Unknown Potter I - Secrets of the Past

4 | 4. Kapitel

"Wo ist denn deine Herzensdame, Dracii?", fragte ich spöttisch.

Gestern Abend, kurz vorm zu Bett gehen, hatte er einen Brief von Pansy erhalten, der jedoch fälschlicherweise mir zugestellt worden war. Verwirrt darüber, wer mir einen Brief mit lauter Herzen und Kussmund schicken könnte, hatte ich ihn mit spitzen Fingern entfaltet.

"Du hast mir in den Ferien ja sooo gefehlt. Als bei der Weltmeisterschaft das dunkle Mal am Himmel erschienen ist, musste ich sofort an dich denken", zitierte ich eine Zeile und legte mir theatralisch den Handrücken auf die Stirn, wobei ich so tat, als würde ich vor Schreck in Ohnmacht fallen: "- was, wenn du sterben würdest und ich dir vorher nicht meine unsterbliche Liebe gestehen konnte?"

Missgelaunt schaute Draco mich an: "Den letzten Part hast du erfunden."

"Mag sein." Breit grinsend half ich ihm, unsere beiden Koffer im Gepäckfach zu verstauen, bevor ich mich auf die Bank setzte und die Beine ausstreckte. "Aber selbst wenn – ich spreche nur das aus, was sie sowieso denkt. Jetzt habe ich es." Gut gelaunt schnipste ich mit den Fingern: "Kein Wunder, dass sie plötzlich mit mir befreundet sein wollte. Sie wollte über mich an dich herankommen."

"Meinst du?" Zweifelnd kräuselte Draco die Stirn und ließ sich mir gegenüber nieder. "Hat dein Vater eigentlich noch irgendetwas zu den Geschehnissen gesagt?"

Ernüchtert schüttelte ich den Kopf. "Nicht viel. Er meinte nur, dass es jetzt endlich Zeit wäre, etwas zu unternehmen. Ich soll mich Freitagabend bei ihm im Büro einfinden."

Abwesend nickte der Slytherin, während er aus dem von Regen verschleierten Fenster sah. "Weißt du – ich habe meinen Vater beobachtet und ..."

Noch ehe er den Satz vollenden konnte, wurde die Abteiltür aufgeschoben. Es waren Crabbe und Goyle, die sich, ihre Koffer hinter sich her schleifend, scheinbar kein bisschen darum zu scheren schienen, dass im Abteil drückendes Schweigen eingetreten war. Draco würde seinen Satz in ihrer Anwesenheit nicht vollenden, soviel stand fest, doch so angestrengt ich auch versuchte, die Beiden mit meinen Blicken zu ermorden – es war hoffnungslos. Sie ließen sich mit einem lauten Rums neben Draco fallen. "Wo ist denn Pansy?", fragte Crabbe in seinem tiefen, schleppenden Bariton.

Am liebsten hätte ich ihn den Hals umgedreht, verkniff es mir jedoch schweren Herzens. Stattdessen erwiderte ich: "Ich glaube nicht, dass du bei ihr große Chancen hättest. Wie ich hörte, zieht sie Draco allen vor." Dracos finsteren Blick quittierte ich mit einem schelmischen Zwinkern und lehnte meinen Kopf seitlich an die Kopfstütze.

Crabbe öffnete den Mund einmal, schloss ihn wieder und öffnete ihn erneut. Belustigt schüttelte ich den Kopf. Er schien allen Ernstes erst über meine Worte nachdenken zu müssen. Schließlich, anscheinend wusste er endlich, was er antworten sollte, öffnete er den Mund und setzte zum Sprechen an, wurde jedoch unterbrochen, da die Abteiltür ein weiteres Mal aufging: "Hier seid ihr. Wir haben euch schon überall gesucht."

"Dracii!" Bei diesem quietschenden Ton musste ich unwillkürlich das Gesicht verziehen. Voller Elan hatte sich Pansy an Blaise vorbeigedrängt und sich auf Draco geworfen, der etwas unglücklich durch den Vorhang ihrer Haare zu mir herüberspähte. Demonstrativ wandte ich mich ab. Immerhin hatte er ihr Ende letzten Schuljahrs die Zunge in den Hals gesteckt. Ich schüttelte mich. Auch, wenn ich es über den Sommer verdrängt hatte, vergessen hatte ich es nicht.

"Nimm mal die Beine weg, Cat."

Durch zusammengekniffene Augen blinzelte ich zu ihm hoch. "Wieso sollte ich, Blaise?"

"Vielleicht kitzle ich dich ja sonst, bis du keine Luft mehr bekommst?", schlug er vor und grinste unheilverkündend.

"Wenn du dich das traust ..." Fragend legte ich den Kopf schief, hob aber meine Beine, sodass er sich hinsetzten konnte. Kaum hatte er es sich allerdings bequem gemacht, lagen meine Beine wie zuvor ausgestreckt da, dieses Mal quer über seinem Schoß. Als er den Mund öffnete, schüttelte ich den Kopf und hob mahnend den Zeigefinger: "Entweder so oder gar nicht."