65. Kleiner-Finger-Schwur

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„Weißt du, mein Bruder hatten einen... Kollegen...nennt man das überhaupt so? Nein. Kameraden... Tompler. Sie waren zusammen Übersee. Als er zurückkam, da... er zog plötzlich um. Brach den Kontakt mit den anderen aus der Truppe ab. Er hatte Panikattacken, Albträume... Flashbacks und- und seine Hände zitterten ständig."
Sie ließ das Gesagte in der Lift hängen.

Er hatte sich schon gefragt, wie sie das Gespräch anfangen würde.
Nachdem sie gestern angekommen waren, waren sie tatsächlich noch einkaufen gewesen, hatten sich eingerichtet, gekocht und waren früh schlafen gegangen.
Jetzt saßen sie gemeinsam auf der kleinen Couch und Pepper's Augen hatten seine keine einzige Sekunde verlassen.

Sie holte tief Luft.
„Es tut mir leid."
Das kam unerwartet.
„Dir muss gar nichts leid tun! Warum entschuldigst du dich?"
Ihre Lippen zuckten zu einem freudlosen Lächeln.
„Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, weißt du. Ich hätte es bemerken müssen."
„Was hättest du denn bemerken müssen?"
„Verkauf mich nicht für dumm, Tony!", jetzt hob sie ihre Stimme erbost.
Er zuckte zusammen und hob die Handflächen.
„Nicht von dem ist passiert weil wir nicht genügend Informationen ausgetauscht haben. Nichts!"
Sie lachte hohl.
„Ach ja? Ich denke, die Information, dass du eine Posttraumatische Belastungsstörung hast, wäre schon ganz nützlich gewesen. So ungefähr: in NEW YORK."
„Ich hab keine-"
Ihr Blick besagte deutlich, dass er den Satz besser nicht fortsetzte. Er begann erneut.
„Und in wie weit, hätte dir diese Info geholfen, als wir von Killian angegriffen worden sind??", jetzt wurde er auch lauter.
Sie sah Zusammenhänge, wo keine waren!
Kurz blickte sie ihn still an, dann schüttelte sie leicht den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass sich die Geschichte so entwickelt hätte, hätte ich es gewusst. Oder hättest du es dir eingestanden. Ich hätte es bemerken müssen."
„Also kommst du zu welchem Schluss? Das alles deine Schuld ist? Das ist doch Quatsch, Pep!"
„Nein. Nein. Es ist Killians Schuld. Das alles, aber-"
„Nichts aber.", er klang bestimmt.
Er würde ganz sicher nicht zulassen, dass sie sich auch nur einen winzigen Teil der Schuld gab, vor allem, weil- weil es seine gewesen war...

„Warum hast du nicht mit mir geredet?", ihre Stimme war leiser geworden, nach der langen Pause gerade.
„Worüber?"
Er wusste worüber.
„Über New York."
„Ich konnte nicht."
Sie legte ihren Kopf leicht schief.
„Du wolltest nicht."
„Ja."
Es war die Wahrheit.
Sie sah nicht verletzt aus. Eher bestätigt.
„Weißt du noch? Damals im Hotelzimmer? Nach dem Fiasko auf der Expo."
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht und diese unwillkürliche Reaktion auf diesen Abend von ihr, brachte auch ihn zum Lächeln.
„So alt bin ich auch wieder nicht. Mein Gedächtnis ist tadellos!"
„Du hast mir versprochen nie wieder so etwas abzuziehen, wie damals. Du hast versprochen, mit mir zu reden."
Er nickte.
„Warum, Tony? Warum?", ein Hauch Verzweiflung hatte sich in ihre Stimme geschlichen.
Er schluckte.
„Ich beschütze dich halt gerne vor unliebsamen Wahrheiten. Ich beschütze auch mich gerne von unliebsamen Wahrheiten."
„Und die wäre?"
Er wusste, dass sie die Antwort darauf kannte. Sie wollte ihn lediglich dazu zwingen, es auszusprechen. Es nicht mehr rückgängig machen zu können.
„PTBS."
Sie umarmte ihn, sobald die Buchstaben seinen Lippen entwichen waren.

Sie bat ihn, von New York zu erzählen. Alles zu erzählen. Er tat es.
Sein Hände zitterten, seine Atmung war unregelmäßig, aber er tat es. Wurde in der Realität gehalten, von einer Hand, die federleicht über seinen Rücken strich.

„Du musst mit einem Experten sprechen."
„Ich spreche mit dir."
Sie rollte mit den Augen.
„Ich bin kein Experte."
Er grinste.
„Dann habe ich allerdings trotzdem schon 50 % deines Wunsches erfüllt."
„Mach 100 % draus."
„Ich- ich verspreche ich werde mit einem Doktor reden."
Sie sah misstrauisch aus, konnte aber keine Lüge erkennen.
Es gab auch keine. Er würde mit einem Doktor sprechen... halt nur nicht mit einem Gehirnklempner (den er auch nicht brauchte).
Er würde klarkommen, auch ohne, dass er einmal die Woche Unsummen in einen Phsychater steckte, der ihn zwang auf einem Sofa zu sitzen und über seine Gefühle zu reden.
Vielleicht hatte er es ohnehin überwunden...

12% eines Genies - Pepper PottsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt