Ungefähr zwei Stunden hatte es gedauert, bis sie alle im Frühstücksraum angelangt waren. Größtenteils, weil Kouki sich von der Flugreise absolut nicht erholt hatte und mehrfach erneut eingeschlafen war, während alle anderen um das Badezimmer gekämpft hatten.
Und nun saßen sie alle beisammen beim Frühstück. Die eine Hälfte – Osamu, Reiji und Kazuki – vollkommen munter und bereits motiviert, den ganzen Tag irgendwelche Aktivitäten einzuplanen, während die andere Hälfte – Rin, Yokoi und Kouki – sich in einer Phase der Müdigkeit befand, in der ihnen während dem Essen mehrfach die Augen zufielen. Yokoi war davon noch am schwächsten betroffen. Kouki schlief tatsächlich für einen Moment an seiner Sessellehne ein, bis Rin ihn antippte und aufweckte.
„Ich will auf jeden Fall dieses Bananenboot ausprobieren“, rief Reiji in die Runde, bevor er einen großen Bissen von seinem Brot nahm.
„Mit mir nicht“, machte Rin mit ernstem Blick klar.
Reiji zuckte mit den Schultern. „Okay, dann kommt halt Cookie mit.“
Vollkommen verschlafen sah Kouki auf. „Was?“
„Willst du die Banane probieren?“
Kouki blinzelte, sah dann auf die Banane, die neben Reijis Teller lag. „Ja… okay.“ Er rieb sich die Augen.
„Super!“ Von einer Sekunde auf die andere strahlte Reiji seine Euphorie im Raum herum. „Yokoi, was ist mit dir?“
Yokoi stützte seinen Kopf mit seinen Händen, wodurch seine Brille etwas verrutschte. Seine Augen waren angeschwollen von den Kontaktlinsen, die er in der Nacht vergessen hatte hinaus zu nehmen. Gedankenverloren schob er seinen Kaffeebecher herum. „Vergiss es“, murrte er.
„Ach, komm schon! Das ist lustig!“ Reiji beugte sich über den halben Tisch, um Yokois Arm anzutippen.
Yokoi sah mit monotonem Blick zu ihm. „Vergiss. Es.“
Reiji schmollte. Sah weiter nach rechts. „Osamu-“
Vehement schüttelte Osamu den Kopf.
„Och man. Ihr seid alle Langweiler!“ Gespielt wütend verschränkte er die Arme vor der Brust.
„Ich will mit!“, rief Kazuki.
„Du bist noch zu jung dafür.“
Kazuki schmollte, wandte sich wieder ihrem Müsli zu.
„Ach, kommt schon. Ich will davon ein Video haben und Hugo ein bisschen eifersüchtig machen.“
Yokoi rollte mit den Augen, ließ seinen Arm auf den Tisch fallen. „Wie willst du ihn damit eifersüchtig machen, dass du mitten im Meer von einer Banane fällst?“
„Weißt du, wie lustig das ist?!“ Vor Freude strahlten Reijis Augen. „Probiere es aus, einmal!!“
„Ich habe dir gesagt, das kannst du sowas von vergessen!“
Drei Stunden später saßen sie hintereinander auf dem Bananenboot.
Kouki ganz vorne, weil er bis dahin noch nicht verstanden hatte, bei was er denn mitmachen sollte und es dann als Forderung für seine Teilnahme gestellt hatte, in der Mitte Reiji und hinter ihm Yokoi.
„Ich hasse euch dafür“, brummte er, nahm seine Brille ab und reichte sie Osamu, der sie ihm mit einem breiten Grinsen abnahm.
Kouki sah nach hinten. „Das wird lustig! Ich hab da richtig viele Videos auf TikTok gesehen!“
„Hey, Mister Ich-dachte-bis-vor-fünf-Minuten-du-meinst-eine-echte-Banane: Ich habe das auch gesehen, und ich finde das gar nicht lustig!“
Reiji lachte auf. „Man, sei nicht so ein Griesgram. Dir wächst noch eine Zornesfalte ins Gesicht.“
„So, und jetzt lächeln!“, rief Rin, als er hunderte Fotos von ihnen machte und kicherte. „Die kommen sowas von ins Album.“
Yokoi setzte ein Lächeln auf, das genauso als tödlich interpretiert werden konnte.
Der Bootsfahrer stieß zu ihnen, begann ihnen auf Englisch alles zu erklären, lächelte dabei so freundlich, dass sie alle mitlächeln mussten und nickten, als er zu dem Boot deutete und technisches Zeug erklärte.
Als er in Richtung des Bootes ging, das bereits im Wasser war, bückte sich Reiji zu Yokoi nach hinten. „Hey, was hat der Typ gerade gesagt?“
„Kannst du’s mir auch sagen?“, fragte Kouki nervös.
Yokoi sah zwischen ihnen hin und her. Wollte gerade ansetzen, ihnen eine Standpauke darüber zu halten, dass sie das Englisch lernen nicht so vernachlässigen sollten, als ihm eine bessere Idee kam.
Es sagten doch immer alle, er verstehe keinen Spaß. Und vielleicht war das hier die Möglichkeit, ihnen zu zeigen, dass er auch lustig sein konnte. Zumindest in seinem eigenen Humor.
Er setzte eine ernste Miene auf. „Er hat gesagt, wenn ihr vom Boot fällt, sollt ihr aufpassen, weil da draußen sind heute viele Haie unterwegs.“
Kouki und Reiji rissen synchron die Augen auf.
„Und das Boot kann nicht so schnell umdrehen, dass es euch gleich da raus rettet.“
„W-Was?“, fragte Reiji verdutzt.
„H-Haie?“ Kouki schluckte.
„Are you ready?“, rief der Fahrer ihnen zu.
Reiji und Kouki verneinten gleichzeitig. Der Fahrer lachte.
Dann zischte er los.
„Ich spreche nie wieder ein Wort mit dir!“ Kouki putzte sich den Sand von den Füßen, musste sich dabei sehr verkrampfen, da Kazuki sonst einen Anfall bekam, wenn er noch einmal ihre Burg zerstören würde. „Du hast mich bis aufs Letzte blamiert!“
„Meine Güte, das war doch nur ein Scherz…!“ Yokoi lachte hinter vorgehaltener Hand. „Ich hätte ja nicht gedacht, dass du beim ersten Mal rausfallen den Schatten vom Boot als weißen Hai interpretierst!“
Reiji lachte nun ebenfalls, spuckte aus Versehen sein Wasser aus. Das Wasser tropfte auf Kazukis Burg. Sie starrte zu ihm hoch. Verzog das Gesicht, als ein Turm ihrer Burg einbrach. Dann weinte sie laut.
Rin seufzte, nahm den Sandspielbecher für den Turm und füllte ihn mit Sand, bückte sich dann zu ihr. „Schau…“ Er drehte den Becher um, stellte ihn an den Überresten ab, hob ihn dann wieder hoch. Der Turm war wieder da. Kazuki lachte. „Ta-Da!“
„Er ist wieder da!“, rief das Mädchen glücklich, baute ihren Fluss weiter.
„Wollte ihn nur etwas bewässern, damit er schneller wächst.“
„Reiji.“ Rin sah mit einem ernsten Lächeln zu ihm.
„Sorry.“ Reiji trank wieder aus seiner Flasche.
Ihm gegenüber saß Kouki auf dem zweiten Liegestuhl, der mit seiner Prozedur fertig war und ins Leere starrte. „Das war echt fies“, sagte er leise, wippte mit dem Fuß extrem schnell auf und ab.
„Also bitte, du tust so, als hätte ich dich den Haien zum Fraß vorgeworfen“, lachte Yokoi.
„Hast du ja irgendwie auch!“
„Jetzt übertreibst du aber gewaltig.“
Osamu gesellte sich wieder zu ihnen, stellte eine Plastiktüte neben Rin ab, bevor er seine Geldbörse in die Strandtasche steckte und sich neben ihn setzte, die Tüte öffnete und allen das reichte, was sie sich vorhin gewünscht hatten.
„So, sind alle zufrieden?“
Sie nickten.
„Wann gibt’s eigentlich Essen?“
„Kouki, wir waren vor drei Stunden Mittagessen“, erklärte Osamu.
„Ich frag ja nur.“
„Am Abend.“
Kouki seufzte, ließ sich auf der Breite des Liegestühls zurückfallen und hing mit seinem Gesicht und Oberkörper in der Sonne.
„Setz dich lieber wieder auf, sonst gehst du morgen als Tomatenkopf durch“, warnte Yokoi ihn, doch sein kleiner Bruder winkte ab.
„Ach, ich halte das aus.“
„Wie du meinst…“ Yokoi nippte an seinem Soda, sah in die Ferne, in der gerade der fahrende Eisladen am Strand hielt und seine Hupe betätigte.
„Kann ich ein Eis?“, fragte Kazuki, zog an Rins Arm, wodurch dieser fast sein Wasser verschüttet hätte.
„Ich will auch!“, rief Kouki, setzte sich dabei blitzschnell auf.
Und warf nun den anderen Turm der Burg mit seinem Fuß um.
„Wenn du schon nach vorne gehst, kannst du einen dritten Liegestuhl holen?“, fragte Rin an Osamu gewandt. „Für sechs Leute sind zwei eindeutig zu wenig.“
Osamu blinzelte irritiert. „Wer hat gesagt, dass ich-“
„Biiittteeee.“ Rin legte seinen Kopf an Osamus Schulter ab, blickte ihm direkt in die Augen, setzte einen Schmollmund auf.
Osamu seufzte, drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen, bevor er sich erhob und seine Geldbörse wieder rauskramte.
„Kommt wer mit? Ich kann nicht sechs Eisbecher und einen Liegestuhl alleine tragen.“
Yokoi erhob sich wie gerufen. „Ich komm mit.“
„Kouki!“ Osamu zog ihn am Arm hoch, als er sich wieder hinlegte.
„Warum ich?“
„Weil dir offensichtlich sowieso langweilig ist.“
Kouki stieß genervt Luft aus, stand dann ebenfalls auf.
„Ich will keines“, winkte Reiji ab. „Wenn’s ok ist.“
„Echt nicht?“, fragte Osamu. „Es ist echt warm. Bisschen Abkühlung tut gut.“
„Nein, ich…“ Reiji sah auf seine Hände. „Ähm, ne, ich hab gerade einfach keine Lust.“
„Komm schon, eine Kugel?“, fragte Kouki, bückte sich zu ihm. „Eine Kugel… Zitroneneis?“ Er wackelte mit den Augenbrauen.
Reiji seufzte. „Gut. Von mir aus. Aber in einem Becher!“
Die drei gingen los und Kouki deutete ihm einen Daumen nach oben, während er rückwärts ging. Zumindest, bis er über einen unsichtbaren Felsen stürzte und am Hintern im Sand landete. „Scheiße!“, rief er, stand wieder auf und holte Osamu und Yokoi relativ schnell wieder ein.
Reiji schüttelte lächelnd den Kopf.
„Reiji.“
„Hm?“
Rin setzte sich näher zu ihm. „Du kannst dir doch wohl was gönnen, wenn du offensichtlich Bock drauf hast.“
Reijis Miene wurde dunkler. „Eh. Aber sollte nicht zu oft sein.“ Er schenkte ihm keinen Blick.
Rin schüttelte den Kopf. „Bitte, das kann echt böse ausgehen.“
„Ich hab’s unter Kontrolle, Dad!“, zischte Reiji zurück.
„Hast du das wirklich?“
„Ja, habe ich!“
„Für mich sieht das eher so aus, als hätte dir das irgendjemand in den Kopf gesetzt und du führst das wie einen Befehl stumm aus.“
„Okay. Ist aber nicht so.“
Es hatte keinen Sinn, mit ihm zu diskutieren, dass war Rintaro mehr als bewusst. Und dennoch konnte er das Thema nicht einfach so stehenlassen. Darüber schweigen. Als wäre es damit erledigt. Denn das war es absolut nicht.
Er hatte das alles schon einmal gesehen, und auch wenn Akiba ihre Essstörung, die sie nach Hugos Geburt bekommen hatte, wieder im Griff hatte, ahnte er, dass Reiji derzeit genau dasselbe durchmachte. Natürlich wollte er ihm seinen Traum nicht zerstören, aber zusehen wollte er auch nicht, wie er sich mehr und mehr selbst zerstörte.
Die Wut darauf, dass Akiba einfach viel zu wenig nachgedacht hatte, als sie Reiji diesen Platz bei Wave Music verschafft hatte, stieg wieder in ihm hoch.
Reiji strich sich über die Wangen, als wären dort irgendwelche Sandkörnchen. Direkt über seine Sommersprossen, die in solch intensiver Farbe zu sehen waren, dass man erst jetzt richtig sah, wie viele er davon er wirklich besaß – Verteilt über sein ganzes Gesicht.
„Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Aber ich hab das wirklich unter Kontrolle. Und es zwingt mich keiner dazu“, erklärte er. „Wirklich“, hängte er als Bekräftigung an seine Worte.
Rin erschrak, als Osamu hinter ihm den dritten Liegestuhl platzierte. „So, zufrieden?“
Er grinste breit. „Jap!“
Yokoi reichte Kazuki einen Eisbecher, dann Reiji. Und als er in den Becher sah,, erkannte er zwei Kugeln darin. „Oh, ich glaube-“
„Nein, das passt so“, winkte Yokoi ab. Reiji blinzelte verwirrt.
„Es gab grünen Apfel. Die Sorte liebst du doch“, erklärte Kouki, während er sich mit den drei anderen Bechern auf den Liegestuhl von Rin setzte und ihm seinen reichte. „Und dann konnten wir uns nicht mehr einigen, welche Sorte wir dir bringen. Deshalb beide.“
Reiji lächelte, begann, aus dem Becher zu löffeln. „Danke“, sagte er leise.
In der Zeit, in der sie alle seelenruhig aus ihren Bechern aßen, sprachen sie kein Wort. Außer Kouki. Er sprach wieder auf Dauerschleife. Und Kazuki deutete immer wieder auf die Einhorn-Luftmatratze des Nachbarschirms und bettelte darum, ebenfalls eine zu bekommen.
Als sie alle fertig waren, stellten sie die Becher ineinander auf den kleinen Tisch. Kouki breitete sein Handtuch im Sand aus, meinte, da unten wäre es weicher, während Osamu und Rin sich auf einen Liegestuhl quetschten. Reiji und Yokoi beanspruchten die anderen beiden Liegestühle, und Kazuki setzte sich irgendwann zu Reiji.
Yokoi hatte die Sonnenblende fast direkt vor sein Gesicht gestellt, seine Brille mit einer optischen Sonnenbrille ausgetauscht und hielt sein Handy vor sich. Am liebsten hätte er es ja im Hotel gelassen, aber allein der Gedanke daran, am Abend fünfhundert verpasste Anrufe – was auf wahren Begebenheiten basierte – auf seinem Display zu erblicken, ließ ihn innerlich zusammenzucken, jagte ihm sogar einen Schauer über den Rücken. Also behielt er es bei sich, tippte einmal alle fünfzehn Minuten eine kurze Nachricht an seine Mutter, um ihr zu beweisen, dass er noch nicht von Haien gefressen wurde.
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Promise me that we'll be fine - OsaSuna
Hayran Kurgu☆„𝘕𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘦𝘪𝘯𝘮𝘢𝘭 𝘦𝘪𝘯 𝘑𝘢𝘩𝘳 𝘩𝘢𝘵 𝘦𝘴 𝘨𝘦𝘥𝘢𝘶𝘦𝘳𝘵, 𝘣𝘪𝘴 𝘪𝘤𝘩 𝘮𝘪𝘤𝘩 𝘪𝘯 𝘖𝘴𝘢𝘮𝘶 𝘔𝘪𝘺𝘢 𝘷𝘦𝘳𝘭𝘪𝘦𝘣𝘵 𝘩𝘢𝘣𝘦 - 𝘶𝘯𝘥 𝘯𝘶𝘳 𝘻𝘸𝘦𝘪 𝘔𝘪𝘯𝘶𝘵𝘦𝘯 𝘩𝘢𝘣𝘦𝘯 𝘨𝘦𝘳𝘦𝘪𝘤𝘩𝘵, 𝘶𝘮 𝘮𝘪𝘳 𝘦𝘪𝘯 𝘸𝘦𝘪𝘵𝘦𝘳𝘦�...