Kapitel 5

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Letzte Woche habe ich mich doch entschieden, mit ihm zu fahren. Natürlich hat er mich mit Fragen bombardiert und sich bemüht, das Gespräch in der Bäckerei fortzusetzen. Aber ich habe nicht nachgegeben und bin still geblieben. Mein Schweigen scheint ihn das Gefühl zu geben, ignoriert zu werden und in meinen Augen nichts wert zu sein. Nachdem ich ausgestiegen bin, habe ich ihm eine Abmachung vorgeschlagen und beschlossen, dass er mich jeden Tag fahren darf. Denn wie sollte ich sonst jemals ein Ziel von mir erreichen?

Aber das ist nicht das, was mich wirklich bedrückt. Vielmehr mache ich mir Gedanken darüber, wie ich es Merve erzählen soll. Es fiel mir bisher nie so schwer, ihr etwas zu beichten. Ich weiß nicht, wie sie reagieren würde, da sie genau weiß, dass ich damals auf ihn stand. Nicht dass ich es ihr gesagt hätte, sondern ich war wohl auffällig genug, dass sie die Vermutung hatte.

Mittlerweile sitze ich mit Merve in einem Café. Ich bin überzeugt davon, dass es besser ist, ihr an einem Ort davon zu erzählen, wo wir beide die Gelegenheit haben, gründlich darüber zu reden. Schließlich brauche ich ihre Meinung. "Raus mit der Sprache", sagte sie. Ich überlege, wie ich beginnen soll. "Hör zu, eigentlich ist es gar nicht so schlimm, aber..." Ich machte eine kurze Pause und seufzte. Dann fuhr ich fort: "Okay, ich bringe es auf den Punkt." Sie sieht mich so an, als würde sie jeden Moment ausrasten. "Moment! Bist du schwanger!?" "WAS? Nein! Merve! Ich bin doch erst 19." ich sah direkt die Erleichterung in ihren Augen. „Dann erzähl jetzt verdammt nochmal." Also gut. "Azad arbeitet mit mir in derselben Bäckerei", sagte ich schließlich. Sie erstarrt kurz. "Der Azad-" "Genau der Azad, den wir kennen", beendete ich ihren Satz.

"Was sucht der Hund da?" "Wenn ich das nur wüsste", sage ich und trinke meinen Kaffee aus. "Was hast du vor? Bringen wir ihn um?" Das war auch mein erster Gedanke, als ich ihn sah. "Wäre tatsächlich eine Möglichkeit", direkt fingen wir beide an zu lachen.

"Im Ernst, was hast du vor?" fragt sie diesmal etwas ernster. "Es ist schwer, ihn dort zu meiden, weil wir momentan immer zur gleichen Zeit arbeiten", antwortete ich. "Krass. Ihr seid euch wirklich wieder begegnet. Wie klein die Welt doch ist", sagt sie theatralisch. "Ich werde ihn dazu bringen, sich in mich zu verlieben", platzt es aus mir heraus. "Um sein Herz genauso zu brechen, wie er deines gebrochen hat?" fragt sie mit Stolz in den Augen. "Genau das", bestätigte ich. Sie überlegte kurz. "Nach deinem krassen Glow-up würde ich dich auch heiraten, Ayla Novak." "Sagst du etwa, dass ich damals hässlich war, Merve Yıldırım?" neckte ich sie.

"Nein, nein. Es ist nur so, dass du dich mit der Zeit sehr entwickelt hast, und das freut mich so sehr, dass du endlich deinen Wert erkannt hast. Damals war es schwer, deine Augen zu öffnen, aber jetzt scheint es, als hättest du es selbst geschafft." Genau deswegen liebe ich dieses Mädchen. "Wow, das war eine schöne Rede. Danke, Mausi." "Ih, sag das nie wieder", sagte sie, und wir fingen wieder an zu lachen.

"Wie läuft es mit deinem Freund?" Merve und Erion sind schon seit knapp 3 Monaten zusammen. Die Tatsache, dass er Albaner ist, macht mir Sorgen, dass er ihr Herz brechen wird. Aber na ja, bei dem Kurden war es wohl auch nicht besser. Azad hat immerhin, denke ich, alles getoppt. "Ganz gut. Er möchte morgen mit mir in einem Restaurant essen gehen." Wie schön es wohl sein muss, jemanden zu haben, der einen so akzeptiert, wie man ist. Klar, ich hatte bis jetzt auch Beziehungen... um ehrlich zu sein, eine Beziehung, die direkt nach 4 Monaten zerbrach, weil ich anscheinend zu distanziert war. Aber na ja, was soll's. "Komm doch mit." Ja, klar.

„Klar, ich komme. Und werde zwischen euch beiden die Steve Freundin sein", sie lächelte. „So dumm bin ich jetzt auch nicht. Ich werde ihm sagen, dass er auch einen seiner besten Freunde mitnehmen soll." Ich schüttelte den Kopf. „Lehne ich dankend ab." „Komm schon, ein bisschen Spaß muss doch sein." Sie ist doch verrückt. „Was soll ich denn mit seinem Freund? Merve, bist du komplett verrückt geworden?" „Vielleicht werdet ihr euch verstehen und-" Ich unterbrach sie. „Komm schon, so etwas passiert nur in Büchern und Filmen." Es sah so aus, als ob sie nachgab. Sie schmollte. „Merve, hör auf." „Bitte, Ayla." Ich schüttelte den Kopf. „Nein."

„Schön. Dann nicht! Erwarte kein Gefallen mehr von mir." Jetzt ist sie auch noch beleidigt. „Um wie viel Uhr?"

Nachdem ich mich endlich für ein Kleid entschieden hatte, besser gesagt, ein Kleid, das Merve per Facetime für mich ausgesucht hatte, schminkte ich mich ein wenig und fuhr dann zusammen mit Merve in Richtung des Restaurants. Scheiße, was mache ich eigentlich hier? „Du siehst so wunderschön aus", sagte Merve schon zum fünften Mal zu mir. „Du auch, Merve." „Ich habe dir doch gesagt, dass Locken dir stehen würden. Siehst du? Deine schönen braunen Haare und Augen kommen mehr zur Geltung." „Dank dir!", sagte ich und schubste sie leicht.

Wir sind angekommen. Das Restaurant war so riesig und schön, dass ich für einen Moment lang meinen Mund offen hatte. Anscheinend bemerkte Erion Merve sofort und winkte ihr zu, weshalb wir auch dorthin gingen. Warum ist er alleine? „Du musst Ayla sein, oder?" Ich nickte. „Ja, hi." Er nickte, und wir setzten uns hin. Ich zwinkerte Merve, um die offensichtliche Frage zu stellen. „Erion, wo ist dein Freund?" „Auf der Toilette. Er sollte gleich hier sein." Da es eine unangenehme Stille gab, sagte ich, dass ich kurz ebenfalls auf die Toilette gehen würde.

Nachdem ich meinen Lippenstift erneuert und mein schwarzes Kleid geglättet hatte, ging ich fort und hoffte, dass sein Freund da sein würde, bevor es noch unangenehmer wurde. Als ich von Weitem sah, dass die beiden immer noch alleine dort saßen, beschloss ich, noch einmal auf die Toilette zu gehen. Als ich mich umdrehte, prallte ich gegen einen harten Körper.

„Entschuldi-", begann ich zu sagen, aber hörte sofort auf, als ich sah, wer vor mir stand. Was zum Teufel! „Verfolgst du mich!?" fragte ich irritiert und bemerkte, wie schön gepflegt seine Haare, Bart und Haut aussahen. So war er schon immer. „Dasselbe könnte ich dich auch fragen", entgegnete er. Er trug schwarze Jeans und ein weißes Hemd. Seine Jacke hielt er in der Hand und seine Locken glänzten, als wären sie mit Wasser gestylt. „Was machst du hier alleine?" riss er mich aus meinen Gedanken. Alleine? Seine Augen durchbohrten meine. „Ich habe ein Date. So allein bin ich auch nicht", neckte ich. „Ein Date?"

Was soll das denn heißen? „Ja." Ich stellte keine Gegenfrage, weil es mich nicht interessierte. „Dann viel Spaß." Statt Danke zu sagen, ging ich einfach fort und spürte dabei seinen Schatten noch hinter mir. Verfolgte er mich? Letztendlich setzte ich mich hin und bemerkte, dass er sich vor mir hinsetzte. Scheiße! Wie... wie geht das? Ich sah direkt zu Merve rüber und bemerkte ihren schockierenden Blick.

Warte ab, Merve!

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