3 | 6. Kapitel

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Ich wartete bis nach dem Abendessen, bevor ich zusammen mit Noreen hoch in den Krankenflügel ging. Es hatte mich einiges an Mühe gekostet, sie dazu zu bringen, sich Madam Pomfrey anzuvertrauen, doch jetzt hier im Krankenflügel, als die Krankenschwester auf uns zu kam, merkte ich ihr ihre Erleichterung deutlich an. "Ihr wollt sicher zu Mister Malfoy? Letztes Bett rechts", wurden wir begrüßt.

"Nein." Überrascht, dass Noreen selbst die Initiative ergriff, schwieg ich. Nach dem Theater heute Nachmittag hätte ich damit gerechnet, ich müsse sie auch hier noch regelrecht dazu drängen. "Ehrlich gesagt, wollte ich zu Ihnen."

"Ja meine Liebe - was brennt dir auf dem Herzen?" Besorgt musterte die Schwester Noreen und zog sie zu einem der Betten. Ich erhaschte noch einen letzten Blick auf die Beiden, bevor mir ein weißer Vorhang die Sicht raubte. Hoffentlich würde Reen ihr die ganze Geschichte erzählen und sich nicht wieder in irgendwelche Ausreden flüchten. Durch diese konnte ihr niemand helfen.

Langsam trat ich um den Vorhang, der das letzte Bett versteckte, herum. Draco lag, den Arm im Gips, mit leidtragender Miene dort und lästerte mit seinen Kumpels Crabbe und Goyle. Als er mich sah, verstummte er. "Caitlyn."

Ich nickte stumm und warf den anderen Beiden einen vernichtenden Blick zu, der mehr als deutlich machte, dass sie sich verziehen sollten. Erstaunlicherweise taten sie auch genau das. Klaglos verschwanden sie und ließen mich alleine am Fußende von Dracos Bett zurück.

Minutenlang musterten wir einander. Tatsächlich war Draco blasser als üblich und jedes Mal wenn er seinen Arm bewegte, verzog er ganz leicht, beinahe unmerklich sein Gesicht. Er tat mir gegen meinen Willen leid.

Schließlich brach er das Schweigen. "Ich habe meinem Vater von dem Geschehen berichtet und er -"

Weiter ließ ich ihn nicht kommen. Mit gefährlich ruhiger Stimme unterbrach ich ihn: "Was hast du deinem Vater berichtet? Dass ein wild gewordener Hippogreif dich ohne Grund angegriffen hat? Und dass du natürlich die ganze Zeit aufmerksam zugehört hast? Oder vielleicht sogar, dass er auf dich zugerannt gekommen ist, weil du gerade in sein Beuteschema gepasst hast?"

Dracos Augen blitzten. "Nein, ich..."

"Nein, natürlich hast du alles so dargestellt, als hättest du alles richtig gemacht. Weißt du überhaupt, was das für Hagrid bedeutet? Er ist heute nicht zum Abendessen erschienen, weil er sich Vorwürfe macht. Und für uns andere und ..." Tief atmete ich durch. Zum Ende hin hatte ich die Kontrolle über meine Stimme verloren, was vielleicht auch an dem durchtriebenen Lächeln lag, welches auf Dracos Züge getreten war.

Die kurze Pause nutzte er und sagte selbstgefällig: "Gib doch einfach zu, dass du dir Sorgen gemacht hast."

Natürlich hatte ich mir Sorgen gemacht. Aber ich würde mich eher von einem Dementoren küssen lassen, als das vor ihm zuzugeben. "Unsinn", antwortete ich also kalt. "Ich denke da eher an Mädchen wie Pansy oder Millicent. Sie reden den ganzen Nachmittag nur noch von dir, vielleicht solltest du mal mit ihnen sprechen, um dich im Selbstmitleid zu suhlen."

Zorn flackerte über sein Gesicht. "Am besten du gehst jetzt."

"Wir sehen uns Draco." Ich drehte mich auf dem Absatz um und verließ den Krankenflügel.

***

Wie ich geahnt hatte, nutzte Draco seine Verletzung schamlos aus. Er erschien erst drei Tage später wieder im Unterricht, Zaubertränke bei meinem Vater, und reizte Harry und Ron bis aufs Blut.

Ich wechselte einen genervten Blick mit Noreen. "Ich verstehe echt nicht, wie du mit ihm befreundet sein kannst."

Zwischen zusammen gebissenen Zähnen quetschte ich hervor: "Nur Waffenstillstand."

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt