Unknown Potter I - Secrets of the Past

4 | 5. Kapitel

"Er hat auch schon einmal bessere Reden gehalten", sagte Draco neben mir abfällig. "Der Mann wird allmählich senil."

Teilnahmslos zuckte ich mit den Schultern. "Lass ihn doch. Ich denke nicht, dass er schlecht für Hogwarts ist, sonst wäre der Schulrat längst eingeschritten. Wo wir schon bei Hogwarts sind – stimmt es, dass dein Vater dich dieses Jahr nach Durmstrang schicken wollte?"

Draco hatte sich gerade gut genug im Griff, um seine Gabel nicht fallen zu lassen, das Stück Hühnchen, welches ihm unbehelligt von der Gabel rutschte und seine leicht geweiteten Augen verrieten ihn jedoch. In den Ferien hatte ich gelernt, selbst aus den kleinsten Zeichen auf seinem Gesicht seine Gefühlslage zu lesen "Wie kommst du auf die Idee?"

Heftiger als nötig spießte ich eine verirrte Olive auf und schob sie mir in den Mund, ohne ihn aus den Augen zu lassen. "Ist das dein Ernst, Draco?"

"Ich dachte, du hättest geschlafen ...", sagte Draco resigniert und wich meinem prüfenden Blick aus. "Ich wollte dich nicht verletzen, indem ich es dir sage ..."

Das war ja mal etwas ganz Neues. Draco Malfoy und Rücksicht auf andere nehmen. "Wieso dachtest du, ich könne es dir übelnehmen oder gar verletzt sein?" Dass er mit dieser Vermutung voll ins Schwarze getroffen hatte, würde ich ihm so schnell nicht auf die Nase binden. Zumindest nicht bevor ich selbst nicht den Grund kannte.

"Na ja ...", setzte Draco an, sichtlich um eine Erklärung ringend. Es sah beinahe aus, als wäre ihm etwas peinlich. Gehetzt ließ er seinen Blick durch die Halle wandern und stockte schließlich am Lehrertisch. "Dumbledore möchte glaube ich etwas sagen. Das können wir später klären."

Ich gab ein kaum unterdrücktes Schnauben von mir und raunte ihm durch das langsam einsetzende Schweigen zu: "Eben meintest du noch, er würde allmählich senil. Jetzt benutzt du ihn als Ausrede. Manchmal würde ich wirklich gerne deine Gedanken lesen können."

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie er zusammenzuckte, als würde ihm diese Möglichkeit gar nicht gefallen. Ich selbst konnte mir jedoch auch nicht länger den Kopf darüber zerbrechen, denn just in diesem Moment fuhr ein verästelter Blitz über den Himmel und erleuchtete die Halle. Keine Sekunde später folgte ein ohrenbetäubendes Donnergrollen, gefolgt von einem lauten Krachen.

Ich wirbelte, ebenso wie alle anderen, auf meinem Sitz herum. Die Flügeltüren zur großen Halle waren aufgestoßen worden und gaben den Blick auf einen im Eingang stehenden Fremden preis. Er war in einen schwarzen Reiseumhang gekleidet und stützte sich auf einen langen Stock, während er seine Schritte dem Lehrertisch zuwandte. Bei jedem zweiten Schritt wummerte ein dumpfes Klonk durch die Halle, welches selbst den weiterhin tobenden Sturm zu übertönen schien. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken.

In der Halle herrschte immer noch Totenstille, als der fremde Mann Dumbledore erreichte und ihn recht vertraut begrüßte. Ein weiterer Blitz zuckte über den Himmel und vor Schreck krallte ich meine Finger so fest am Tisch fest, dass mein Nagel abbrach. Doch diese Missgestaltung meines Fingers war nichts gegen das, was das Licht des Blitzes soeben über das Gesicht des Mannes offenbart hatte. Mein Nagel würde nachwachsen.

Die halb fehlende Nase und die Narben des Fremden würden ihn sein Leben lang kennzeichnen – als einen der bekanntesten und fähigsten Auror unserer Zeit. Einen Mann, der fast sein ganzes bisheriges Leben damit verbracht hatte, Todesser zu verfolgen und sie nach Askaban zu bringen. Einen Mann, der während der Herrschaft des dunklen Lords an vorderster Front gegen ihn gekämpft hatte. Der Fremde war Mad-Eye Moody.

Dumbledore räusperte sich, schaffte es allerdings nicht, die Aufmerksamkeit der versammelten Schüler wieder auf sich zu lenken. Fast alle folgten Moody mit den Blicken, als er zu einem leeren Stuhl direkt neben dem des Schulleiters humpelte und sich dort niederließ.