1 | 12. Kapitel

6K 389 34
                                    

Sowie er die Namenslesung vollendet hatte, blickte er auf. "Ihr seid hier, um die schwierige Wissenschaft und exakte Kunst der Zaubertrankbrauerei zu erlernen." Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Und doch war es mucksmäuschenstill in der Klasse. Jeden, der jetzt etwas sagt, würde ich für lebensmüde erklären. Ich wusste ja, wie mein Vater reagieren konnte.

Fast noch leiser fuhr er fort. "Da es bei mir nur wenig albernes Zauberstabgefuchtel gibt, werden viele von euch kaum glauben, dass es sich um Zauberei handelt. Ich erwarte nicht, dass ihr wirklich die Schönheit des leise brodelnden Kessels mit seinen schimmernden Dämpfen zu sehen lernt, die zarte Macht der Flüssigkeiten, die durch die menschlichen Venen kriechen, den Kopf verhexen und die Sinne betören ... Ich kann euch lehren, wie man Ruhm in Flaschen füllt, Ansehen zusammenbraut, sogar den Tod verkorkt - sofern ihr kein großer Haufen Dummköpfe seid, wie ich sie sonst immer in der Klasse habe."

Ich grinste hinter vorgehaltener Hand. Das war mein Vater, wie er leibte und lebte. Beim Umsehen merkte ich, dass die ganze Klasse stumm war. Diese Granger saß auf ihrem Stuhlrand, sie schien ganz versessen darauf, zu beweisen, wie schlau sie war. Die meisten anderen Gryffindors wirkten irgendwie verdattert.

Plötzlich sagte mein Vater: "Potter! Was bekomme ich, wenn ich einem Wermutaufguss geriebene Affodillwurzel hinzufüge?"

Ehrlich gesagt bezweifelte ich, dass Harry etwas darüber wusste. Und ich lag richtig. "Ich weiß nicht, Sir."

Grangers Hand übersah mein Vater demonstrativ und sagte stattdessen: "Tja - Ruhm ist eben nicht alles." Seine Lippen kräuselten sich zu einem hämischen Lächeln. "Neue Runde, Potter. Wo würdest du suchen, wenn du mir einen Bezoar beschaffen müsstest?"

Malfoy, Crabbe und Goyle schüttelten sich vor mir vor Lachen, Granger streckte ihre Hand so hoch in die Luft, wie es nur ging, doch Harrys Blick blieb ahnungslos. "Ich weiß es nicht, Sir."

"Dachtest sicher, es wäre nicht nötig, ein Buch aufzuschlagen, bevor du herkommst, nicht wahr, Potter? - Was ist der Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz?"

Das war echt ungerecht, woher sollte Harry das denn wissen? Granger schien die Antwort wohl zu wissen, denn sie war aufgestanden. "Ich weiß nicht", sagte Harry und schlug dann vor: "Aber ich glaube, Hermine weiß es, wieso nehmen sie nicht sie dran?"

"Setz dich!", blaffte mein Vater Granger an und die einzelnen Lacher, die auf Harrys Aussage erklungen waren, verstummten. "Ist vielleicht einer aus meinem Haus in der Lage, diese drei simplen Fragen zu beantworten?" Langsam ließ er seinen Blick über uns gleiten. Mir schwante Übles. Er würde doch nicht - er sah mich an. "Nun, Miss Snape?"

Er würde. "Affodill und Wermut ergeben einen sehr starken Schlaftrank, er wird auch der Trank der Lebenden Toten genannt. Einen Bezoar findet man im Magen einer Ziege, er wirkt als Gegenmittel gegen die meisten Gifte. Und Eisenhut und Wolfswurz bezeichnen dieselbe Pflanze, auch bekannt unter dem Namen Aconitum", antwortete ich seufzend.

Mein Vater nickte. "Schreibt euch das auf! Ein Punkt für Slytherin. Ach, und ein Punkt Abzug für Gryffindor, wegen dir - Potter!"

Danach stellte er uns zu Paaren zusammen und ließ uns einen einfachen Trank zur Heilung von Furunkeln anrühren.

Der Trank war echt simpel und ich konnte das Rezept auswendig. Ich wog die getrockneten Nesseln ab und zermahlte die getrockneten Giftzähne. Nebenbei beobachtete ich meinen Vater dabei, wie er durch die Reihen rauschte und bei fast jedem Kessel etwas auszusetzen hatte. Die Gryffindors kamen dabei - wie nicht anders zu erwarten - am schlechtesten weg. Doch auch die Slytherins wurden korrigiert. Nur an meinem und Malfoys Trank schritt er vorbei, ohne irgendetwas anzumäkeln.

Gerade forderte er uns auf, uns anzusehen, wie toll Malfoy seinen Trank zubereitete, als giftgrüne Rauchwolken und ein lautes Zischen den Kerker erfüllten.

Nach der Quelle allen Übels musste ich nicht lange suchen. Neville - wer sonst? - hatte es geschafft, den Kessel seines Partners zum Schmelzen zu bringen. Rasch sprang ich wie alle anderen auch auf meinen Stuhl, denn das Gebräu sickerte über den Steinboden und brannte Löcher in die Schuhe all derer, die noch auf dem Boden standen.

Neville indessen stöhnte vor Schmerz, denn überall auf seinen Armen und Beinen brachen zornrote Furunkel aus. "Du Idiot!", blaffte mein Vater ihn an und sorgte mit einem Schwung seines Zauberstabs dafür, dass der verschüttete Trank wieder verschwand. "Ich nehme an, du hast die Stachelschweinstacheln hinzugegeben, bevor du den Kessel vom Feuer genommen hast? - Bring ihn hoch in den Hospitalflügel!", fauchte er den Jungen an, der mit Neville gearbeitet hatte.

Im nächsten Moment wandte er sich auch schon Harry und Ron zu. "Du - Potter - warum hast du ihm nicht gesagt, er solle die Pastillen weglassen? Dachtest wohl, du stündest besser da, wenn er es vermasselt, oder? Das ist noch ein Punkt, der Gryffindor wegen die abgezogen wird."

Ich starrte meinen Vater an. Das war echt unfair. So kannte ich ihn nicht. Harry schien das genauso zu sehen, denn er öffnete schon den Mund um zu widersprechen, doch glücklicherweise hatte Ron genügend Verstand, um ihn zu bremsen. Das hätte in einem Unglück geendet.

Wir packten alle Sachen wieder weg und machten uns auf den Weg zur nächsten Stunde. Verwandlung.

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt