70. Cornel James Rhodes

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Colonel James Rhodes schloss die Tür seines Apartments ab, verstaute den Schlüssel in seiner Jackentasche und machte sich auf den Weg zur verabredeten Bar.
Die Luft war kühl und es wehte eine angenehme Brise.
Es tat gut zivil unterwegs zu sein, nachdem er die vergangenen Tage seine Uniform praktisch nur zum Schlafen ablegen konnte.

Nachdem er die letzten Tage weder von Tony, noch von Pepper viel gehört hatte, kam Tony's SMS relativ aus dem Blauen heraus.
„Hast du mich vermisst? Dumme Frage. Natürlich. Ich hätte mich ja so was von vermisst, hätte ich eine Woche ohne mich durchhalten müssen. Treffen in der Bar, Ecke 72te!"
Er hatte nur eine Uhrzeit zurückgeschickt, wohl wissend, dass Tony eine halbe Stunde zu spät kommen würde, was zur Folge hatte, dass auch er sich später auf den Weg machte.
So war das halt mit Tony. Er stellte grundsätzlich keine Fragen, sondern stellte sein Gegenüber vor endgültige Fakten, hielt es dann aber für wichtig, deutlich zu machen, dass man das mit ihm nicht machen konnte.
Das Resultat daraus war die obligatorische halbstündige Verspätung.
Mittlerweile wusste Tony zwar, dass auch er selbst immer eine halbe Stunde später kam, aber sie hielten beide stillschweigend an dieser Tradition fest.
Er musste unwillkürlich Grinsen.
Sein Kumpel war ohne Zweifel ein Idiot, aber ein Idiot für den er und der für ihn, durchs Feuer gehen würde.

Sie hatten sich am MIT getroffen und hatten nicht lang gebraucht um miteinander warm zu werden.
Er war sich selbst nicht mehr sicher, an welchem Punkt er aufgehört hatte, das arrogante Verhalten seines Mitbewohners zu verfluchen, aber ihre Freundschaft war spätestens dann besiegelt, als er sich das erste Mal für Tony geprügelt hatte (dem größten Lackaffen auf dem Campus hatte es gar nicht gefallen, als Tony ihn öffentlich gedemütigt hatte und er hatte dummerweise ein paar... gutgebaute Freunde gehabt).
In den Jahren am MIT hatte sich der jüngste (und ohne Zweifel genialste) Student so oft abgeschossen, dass es ihn bis heute verwunderte, dass sich Tony an überhaupt irgendwas aus der Zeit erinnerte.

Verrückterweise war er sich schon nach einem halben Jahr ihrer Freundschaft (gezählt seit der Schlägerei) todsicher, dass das keine der College-Freundschaften sein würde, die, egal wie eng sie waren, zerbrachen, kaum hatte man einen Fuß aus dem Gebäude gesetzt.
Tatsächlich ließ Tony die Verbindungen seiner Familie zum Militär spielen und er arbeitete sich innerhalb von Jahren unter anderem zum Verbindungsoffizier von Stark Industries hoch.

Er schloss Freundschaften innerhalb des Militärs, mit seinen Nachbarn, mit Typen, die er bei Footballspielen kennenlernte, aber wenn es hart auf hart kam, rief er Tony an.
Der suggerierte meistens die obligatorische Kneipentour (sein Allheilmittel gegen jegliche Probleme), aber wenn sich Tony nur eine Sekunde mit seinem Problem beschäftigte, sich dabei über ihn lustig machte und ihn dann abfüllte, fühlte er sich mehr geholfen, als wenn er Personen anrief, die ihm sicherlich drei Stunden lang ernsthaft zuhören würden.

In den späteren Jahren hatte Tony sogar oft versucht ihm mit seinen Problemen wirklich zu helfen, meistens immer dann, wenn Pepper davon gehört hatte und ihn praktisch zwang zu helfen (und das Problem dann meistens allein löste).
Tony hatte es stets so hingestellt, als hätte ihn seine damalige Assistentin praktisch mit Waffen bedroht, damit er ihm half, aber es war damals schon deutlich, dass er sich schwer damit tat ‚nein' zu ihr zu sagen.
Es war ihm selbst lange nicht aufgefallen, aber tatsächlich tat Tony von Anfang an, in der Regel und in ernsten Fällen, das, was sie ihm riet.
Nicht immer sofort, meistens schlampig, praktisch immer mit seiner aufgesetzten Arroganz, aber er tat es.

Er konnte sich noch genau an den Moment erinnern, an dem er zum ersten Mal von der Frau gehört hatte, die das Leben seines besten Freundes für immer verändern würde.
Es war später Abend gewesen, er war gerade an der Westküste stationiert und hatte seinen Feierabend angetreten, als Tony ihn angerufen hatte.
„Gute Neuigkeiten, Honigbärchen."
Er hatte damals die Augen verdreht.
„Dir auch einen guten Tag, Tony."
Mittlerweise hatte er sich an die scherzhaften Kosenamen gewöhnt, das heißt aber nicht, dass es immer so war.
Damals fand er sie einfach nervig.
„Danke. Aber wir schweifen ab. Meine Neuigkeiten: ich hab eine neue Assistentin und sie ist H-E-I-ß."
Das triumphierende Grinsen war durch die Leitung zu hören gewesen.
An jenem Abend hatte er nur desinteressiert gebrummt.
„Ach ja? Was ist denn aus Miss das-steht-aber-so-nicht-in-meinem-Arbeitsvertrag geworden?"
„Wen interessiert's?"
„Tony...", hatte er mahnend gegrummelt, was den anderen zum Lachen gebracht hatte.
„Alles ist gut, Darling. Die Dame wurde nur versetzt und bevor du fragst, der Job ist kein Downgrade."
„Wenn du das sagst."
Er hatte einen langen Tag gehabt und nicht wirklich die Geduld für einen Gespräch über Tony's Eroberungen gehabt.
„Nun frag schon. Ich weiß, dass du alles über meine super-heiße Assistentin erfahren willst."
Zu diesem Zeitpunkt hatte er mit seiner lässigen Tonlage gesprochen.
„Eigentlich-"
„Gut das du fragst. Hier eine kleine Pro- und Contra-Liste. Pro: sie ist jünger, hat ihren Master gemacht, ist eiskalt in mein Büro eingebrochen und hat den Sicherheitsdienst bedroht, nur um mit mir zu sprechen, sie macht einen guten Kaffee und scheint Humor zu besitzen und hat rote Haare, du weißt ja, ich hab ein Ding für Rotschöpf-"
„Ja, ist angekommen.", seine Geduld war zu diesem Zeitpunkt schon stark überstrapaziert gewesen, da er von vorneherein eigentlich nichts über Dame hatte wissen wollen.
„Wie auch immer. Contra: sie hat mich abblitzen lassen, womit wir auch schon wieder bei Pro wären: Herausforderung."

12% eines Genies - Pepper PottsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt