Kapitel 22 | Azad

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„Azad." Ich drehte mich um. „Mama?" Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich nach so langer Zeit ihr wunderschönes Gesicht wieder sah. Ohne zu zögern zog ich sie fest in meine Arme. „Mama, wo warst du?" fragte ich, während die Tränen in meinen Augen brannten. Sie strich mir sanft über den Kopf und hielt mich noch fester. Ihren Duft werde ich niemals vergessen. Sie roch immer nach Blumen.

Wir setzten uns auf die Bank nebenan. „Wie geht es Can, mein Sohn?" Ihre Stimme war weich und warm. „Ihm geht es gut. Er vermisst dich sehr, Mama," antwortete ich leise, während sie weiterhin meine Hand streichelte. „Sei für deinen Bruder da, Azad. Er braucht dich mehr, als du denkst," sagte sie sanft und begann langsam zu verschwinden. "Verzeih mir mein Sohn." War das letzte was ich hörte bevor sie komplett verschwand. Ich schrie und schrie.

„MAMA!!!" Schweißgebadet schoss ich aus dem Bett hoch. Tränen liefen mir über das Gesicht, während ich mich auf die Bettkante setzte und versuchte, zu begreifen, was gerade geschehen war. Der Schmerz in meiner Brust wurde unerträglich. Ich wollte ihren Geruch noch einmal einatmen, ihre Stimme hören. „Mama," flüsterte ich, doch meine Kehle war wie zugeschnürt.

Ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Es war nicht das erste Mal, dass ich von ihr träumte. Ich vermisse sie so sehr. Sie war die Einzige, der ich wirklich vertraut habe – und immer noch vertraue. Nach ihrem Tod lastete plötzlich so viel Verantwortung auf mir. So viele unausgesprochene Worte, die ich ihr hätte sagen müssen, als sie noch da war. Trotzdem gibt es noch zwei Menschen, die mich aufrecht halten: Can und Ayla. Morgen ist unser Date, und ich habe mich nie so sehr auf einen Tag gefreut wie auf diesen.

**

Ich stand auf und wusch mein Gesicht. Danach rief ich sofort meinen Vater an. Es klingelte, aber er ging nicht ran, was mir Sorgen bereitete.

„Hallo?" hörte ich plötzlich, und Erleichterung durchströmte mich.

„Azad, ist alles gut?" Dass ich das mal von ihm hören würde ...

„Warum?" kam nur aus meinem Mund.

„Es ist 02:47, und du hast mich seit Jahren nicht einfach so angerufen." Das war mir nie aufgefallen.

„Geht's Can gut?" entgegnete ich.

„Ja, warum sollte es ihm nicht gut gehen?" fragte er. Ich konnte seine Stirn vor meinem inneren Auge runzeln sehen.

„Nur so. Ich komme ihn morgen abholen." Er reagierte nicht komisch oder streng, was mich überraschte.

„Klar. Komm, wann du willst, mein Sohn." Es bereitete mir immer wieder Gänsehaut, wenn er mich so nannte.

Ich wechselte das Thema. „Kannst du bitte nachsehen, ob es Can wirklich gut geht?" Dieses seltsame Gefühl ließ mich einfach nicht in Ruhe.

Ich hörte, wie er aus seinem Bett stieg und losging.

„Wie gesagt, ihm geht's—"

„Can?"

„Was ist los?" fragte ich.

„CAN!!" hörte ich ihn plötzlich schreien. Sofort sprang ich auf und fuhr los.

**

Ich raste durch die dunklen Straßen, das Adrenalin pumpte durch meinen Körper. Meine Hände zitterten am Lenkrad. Der Anruf meines Vaters hallte immer noch in meinen Ohren. Die Stille im Auto war erdrückend, nur unterbrochen von meinem rasenden Atem. Gedanken an Can ließen mich innerlich verkrampfen. Was war passiert? Hatte ich ihn zu lange vernachlässigt?

Als ich endlich vor dem Haus meines Vaters ankam, sprang ich aus dem Wagen, noch bevor der Motor vollständig erloschen war. Ich stürmte zur Tür und schlug heftig dagegen, bis sie sich endlich öffnete. Mein Vater stand in der Tür, blass und verängstigt.

i hate youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt