2 | 5. Kapitel

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Die nächsten Wochen verliefen ruhig. Ich hatte es mir zur Gewohnheit gemacht, mich meistens in der Nähe der Slytherins aufzuhalten und einen weiten Bogen um die Gryffindors zu machen, Professor Lockhart wurde von mir weitestgehend ignoriert und auch der Unterricht verlief weiterhin in ruhigen Bahnen.

Vier Wochen später wurde ich von einem Rütteln an der Schulter geweckt. Unwillig zog ich mir die Decke über den Kopf und drehte mich auf meine andere Seite. Gestern Abend war ich noch bei meinem Vater gewesen, daher war ich erst gegen Mitternacht ins Bett gekommen. Anders gesagt, ich war hundemüde.

Statt mich jedoch in Ruhe zu lassen, zog mir der Ruhestörer jetzt auch die Decke weg. Wütend richtete ich mich auf, um meinen Gegenüber anzufunkeln. "Adrian!"

Ungerührt grinste mich der Slytherinjäger an. "Na, kleine Kratzbürste? Auch endlich wach?"

"Nein", fauchte ich und wollte mir wieder die Decke hochziehen, doch Adrian hielt sie fest. "Oh nein, Cat! Das machst du nicht. Sonst köpft Flint dich!" Leise flüsternd fügte er hinzu: "Und mich gleich mit."

"Soll er doch", murrte ich und richtete mich immer noch verschlafen auf. "Warte mal Adrian - was machst du eigentlich hier?"

Feixend ließ er sich rücklings auf mein Bett fallen und beobachtete mich dabei, wie ich hastig meine Klamotten zusammensuchte. "Wieso sollte ich nicht hier sein?"

"Das ist ein Mädchenschlafsaal? Wenn ich wiederkomme, will ich dich nicht mehr in meinem Bett vorfinden!" Lauter als beabsichtigt knallte ich die Tür zu unserem Schlafsaal hinter mir zu. Ein Glück, dass Millicent, Pansy und Daphne schliefen wie die Murmeltiere. Nur Noreen könnte aufgewacht sein.

Zurück im Schlafsaal lag Adrian immer noch auf meinem Bett. "Wer sollte hier wen aus dem Bett werfen?" Statt einer Antwort grummelte der dunkelhaarige Jäger nur. Rasch warf ich mein dunkelgrünes Nachthemd zurück in meinen Koffer und schnappte mir einen Zipfel der Decke, um ihn aus meinem Bett zu werfen. Leider misslang es mir. "Mensch, Adrian, wie schwer bist du?", murrte ich, was ihn zum Lachen brachte.

"Mensch, Cat, was kann ich dafür, dass du so klein und schwach bist?"

Ungerührt schnappte ich mir meinen Zauberstab und beförderte ihn mithilfe eines Schwebezaubers aus meinem Bett. "So mein Lieber, wieso hast du mich jetzt nochmal aus dem Bett geholt?"

Immer noch grinsend rappelte er sich auf und legte einen Arm um meine Schultern. "Wir haben einen neuen Sucher."

"Wen?"

"Wenn ich dir das hier sage, ist deine Freundin endgültig wach", murmelte er düster, mit einem Blick auf die sich unruhig hin und her wälzende Noreen. Skeptisch blickte ich zu ihm hoch, folgte ihm aber hinaus.

Dort angelangt, traf mich tatsächlich fast der Schlag. Mitten im Raum, überlegen grinsend, stand Draco Malfoy zusammen mit den anderen Spielern des Teams. "Darf ich dir unseren neuen Sucher vorstellen?" Beruhigend drückte Adrian meinen Arm. "Draco Malfoy. Ihr kennt euch ja bereits."

Kühl musterte ich Malfoy, bevor ich an die anderen gewandt fragte: "Würde mich vielleicht einer aufklären, wie es kommt, dass wir einen neuen Sucher haben? Ohne Auswahlspiel?"

Mit stolzgeschwellter Brust verkündete Malfoy: "Mein Vater war so großzügig, uns allen neue Besen zu spenden. Jeder bekommt einen Nimbus2001."

Obwohl ich nicht gefrühstückt hatte, überkam mich kurzzeitig das Gefühl, mein gesamter Mageninhalt würde hochkommen. "Wie schön. Trotzdem würde ich lieber weiterhin meinen Nimbus2000 fliegen."

"Wieso willst du einen veralteten Besen fliegen, wo Dracos Vater so nett war, uns allen einen neuen zu kaufen?"

"Ich sehe es nicht ein." Auch auf die Gefahr hin, wie ein bockiges Kind auszusehen, verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Ich will niemanden unterstützen oder bestärken, der sich ins Team einkauft. Dann läge halt einer der Besen in der Ecke - na und?"

Missmutig folgte ich Flint und den anderen, die voller Bewunderung unsere neuen Besen bewunderten. Natürlich hatte ich die Diskussion verloren. Flint war unnachgiebig geblieben und ich wollte meinen Platz in der Mannschaft nicht aufgeben. Auch wenn das hieß, mich bei jedem Training mit Draco herumschlagen zu müssen.

Zügig durchquerten wir die große Eingangshalle und traten hinaus auf die Ländereien. Schon von hieraus konnte man rot goldene Spieler auf dem Quidditchfeld erkennen. Gryffindor. Streit vorprogrammiert.

Beim Näherkommen entdeckte ich einen kleinen wild umherhopsenden Jungen, der immer wieder nach Harry rief. Und auch wir waren entdeckt worden. Der Kapitän von Gryffindor, Wood hieß er glaube ich, kam wutschnaubend auf uns zu gestürmt. "Flint! Das ist unsere Trainingszeit! Wir sind extra früh aufgestanden. Ihr könnt gleich wieder Leine ziehen."

Spöttisch erwiderte Flint: "Ist doch Platz genug für uns alle da, Wood." Als die drei Jägerinnen von Gryffindor dazu kamen, rückten wir Slytherins augenblicklich Schulter an Schulter zusammen. Ich stand ziemlich genau in der Mitte, zwischen Flint und Adrian. Das einzige Mädchen und noch dazu kleinste Mitglied dieser Mannschaft.

Wood schien buchstäblich zu kochen. "Aber ich habe das Feld gebucht. Ich habs gebucht!"

Obwohl ich es eigentlich nicht wollte, rutschte mir der Kommentar einfach so aus dem Mund: "Reg dich ab, Wood. Wir haben die Erlaubnis meines Vaters, der, wie du wissen solltest, hier Lehrer ist."

Flint sprang ein und hielt einen Zettel hoch, von dem er ablas: "Ich, Professor S. Snape, erteile den Slytherin-Team die Erlaubnis, am heutigen Tag auf dem Quidditchfeld zu trainieren aufgrund der Notwendigkeit, ihren neuen Sucher auszubilden."

"Ihr habt einen neuen Sucher? Wen?"

Draco genoss seinen Auftritt sichtlich. Übers ganze blasiert Gesicht feixend, trat er nach vorne. Zwar war ich überhaupt nicht mit ihm als Sucher einverstanden, dennoch war es das dumme Gesicht der Gryffindors allemal wert. Erst recht, als sie unsere neuen Besen sahen. Aus meinen etwas abgelenkten Gedanken, tauchte ich erst dank Malfoys gleichmütiger Stimme wieder auf.

Auch Ron und Hermine waren zu uns gestoßen und besonders Ron versuchte mich mit Blicken zu erdolchen, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Draco zuwandte. "... Ihr könnt eure Sauberwischs Fünf verscheuern, vielleicht hat ein Museum Interesse daran."

Ich wurde von dem johlenden Gelächter meiner Teamkollegen mitgerissen, welches erst von Hermine mit schneidender Stimme unterbrochen wurde: "Zumindest musste sich keiner von den Gryffindors ins Team einkaufen."

Wo sie Recht hatte, hatte sie Recht. Draco funkelte sie an. "Wer hat dich denn gefragt, du dreckiges kleines Schlammblut?"

Scharf zog ich die Luft ein, blieb jedoch stillstehen. Ron dagegen zog seinen Zauberstab. Er schwang ihn, rief etwas Unverständliches und fing an Schnecken zu spucken. Der Fluch war nach hinten losgegangen.

Unverzögert bildeten die Gryffindors einen Kreis um den Schnecken hervorwürgenden Ron und versperrten uns somit die Sicht. Aber auch der kurze Blick hatte gereicht, um uns in schallendes Gelächter ausbrechen zu lassen. Selbst später, als wir längst wieder im Gemeinschaftsraum saßen, entwich uns immer noch das ein oder andere Kichern.

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