𝟯𝟬 𝙏𝙧𝙖𝙜𝙚𝙙𝙮

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Ich lief auf den Balkon und atmete tief durch.

Ich verweilte einige Stunden dort und dachte an meine Mum.

Es wurde immer kälter aber ich konnte nicht hinein.
Ich hätte sie nie alleine lassen dürfen.
Ich hätte auf sie aufpassen müssen!

Ich war für sie verantwortlich und musste für sie da sein.

Tränen füllten meine Augen.
Ich hatte das Gefühl nun loslassen zu können.

Nach einigen Stunden hörte ich plötzlich wie sich die Tür des Balkons neben mir öffnete und freute mich schon darauf, fertig gemacht zu werden, weil ich heulte.

Xavier stellte sich ans Geländer und zündete sich eine Zigarette an.

Er sah mich wahrscheinlich nicht weil ich auf dem Boden hockte.

Ich schluchzte bei dem Versuch nicht zu schluchzen.
Einpaar Sekunden später hörte ich ein seufzen.

"Heulst du?",fragte er.

Ich antwortete nicht.

"Wie kann man immer so viel rumheulen?",fragte er eher sich selbst als mich.

Was habe ich gesagt?

"Hast du eigentlich vor, für immer in dem Zimmer zu bleiben?",fragte er dann nach einer kurzen Weile.

Ich sagte immer noch nichts.
Ich wollte ihn doch auch nicht hier haben.
Ich wollte keinen hier haben.

Ich war hier zuerst.
Auf dem Boden wurde es kalt, weswegen ich Aufstand und mich am Geländer anlehnte.

Er sah mich an, doch ich ignorierte ihn.
Ich werde nicht gehen nur weil er jetzt hier ist! Obwohl sein Rauch mich störte.

"Tut es weh?",fragte er nach einer Weile voll Stille und deutete auf meine aufgeplatzte Unterlippe.

Kalt sah ich ihm in die Augen.
"Ich habe gerade andere Probleme als das.",sagte ich bloß und richtete meinen Blick dann wieder starr nach vorne.

Meine genervte Antwort prallte ganz einfach an ihm ab.

Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen wie er erneut an seiner Zigarette zog und mir etwas reichte.
"Hier.",sagte er.

Ich blickte hinauf und sah eine Mappe in seiner Hand.

Was war das?
Irritiert sah ich ihn an und nahm die Mappe an.

"Das ist die Krankenakte deiner Mutter. Erzähl es niemandem.",sagte er und sah anteilslos weg.

Ich sah ihn ungläubig an und schaute dann augenblicklich hinein.

Dort stand alles über sie.

Welche Drogen sie nahm, wie viel, wann und auch woher sie, diese bekam.
Auch wer dabei war, wer den Notruf gerufen hatte und wann sie eingeliefert wurde.

Sie lag im künstlichen Koma.

Ihr wurde der Magen ausgepumpt und es gab eine Bluttransfusion.

Das gesamte Blut in ihrem Körper wurde einmal ausgetauscht.

Das war nicht richtig.
Dieses Blut war nicht für Menschen wie sie bestimmt.

"Wieso tust du das für mich?",fragte ich ihn.

Er sah mich nicht an.

"Es war nicht einfach sie zu verlieren.",sagte er und zog erneut an seiner Zigarette.

Er sprach über seine Mutter.
Zwar immernoch emotionslos, aber mich wunderte es trotzdem, dass er das zugab.
Sonst ging doch alles an ihm so einfach vorbei.

Gangsters don't cryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt