens waren ja die Zeiten, die man am meisten genoss, die, die am schnellsten vergingen.

Das nächste Mal, als er die Inarizaki Oberschule in Hyogo betrat, war er ein Drittklässler, der noch immer nicht wusste, was er werden wollte und seine eigene Lebenskrise noch immer nicht überwunden hatte. Und während die anderen in seiner Klasse am ersten Schultag über ihre Beziehungen und ihre Erfolge im Leben sprachen, saß Suna schweigend und alleine an seinem Platz, zeichnete in seinem Buch herum und lauschte seiner Musik.
Er hatte nur noch dieses Jahr. Dann würde der Ernst des Lebens beginnen, und er wusste, dass er dem noch nicht gewachsen war.

Irgendwann kam die Berufsorientierung.

Da Suna auf seinem Zettel bei seinem Wunschberuf nichts angekreuzt hatte, saß er zwei Tage später bei der Berufsberaterin seiner Schule, Frau Ogura.

Er konnte nicht vergessen, wie hoffnungsvoll sie ihn angelächelt hatte, als er ihren Raum betrat. Als sie sich so gegenüber saßen, jeweils auf ziemlich weichen Sesseln, fühlte sich Suna jedoch eher so, als wäre er hier bei einer Therapie gelandet.

„Also, Suna, ich habe gesehen, dass Sie bei Ihrem Berufswunsch nichts ausgefüllt haben. Dürfte ich fragen, warum?", fragte sie freundlich.
Suna starrte sie etwas baff an. „Weil ich keinen habe, vielleicht?"
Sie nickte verstehend. „Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht?"
„Ja, habe ich."
„Und?"
„Wie Sie sehen, ohne Erfolg. Sonst wäre dort ja was gestanden und ich würde meine Zeit hier nicht verschwenden."

Das Lächeln verschwand nicht von ihrem Gesicht. „Verstehe." Sie kramte in ihren Unterlagen herum. „Als Wahlpflichtfach haben Sie Sportkunde gewählt, nicht?"
„Ja, hab ich."
„Interessiert Sie der Sport?"
Suna zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung."
„Wieso haben Sie denn dieses Fach gewählt?"
„Gab nichts Besseres."
„Was hätten Sie sich denn gewünscht?"
„Gar nichts wählen zu müssen."
Daraufhin war sie anscheinend sprachlos. Offenbar verstand sie schon, dass Suna etwas komplizierter war, als sie angenommen hatte.

„Ähm... also..." Ogura kratzte sich nachdenklich am Hals. „Sie spielen Volleyball? Gefällt Ihnen das?"
„Irgendwie."
„Bist du gut darin?"
„Weiß ich nich'."

Das Gespräch zwischen Suna und Frau Ogura dauerte etwa eine Stunde.
Es endete damit, dass die Lehrerin ihm einen kleinen Zettel mit ihren Daten mitgab und ihm erklärte, dass sie sich ja wöchentlich treffen könnten, um eine Lösung finden zu können.

Suna sagte nur, dass er es sich überlegte.

Danach war Mittagspause. Suna aß jedoch nichts. Es waren ihm zu viele Menschen in der Cafeteria, und mit keinem von ihnen wollte er interagieren müssen.

Also setzte er sich auf den Pausenhof und aß einen Apfel, den er sich von Zuhause mitgenommen hatte, denn Hunger hatte er ja trotzdem etwas.

Dabei scrollte er durch sein Handy. Irgendwann zeigte es ihm eine Nachricht am oberen Bildschirmrand an, auf die er zuerst zu klicken zögerte.

Promise me that we'll be fine - OsaSunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt