Kapitel 22

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Weder das Ticken der Uhr, noch das Gewitter vor dem Fenster nahm Akiba vollständig war. Sie war vertieft in das Aufschreiben einiger Noten, die ihr seit einigen Tagen nicht aus dem Kopf gingen, während sie darum betete, dass das Internet nicht abbrechen und dem Videoanruf, den sie gerade führte, schlagartig ein Ende setzen würde.

„Und wie lange hast du jetzt vor, dort zu bleiben?“

Akiba hob die Schultern, sah jedoch nicht zu ihrer Gesprächspartnerin, die sie abwartend anstarrte.

„Keine Ahnung. Ich bin ja erst seit ein paar Tagen da, da denk ich noch nicht ans Gehen“, sagte sie leise.

„Hm. So, wie ich dich kenne, bleibst du auch nicht lange, Kiwi.“

Die Aschblonde seufzte, legte dabei den Stift zur Seite. „Du musst mir das nicht immer vorwerfen, Lu.“
„Ich mach mir nur Sorgen, dass du irgendwie nie sesshaft irgendwo wirst. Ich meine, du verbringst schon ein Jahr damit, von einem Job zum nächsten zu wechseln.“

Akiba nickte, sah dann zu Chen-lu, die den meisten Menschen nur mehr als Ari bekannt war. Für sie blieb sie Lu. Lu, die sich ständig um sie sorgte, als wäre sie ihre kleine Schwester.

„Ich komm schon zurecht“, beschwichtigte Akiba sie, doch der Älteren schien das nicht zu reichen, denn sie schüttelte den Kopf und seufzte laut auf.
„Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe… mit Wave…“
„Vergess‘ ich nicht, du sagst es mir ja ständig.“
„Weil ich genau sehe, dass es dir fehlt.“
„Tut es nicht.“
„Ich bin nicht diejenige, die grad textet, Kiwi.“

Akiba sah erwischt von dem Zettel auf, legte ihn dann endgültig zur Seite. „Hab nur was aufgeschrieben, was mir so eingefallen ist.“
„Kann ich’s hören?“
„Nein.“

Lu rollte mit den Augen. „Okay, dann halt nicht. Und übrigens, ich soll dich fragen, ob du eigentlich irgendwann vorhast, nach Hause zu kommen.“

Akiba presste wütend die Lippen zusammen. „Lu.“
„Ja?“
Sie sah sie mit ernstem Blick an. „Ich habe dir schon Hunderte Male gesagt, dass du nicht die Botschafterin für meinen Bruder spielen sollst.“
„Aber-“
„Nein, er hat ein Handy und er hat meine Nummer. Er kann mich auch selbst fragen, wenn er was braucht.“

Lu verzog das Gesicht. „Er macht sich genauso Sorgen um dich wie ich.“
„Kann er mir selbst sagen.“ Akiba schüttelte wütend den Kopf.
„Sei doch nicht so stur.“
„Liegt wohl in meiner Familie.“
„Akiba.“
„Es geht schon mein ganzes Leben so!“, sagte sie ungewollt etwas lauter. „Er will immer alles haben und will nichts dafür tun. Und weißt du, warum? Weil’s ihm scheißegal ist. Sonst hätte er die ganze Scheiße damals nicht abgezogen.“

Die Dunkelhaarige schüttelte den Kopf. „Lassen wir das, okay? Ich will nicht mit dir genauso diskutieren wie mit Kira.“

Zugegeben, es hatte Akibas Stimmung dezent kaputt gemacht, was sie nun fast dazu brachte, den Anruf zu beenden. Aber andererseits hatte sie sonst niemanden zum Reden.

„Hast du schon was von ihr gehört?“, fragte sie vorsichtig.
Lu zögerte. „Sie sagt, es ist besser als damals… Aber… ich glaube, dass es ihr noch immer viel schlechter geht, als sie zugeben würde.“

Akiba nickte betroffen. Damit war das Gespräch über Kira auch schon wieder zu Ende.

Sie tippte auf ihr Handy, um auf die Zeit und ihre Nachrichten sehen zu können, als dieses plötzlich ein paar Male hintereinander vibrierte.

Tao
Hey B)
12.24

Tao
Ich bin eventuell zufällig
morgen in Sendai unterwegs :P
12.25

Tao
Wollen wir uns irgendwo treffen? ;)
12.25

Akiba schaltete das Handy sofort wieder ab.
„AHHHHH!!“, schrie sie, warf es dann vom Tisch.

Sie sah an ihrem Tablet-Bildschirm, wie Lu erschrak. „Meine Güte, ist es so schlimm?“
„Nein, der Typ geht mir so am Geist!“
„Wer? Eita?“
„Nein, Tao!“
„Wer ist das?“
„Einer von den Spielern. Der hat anscheinend was auf mich!“ Akiba rieb sich die Schläfen. „Und jetzt hört er nicht mehr auf, mir zu schreiben und mich überall hin zu verfolgen!“

Lu musste laut loslachen.

„Was ist denn so lustig?“
„Irgendwie schaffst du es immer, dich in solche Situationen zu bringen, Semi.“

Die Jüngere seufzte, stützte ihren Fuß am Sessel ab und schloss die Arme um ihn herum. Kaum bekam sie mit, was ihre Freundin da gerade gesagt hatte. „Hast du noch ein Zimmer frei? Ich wäre jetzt gerne in Shanghai.“
„Leider nicht. Unser Gästezimmer ist schon zu einem Kinderzimmer renoviert. Aber du kannst Sumi fragen, vielleicht hat sie noch was in Incheon frei.“
„Von mir aus nehm‘ ich auch was in Amerika.“

Promise me that we'll be fine - OsaSunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt