4 | 14. Kapitel

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Mit einem Zischen färbten sich die Flammen im Kelch rot. Funken sprühten und im nächsten Moment schoss eine Flammenzunge in die Luft, ein verkohltes Stück Pergament mit sich tragend. Die ganze Halle schien den Atem anzuhalten, als Dumbledore es aus der Luft fing.

Im Licht des nun erneut blau weißen Feuers las er: "Der Champion für Durmstrang ist ... Viktor Krum!"

Mir gegenüber erhob sich der Bulgare und lief zum Lehrertisch, begleitet von tosendem Applaus der anderen Durmstrangs und den Jubelrufen von Karkaroff – "Bravo, Viktor! Wusste doch, du hast es in den Knochen" und Dimitri, der weniger enttäuscht schien, als ich vermutet hätte.

Offenbar hatte er meinen Blick bemerkt, denn er fing ihn auf und zwinkerte mir zu, bevor er einen Finger an die Lippen legte und mir bedeutete, meine Aufmerksamkeit erneut nach vorne zu richten, wo sich die Flammen wieder rot gefärbt hatten. Hoch geschleudert von der heiß glühenden Glut flog ein zweites Stück Pergament in die Luft.

"Champion für Beauxbatons -", verkündete der Schulleiter mit kräftiger, klarer Stimme, "- ist Fleur Delacour."

"Sieh mal -" Draco stieß mir seinen Ellenbogen in die Rippen und nickte gen Ravenclawtisch, von dem sich ein schlankes Mädchen erhob, einer Veela nicht unähnlich, und ihre Klassenkameradinnen mit enttäuschten und zum Teil wutverzehrten beziehungsweise verheulten Gesichtern zurückließ.

Ich konnte über solch eine Eifersucht nur den Kopf schütteln. "Damit hat diese Delacour sich ganz offensichtlich einige Feinde gemacht."

Draco grinste. "Bin ich froh, dass du keine von diesen Französinnen bist, die zu hohl sind, um geradeaus zu laufen. Obwohl ich zugeben muss, dass sie wirklich gut aussehen. Besonders diese Fleur."

"Bei Merlin, Draco -" Entrüstet sah ich ihn an: "Wenn ich wissen wollte, was in manchen eurer Köpfe vor sich geht, würde ich fragen."

"Du verpasst hohes geistiges Niveau."

"Sicher."

Ich verdrehte die Augen und bekam nun von der anderen Seite einen Ellenbogen in die Seite gerammt. "Würdet ihr so freundlich sein, eurer Gespräch später fortzusetzen?", fragte Noreen etwas spitz. "Ich würde gerne wissen, wer Hogwarts-Champion wird."

Sie hatte recht. Die ganze Halle war in einer Stille versunken, die man beinahe schmecken konnte. Sie drückte aufs Trommelfell und Dumbledores Stimme hallte von den Wänden wider, als er den Namen des Hogwarts- und gleichzeitig letzten Champions verkündete. "Der Hogwarts-Champion ist ..." Langsam ließ er den Blick durch die Halle schweifen, sich voll und ganz der Tatsache bewusst, dass sämtliche Anwesenden begierig an seinen Lippen hingen, ehe er laut verkündete: "Cedric Diggory."

Sämtliche Hufflepuffs sprangen auf. Jubelten und stampften mit den Füßen auf den Boden. Auch am Ravenclaw- und Gryffindortisch wurde geklatscht, selbst in meinem Haus bequemten sich beinahe alle zu applaudieren. Wenngleich es auch deutlich nüchterner und gezügelter ausfiel.

Tatsächlich war der Jubel so groß, dass Dumbledore einige Zeit brauchte, um sich erneut Gehör zu verschaffen. "Bestens", rief er, als der Großteil der Schüler ihm wieder seine Aufmerksamkeit schenkte, "Schön, wir haben nun drei Champions. Ich bin sicher, ich kann mich darauf verlassen, dass ihr alle, auch die nicht ausgewählten Schüler aus Beauxbatons und Durmstrang, euren Champion mit äußerster Kraft unterstützt. Indem ihr euren Champion anfeuert, könnt ihr durchaus dazu beitragen -"

Doch der Schulleiter verstummte plötzlich und es entging keinem, was ihn ablenkte.

Das Feuer des Kelches hatte sich abermals rot gefärbt und getragen von einer weiteren Flammenzunge, schoss jäh ein weiteres Stück Pergament in die Luft. Verwirrt suchte ich den Blick meines Vaters, der nur mit gerunzelter Stirn zurückstarrte. Mir war klar, dass er sich Sorgen machte. Dass der Kelch offenbar verlernt hatte zu zählen, war kein gutes Zeichen. Auch das Dumbledore weiterhin nur wortlos auf das Stück Pergament starrte, beunruhigte mich.

Als er sich schließlich räusperte und den Namen vorlas, klang seine Stimme erschöpft. "Harry Potter."

Genau wie alle anderen wandte ich mich zu Harry um. Da saß er, umringt von seinen Freunden aus Gryffindor, einen Ausdruck des Unglaubens auf seinem Gesicht. Er machte keine Anstalten sich zu rühren.

Wie von einem Schwarm wütender Bienen erhob sich plötzlich ein Summen in der Halle. "Ich fasse es nicht, dass Potter sich immer so ins Rampenlicht drängen muss. Er ist doch, weiß Merlin, schon berühmt genug!"

Wütend drehte ich mich zu Draco um. "Halt doch für einen Moment deinen verfluchten Mund! Hörst du dich eigentlich selbst reden?", fuhr ich ihn lauter als beabsichtigt an, doch immerhin blieb er still.

"Harry Potter!", rief Dumbledore da vom Podium, "Harry! Nach oben, wenn ich bitten darf."

Ich sah, wie Hermine dem Schwarzhaarigen einen sanften Schubs gab und dieser sich daraufhin in Bewegung setzte. Sämtliche Blicke folgten ihm dabei und kaum war er durch die Tür hinter dem Lehrertisch verschwunden, entlud sich das immer lauter gewordene Summen in wütendes Stimmengewirr. Ich saß einfach nur da und starrte auf das dunkle Holz der Tischplatte vor mir. Nur am Rande nahm ich wahr, dass Dumbledore alleine mithilfe eines Schweigezaubers Kontrolle über die versammelten Schüler und Schülerinnen gewann und alle ins Bett schickte. Wir würden morgen mehr erfahren.

Wortlos blieb ich sitzen, während sich die Halle langsam leerte. "Hey, Cat, willst du nicht mitkommen?" Ich hob den Kopf und sah Noreen an, die neben mir stand und ganz offensichtlich von meinem Verhalten irritiert war.

Für einen kurzen Augenblick schloss ich die Augen, um mich zu sammeln, dann stand ich auf. "Nein, Reen. Geh schon einmal vor."

Nach einem letzten Blick kam sie meiner Aufforderung nach und mischte sich unter den Strom der Schüler, die weiterhin aufgebracht murmelnd, ihren Weg zurück in die Schlafsäle antraten.

Ich hatte andere Pläne. Als eine der letzten verließ ich die Halle und ließ mich in der Eingangshalle direkt unter einem der vier Stundengläser zu Boden sinken. Es war das, welches die Punkte meines Hauses Slytherin mit funkelnden Smaragden anzeigte. Momentan lagen wir knapp hinter Ravenclaw auf dem zweiten Platz.

Allerdings schenkte ich dieser Tatsache keine sonderliche Beachtung. Da es kühl war und ich fröstelte, zog ich meinen Zauberstab und legte einen Wärmezauber um mich herum. Den dünnen Holzstab zwischen meinen Fingern drehend, starrte ich an die kaum sichtbare Decke.

Vielleicht hätte ich doch einfach in den Gemeinschaftsraum zurückkehren sollen, wo ich jetzt noch einen einigermaßen gemütlichen Abend zusammen mit meinen Freunden hätte verbringen können. Allerdings wollte ich noch mit Harry sprechen und das möglichst ohne ungebetene Zuhörer. Irgendwann musste Harry ja aus dieser Kammer kommen.

Die Zeit verging. Es wurde dunkler und dunkler, bis irgendwann das einzige Licht noch von den Fackeln an der Wand ausging. Ich war froh, dass mir die Dunkelheit nichts mehr ausmachte. Zumindest nicht solange ich die Gedanken an all das vermied, was sich in meinen bisherigen Jahren auf Hogwarts schon alles in den Gängen herumgetrieben hatte.

Irgendwann schloss ich die Augen und dämmerte weg, meinen Zauberstab immer noch mit beiden Händen umklammert.

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt