1 | 15. Kapitel

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Am nächsten Morgen wurde ich früh von Noreen geweckt. Rasch zogen wir uns an und gingen hinauf in die Großen Halle. Auf dem Weg wurden mir mehrmals seltsame Blicke zugeworfen. Erst fragte ich mich, was das sollte, bis mir die Ereignisse des gestrigen Abends wieder einfielen.

Mein Vater hatte mich in die Kerker zum Gemeinschaftsraum gebracht und mich ohne weitere Worte verlassen. Den ganzen Abend hatte ich wie auf glühenden Kohlen gesessen, bis schließlich ein älterer Slytherinschüler auf mich zugekommen war. Er hatte sich als Markus Flint, Kapitän vom Slytherinteam, vorstellte. Er sagte, er wolle mich am nächsten Tag (also heute), auf dem Quidditchfeld spielen sehen. Ich hatte mein Glück kaum fassen und ewig nicht einschlafen können.

Jetzt, da ich am Frühstückstisch saß, fragte ich mich ernsthaft, ob ich das Ganze nicht nur geträumt hatte.

Gerade biss ich genüsslich in mein Käsebrötchen, als sich ein Steinkauz flatternd auf meiner Schulter niederließ. "Na Acribeth, hast du mir einen Brief mitgebracht?" Wie zur Bestätigung ließ die Eule einen Brief auf meinen Teller fallen.

Vorsichtig strich ich ihr übers Gefieder, bevor ich den Brief nahm und öffnete. Auf einem Stück Papier stand nur ein einziger Satz:

Komm heute Nachmittag zu mir ins Büro. S. Snape

Oh, dass klang nicht gut. Ich blickte zum Lehrertisch hoch und suchte den Blick meines Vaters. Doch dieser war zu sehr in ein Gespräch mit Professor Quirrel vertieft, als das er auch nur einmal aufgesehen hätte.

Plötzlich ging ein Raunen durch die Halle. Ich wandte meinen Blick vom Lehrertisch ab und entdeckte die Ursache. Ein langes Paket, von sieben Eulen getragen, flog auf Harry zu. Rasch verabschiedete ich mich von Noreen und lief zügig zu ihm.

Möglichst unauffällig ließ ich mich neben Harry auf die Bank sinken, der gerade damit beschäftigt war, einen Brief zu lesen, der dem Paket wohl beigelegen hatte. "Harry?", fragte ich vorsichtig und ignorierte den bösen Blick von Ron.

Er blickte auf: "Ja?"

"Du, sorry wegen gestern. Es tut mir wirklich leid."

"Ist nicht so schlimm." Harry lachte.

Verwirrt sah ich ihn an. "Wieso lachst du?"

"Hast du es noch nicht gehört? Ich bin -" Doch Ron unterbrach ihn. "Sei still, Harry. Sie ist eine Schlange! Sie muss es nicht eher wissen als nötig!"

Harry biss sich auf die Unterlippe. Dummerweise hörte er auf seinen besten Freund: "Tut mir leid, Cat. Aber du wirst es bald erfahren."

Ein wenig getroffen war ich von seinen Worten schon. Zornig funkelte ich Ron an, der mich triumphierend angrinste. Vielleicht fragte ich gerade deshalb zögernd: "Trotzdem Freunde?"

Kurz musterte Harry mich, dann nickte er zustimmend. Ron schnaubte nur. "Ron, ich weiß echt nicht, was du für ein Problem mit mir hast!"

"Ach, ich dachte, ihr Schlangen wärt so intelligent. Ist das nicht offensichtlich?"

"Nein, sonst würde ich nicht fragen." Genervt blickte ich ihn an. Rons Blick schweifte ab, in Richtung Lehrertisch und blieb an meinem Vater hängen. Er musste nichts sagen. "Du bist so dämlich, Ronald! Wir sehen uns, Harry!" Ohne einen weiteren Blick sprang ich auf und verließ die große Halle. Der Appetit war mir gründlich vergangen.

Den Rest des Vormittags verbrachte ich in der Bibliothek und erledigte meine Hausaufgaben. Der Ort war kaum besucht und außer mir saßen nur noch drei andere Schüler hier. Zwei ältere aus Ravenclaw und Hermine Granger. Sie schien kaum Freunde zu haben. Na ja, wenn sie immer so war, wie wir sie im Zug erlebt hatten, wen wunderte es da?

Nachdenklich blickte ich aus dem Fenster und fragte mich, wann es endlich Zeit wäre, zu meinem Vater zu gehen. Was er wohl von mir wollte? Wahrscheinlich über gestern sprechen.
Heute Abend hätte ich dann das erste Mal Quidditchtraining. Ob ich gut genug spielen würde? Auf diesen alten Schulbesen auf jeden Fall nicht. Ach Shit. Da hatte ich gar nicht dran gedacht. Ich musste gleich unbedingt meinen Vater danach fragen.

Schnell vollendete ich meinen Aufsatz, packte meine Sachen zusammen, verließ die Bibliothek und lief rasch in Richtung Gemeinschaftsraum. Auch dieser war relativ leer. Wo waren denn alle?
Ich durchquerte den Raum und wurde aufgehalten. In einem der hohen Lehnstühle hatte Draco Malfoy gesessen, der sich jetzt vor mir aufbaute. Natürlich - muss ich es erwähnen? - flankiert von Crabbe und Goyle.

Genervt sah ich ihn an. "Was willst du, Malfoy?"

"Wie hast du es geschafft?"

"Was geschafft? Hast du noch nicht gelernt, dich in ganzen Sätzen auszudrücken?"

Wütend funkelte er mich an. Und um ehrlich zu sein, ein wenig Angst hatte ich schon vor ihm. Ich meine, er war einen ganzen Kopf größer als ich! "Wie hast du es geschafft ins Team zu kommen?"

"Woher weißt du davon?"

"Ich habe meine Quellen!" Oh, wie cool. Der geheimnisvolle James Bond, eine Figur aus einem Muggelfilm, den ich mal mit meinem Vater gesehen hatte.

"Tja Malfoy, wenn deine Quelle richtig informiert wäre, wüsstest du, dass ich heute Abend lediglich ein Probetraining habe."

Jetzt feixte er. "Wenn das so ist, hast du eh keine Chance. Ich meine, du hast ja gar keinen Besen." Ich verdrehte die Augen und drängte mich an ihm vorbei. Idiot!

Im Schlafsaal erwartete mich eine weitere Überraschung. Ein langes, schmales Päckchen lag auf meiner Decke. Obendrauf ein grüner Umschlag. Nicht adressiert. Vorsichtig hob ich ihn auf und öffnete ihn. Innen drin lag ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Darauf stand in grüner Tinte:

Liebe Caitlyn,
das Paket ist für dich. Ich dachte mir, den kannst du gebrauchen. Eigentlich wollte ich ihn dir nachher geben, aber mir ist etwas dazwischengekommenUnd auch wenn du im Quidditchteam aufgenommen bist, werden wir auf jeden Fall nochmal über die Tatsache des Regelverstoßes sprechen müssen.
Vergiss deinen Aufsatz für Zaubertränke nicht.
Dein Vater

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt